Vogelstimmen KonzertEule Orgel becrima

Kleine Piepmätze auf großem Instrument

Martin Samrock spielt ein Vogelstimmenkonzert auf der Eule-Orgel in Bad Ems

BAD EMS/RHEIN-LAHN. (15. Mai 2023) Ein wenig widersinnig war es schon, aus einem höchst angenehm warmen Frühlingsnachmittag mit viel natürlichem Vogelgezwitscher in die evangelische Martinskirche Bad Ems zu kommen, um sich bei Temperaturen unter 14 Grad Vogelstimmen auf der Orgel anzuhören. Wer etwas zu zeitig eintrat, wollte seinen Ohren nicht trauen und überlegte möglicherweise, ob auf der Eule-Orgel die Klage einer Eule intoniert wurde, aber das war zum Glück nicht der Fall, denn das Instrument musste nur nachgestimmt werden. Jürgen Dötsch spielte danach Naturbilder auf eine Leinwand und Gezwitscher auf die Lautsprecher, sodass trotz der Kühle im Raum eine sehr angenehme und beruhigend-heitere Stimmung entstand.

A NAMSamrockOrgel281018 becrima Für das Konzert hatte Dekanatskantor Martin Samrock zahlreiche Beispiele von zu Musik verarbeitetem Vogelgesang aus verschiedenen Jahrhunderten zusammengestellt. Beeindruckend war zunächst, wie täuschend echt der Klang der Vögel auf der Orgel imitiert werden kann. Das wunderte vielleicht weniger beim schlichten Kuckuck im „Capriccio sopra il CuCu“ von Johann Kaspar Kerll (1627 - 1693) oder „Le Coucou“ von Louis-Claude Daquin (1694 - 1772), erstaunte aber umso mehr bei der Nachtigall, zum Beispiel bei der „Englischen Nachtigall“ aus dem Celler Clavierbuch oder in „Eine Nachahmung der Nachtigall auf die Orgel“ von Johann Ludwig Krebs (1713 - 1780). Der Naturliebhaber mag auch die umgekehrte Schlussfolgerung gezogen haben: Da ist auf der einen Seite ein kleiner Piepmatz mit einer großen Stimme, und auf der anderen ist ein riesiges ausgeklügeltes Instrument erforderlich, um dessen munteres Singen einigermaßen wiedererkennbar nachzuahmen.

Nahmen die Komponisten der Alten Musik die Vogelstimmen als Inspiration zur Entwicklung davon abgeleiteter Melodien, zum Beispiel auch Jean-Philippe Rameau (1683-1764) mit „La Poule“ (Die Henne) und das Ochsenhausener Orgelbuch mit „Le Canary“, so verarbeitet der 1955 geborene Andreas Willscher in seinem „Vogelarium“ die Vogelstimmen eher meditativ und in die Tiefe gehend. Alle acht Stücke des Zyklus brachte Martin Samrock zu Gehör, darunter „Das Mädchen mit der Taube“ als Hommage an Pablo Picasso.

Für den Schluss hatte der Organist zwei besondere Stücke ausgewählt, die unterschiedlicher kaum sein können: Olivier Messiaen (1908 - 1992) hat in „Communion - Les Oiseaux et les Sources“ (Die Vögel und die Quellen) die Vogelwelt geradezu analytisch intoniert, während Dietrich Buxtehude (1637 - 1707) in „Le Concert des Oiseaux“ (Das Konzert der Vögel) die einzelnen Stimmen in einer grandiosen Harmonie miteinander verbindet und verschmilzt, sodass die Natur musikalisch überhöht wird.

Zwischen die einzelnen Stücke hatte Martin Samrock verbindende und vertiefende Texte aus Bibel und Literatur gestellt, die von Margit Mohr und Wilfried Steller vorgetragen wurden, untermalt von Singvögeln und Bildern. Karl-Werner Köpper, Vorsitzender des Fördervereins für die Renovierung der Kaiser-Wilhelm-Kirche, zu dessen Gunsten der Erlös des Konzertes bestimmt war, hatte die Begrüßung und den Dank übernommen. Das Publikum spendete freudig seinen Applaus dem Gesamt-Kunstwerk und insbesondere dem Künstler Martin Samrock. Im Anschluss gab es einen Stehempfang des Fördervereins. Wilfried Steller

Fotos: becrima