High-Tech-Fotografie spürt Schäden in und an Kirche auf

Sanierung der evangelischen Kaiser-Wilhelm-Kirche Bad Ems wird mit photogrammetrischer Vermessung vorbereitet

 BAD EMS. (10. Januar 2019) Es geht weiter mit den Vorarbeiten zur Sanierung der evangelischen Kaiser-Wilhelm-Kirche in Bad Ems. In dieser Woche hat eine Spezialfirma im Gotteshaus mit modernen Kameras Einzug gehalten, um die Schäden zu dokumentieren. Der Vorteil des so genannten photogrammetrischen Verfahrens, das dabei eingesetzt wird: Die Vermessungsingenieure aus Leipzig liefern Restaurator und Architekt Dank computerunterstützter Hightech Daten, wie viel Material zur Sanierung des Gotteshauses innen und außen gebraucht wird. So lässt sich der damit verbundene Aufwand ermitteln.

Wer Fotografie hört, mag zunächst an schöne kunstvolle Motive denken. Doch um die geht es den vier Vermessungsingenieuren bei ihrer Arbeit nicht an erster Stelle. Da stehen vielmehr technisches Handwerk, Zahlen und exakte Geometrie im Mittelpunkt. Die Kunst in der Kirche wird dabei aber schon in den Focus genommen. Mit der modernen Kamera- und Computertechnik lässt sich beispielsweise der reich dekorierte gewölbte Altarraum maßstabsgerecht für die Schadenskartierung „entzerren“. Eine Kombination der hoch aufgelösten 2-D-Aufnahmen und der 3-D-Laserscans liefert so über eine reine Bild-Dokumentation im großen Maßstab hinaus die geometrisch genauen Grundlagen, den Schaden zu quantifizieren.

„Für den dekorierten Innenbereich erstellen wir Bildpläne im Maßstab von 1:10“, erklärt Gisbert Sacher, Geschäftsführer der Fokus-GmbH, und blickt durch seine digitale Mittelformatkamera. Die ruht auf einem schweren Stativ, wie man es vom Straßenbau kennt, um für die hoch aufgelösten Aufnahmen einen extrem ruhigen Stand zu haben. Mit Ingenieur Shengbo Lin hat er zuvor für die richtige Ausleuchtung gesorgt. Für die Außenaufnahmen, mit denen die Schäden im Mauerwerk erfasst werden, soll zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Drohne eingesetzt werden. Lars Sörensen bedient derweil den 3-D-Laserscanner, der räumliche Panorama-Aufnahmen des Gotteshauses ermöglicht.

Für Fotografie interessierte sich Sacher bereits als Jugendlicher. Die Reize und Möglichkeiten des wissenschaftlichen Fotografierens entdeckte er dann während seines Geodäsiestudiums. Und wann immer er auch als Privatmann eine Kirche betritt, ertappt er sich bei dem Gedanken: „Wie könntest Du die jetzt am besten vermessen?“. Die photogrammetrische Vermessung ist auch hilfreich, wenn es um die Rekonstruktion verloren gegangener Elemente an kunstvollen Bauwerken geht. Und sie wird in ganz profanen Bereichen der Wirtschaft eingesetzt, etwa in der Automobilindustrie, um Verformungen nach einem Crash zu messen, oder im Schiffsbau. Die Leipziger kommen viel rum in Deutschland und dem benachbarten Ausland. „Man lernt nicht nur schöne Kirchen, sondern auch Regionen kennen“, sagt Geschäftspartner Gunnar Siedler. „Und das Lahntal und Bad Ems finde ich besonders schön“, urteilt der Ingenieur über seinen ersten Aufenthalt in der Kreisstadt.

Der Aufenthalt in dieser Woche wird nicht der letzte sein. Neben der Raumschale im Innern und der Außenfassade muss auch der Dachstuhl noch vermessen werden, sobald die dortige Dämmung entsorgt wurde. Nach dem Ablichten folgt die eigentliche Arbeit der Photogrammetrie erst im Büro, wenn die Aufnahmen ausgewertet und für den Architekten der Kirchengemeinde aufbereitet werden.

Seit dem Frühjahr 2017 ist die 1899 eingeweihte Kaiser-Wilhelm-Kirche für die Öffentlichkeit geschlossen, nachdem Risse im Mauerwerk und dem Chorraum entdeckt wurden. Im Herbst vergangenen Jahre wurde die Orgel des Gotteshauses „eingehaust“, also so professionell verpackt, dass sie keinen Schaden nimmt. Die Kirchengemeinde hat mittlerweile auch ein „Maskottchen“ für die Begleitung der langwierigen Sanierung ersonnen: „Kaiwiki, der EMSige Hahn“ hat Gemeindepfarrerin Lieve van den Ameele den in ihrer Zeichnung bunten Wetterhahn getauft; das Original wurde im Oktober vom Dach der Kirche abmontiert. Kaiwiki beobachtet seitdem vom Altarraum aus die Arbeiten, um der Gemeinde dann davon zu „berichten“. Bernd-Christoph Matern

Zu den Fotos:

Gisbert Sacher nimmt die dekorierte Wand im Altarraum der Kaiser-Wilhelm-Kirche in den Focus,
um dem Schadensumfang auf die Spur zu kommen.
Ein 3-D-Scanner kommt in dem Gotteshaus ebenfalls zum Einsatz. Fotos: Bernd-Chr. Matern

Kaiwiki, bunter Wetterhahn,
berichtet für die
Kirchengemeinde Bad Ems
vom Fortschritt der Sanierung. 
Zeichnung: Lieve Van den Ameele