Seelsorge in der Psychiatrie: Wenn die Seele um Hilfe ruft
Neue Website im Dekanat – Pfarrer bietet spirituelle Begleitung jenseits von Konfessionsgrenzen
BAD EMS/RHEIN-LAHN. (1. Juli 2025) Eine neue Website für die Klinikseelsorge und die Seelsorge im Hospiz im evangelischen Dekanat Nassauer Land ist unter mitmenschpfarrer.de online gegangen. Die Website ist ein Forum, das mit Texten und Impulsen zum Innehalten einlädt und Perspektiven zu Fragen des Lebens und Glaubens bietet. Zusammen mit der Diakonie-Beauftragten und stellvertretenden Dekanin Maike Kniese stellte der Theologe die Website und seinen Dienst in den Seelsorgefeldern vor.
Schmidt begleitet seit 2022 Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige im Medizinischen Zentrum Lahnhöhe in Lahnstein, in der Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Katzenelnbogen sowie im St. Elisabeth-Krankenhaus Lahnstein. „Wenn die Depression wie ein schwarzer Schatten über allem liegt, wenn Angst den Alltag lähmt, wenn die Seele so verletzt ist, dass nichts mehr zu gehen scheint – dann sind da Fragen, die weit über das Medizinische hinausgehen“, sagt der erfahrene Seelsorger. Fragen nach dem Warum, nach Halt und Hoffnung, nach dem, was trägt, wenn der Boden unter den Füßen wegbricht, nennt er Beispiele. Als Seelsorger in der Psychiatrie und Psychosomatik begegnet er täglich Menschen in solchen Ausnahmesituationen. „Meine Aufgabe ist es, da zu sein – unabhängig davon, welcher Konfession jemand angehört oder ob er überhaupt religiös ist.“
Raum für das Unaussprechliche
Seelsorge bedeute zunächst: zuhören, aushalten, mittragen. „Ich weiß gar nicht, ob ich an Gott glaube", sagten ihm Menschen oft. „Aber kann ich trotzdem mit ihnen sprechen?" Natürlich kann er das. Spiritualität beginne nicht erst beim Glaubensbekenntnis, sondern bei der Sehnsucht nach Sinn, bei der Suche nach Trost, beim Bedürfnis, mit jemandem über die großen Fragen des Lebens zu sprechen. Spiritualität, also Gebet, Meditation, religiöse Traditionen seien eine Kraftquelle, auch für Menschen in schwierigen Lebenssituationen. „In Gesprächen am Krankenbett, bei gemeinsamen ökumenischen Gottesdiensten oder in Angehörigen-Gesprächen entstehen Räume, in denen das Unaussprechliche Platz haben darf“, so Schmidt, „wo Zweifel genauso willkommen sind wie Vertrauen, wo Wut und Verzweiflung genauso gehört werden wie stille Dankbarkeit“. In der Klinik Lahnhöhe gestaltet Schmidt alle 14 Tage am Sonntagmorgen einen Gottesdienst, der auch für Menschen von außerhalb der Klinik offen ist. Die Gottesdienste sind ebenfalls auf der Website verfügbar.
Als Seelsorger begleitet Schmidt derzeit vertretungsweise auch Menschen in der letzten Lebensphase im Hospiz. Dort gehe es um andere Fragen: „Wie kann ich loslassen?“, „Was bleibt von mir?“, „Wie kann Abschied gelingen?“. „Diese Erfahrungen an der Schwelle zwischen Leben und Tod prägen auch meine Texte und Gottesdienste“, sagt der Theologe. „Sie erinnern daran, dass jeder Moment kostbar ist und dass auch im Sterben noch Leben steckt.“
Weil ihn viele Menschen immer wieder nach Texten, Gebeten oder Gedanken fragen, die sie mit nach Hause nehmen können, publiziert er auf seiner Homepage regelmäßig kleine spirituelle Impulse. Die sollen keine fertigen Antworten darstellen, sondern als Anregungen zum Nachdenken und Durchatmen dienen. „Es sind Texte, die mitten im Leben entstehen und mitten im Leben wirken sollen. Manche spiegeln die Erfahrungen aus dem Hospiz wider, andere entstehen aus Begegnungen in den psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken.“ Sie sind verfasst für Menschen, die nach Trost suchen, die mit schweren Entscheidungen ringen oder die einfach einen Moment der Besinnung brauchen. Schmidt: „Seelsorge in der Psychiatrie ist mehr als ein Notdienst für Krisensituationen. Sie lädt ein zur Besinnung auf das, was wirklich wichtig ist und erinnert daran, dass jeder Mensch – unabhängig von seiner Lebenssituation – wertvoll und geliebt ist“.
Maike Kniese dankte dem Amtskollegen für mühsamen Aufbau, Gestaltung und Pflege der neuen Website und betonte, wie wichtig die digitale Präsenz von Seelsorge-Angeboten ist; dies gerade vor dem Hintergrund einer stetig wachsenden Zahl psychischer Erkrankungen, für die es vermehrt an Therapieplätzen fehle. Ende 2024 gab es allein knapp 500.000 Menschen im Land, die an einer Depression erkrankt sind. Im breiten Beratungsspektrum, das es im Rhein-Lahn-Kreis gibt, leiste die Klinikseelsorge des Dekanats einen entscheidenden Beitrag zur seelischen Stabilisierung von Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, so die Diakoniebeauftragte. Bernd-Christoph Matern
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Klinikseelsorger Pfarrer Matthias Schmidt stellte der stellvertretenden Dekanin Maike Kniese seine Website mitmenschpfarrer.de vor. Foto: Matern