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Erste Online-Synode blickt in die Kirchenzukunft

Hessen-Nassauisches „Kirchenparlament“ beendet erste digitale Tagung – Für Kitas stark machen

csm EKHNsynode2020 praeses oelschlaeger ErikavonBassewitz 1 artikel 26405c553eFRANKFURT/RHEIN-LAHN. (29. November 2020) Die Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat am Samstagnachmittag ihre Herbsttagung beendet, die wegen der Corona-Pandemie erstmals komplett digital organisiert war. Vom Organisationszentrum im Frankfurter Dominikanerkloster aus wurden die 140 Delegierten des mit einem Parlament vergleichbaren Gremiums unter der Leitung von Präses Ulrich Oelschläger per Videokonferenz miteinander verbunden. Die Sitzung wurde zudem online für alle ins Internet übertragen auf www.ekhn.de.

SynodeDigital2711 200VolkerRahnDie EKHN hat während ihrer Online-Tagung den Haushalt für das Jahr 2021 beschlossen. Er sieht Gesamtaufwendungen in Höhe von rund 703 Millionen Euro (2020: 690  Millionen Euro) vor. Den größten Einzelposten bilden darin die Personalkosten mit über 320 Millionen Euro. Bedingt durch den knappen Haushaltsrahmen wird es bei den rund 1600 Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Kirchenbeamtinnen- und Beamten keine Gehaltserhöhungen oder Corona-Sonderzulagen geben. Erwartet werden im kommenden Jahr rund 505 Millionen Euro Kirchensteuer (2020: 480 Millionen).

Zukunftsprojekt „ekhn2030“: Neuausrichtung der Tagungshäuser

Die Synode setzte auch die Arbeit an dem Zukunftsprozess „ekhn2030“ fort. Mit dem auf zwei Jahre angelegten Projekt will die hessen-nassauische Kirche tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen und knapper werdenden Ressourcen begegnen. Dabei werden nahezu alle kirchlichen Arbeitsbereiche auf den Prüfstand gestellt. Erste Entscheidungen: Die Nutzung der evangelischen Jugendbildungsstätten in Hohensolms bei Wetzlar und Höchst im Odenwald soll grundlegend verändert werden. Demnach soll für die Jugendburg geprüft werden, ob andere Partner für eine gemeinsame Trägerschaft gefunden werden können. Gelingt dies nicht, soll die Burg verkauft werden. Aus dem Kloster Höchst soll ein Zentrum kirchlichen, diakonischen und kirchennahen Engagements werden.

Frankfurter Bibelhaus: Weiter eine Chance für die Einrichtung

Die hessen-nassauische Kirche wird die Zuschüsse an das Bibelhaus-Erlebnismuseum in der bisherigen Höhe von über 600.000 Euro im Jahr bis Ende 2024 beibehalten. Sie stellte zugleich eine weitere Unterstützung von maximal 300.000 Euro ab 2025 in Aussicht. Voraussetzung aber ist, dass sich das Haus auf bibelpädagogische Arbeit konzentriert und ein finanziell tragfähiges Konzept vorlegt. Zunächst war eine Einstellung der Zahlungen in drei Jahren vorgesehen. Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung hatte für die Kirchenleitung einen Kompromissvorschlag eingebracht, den Zeitraum bis 2024 zu einer finanziellen und konzeptionellen Neuausrichtung des Hauses zu nutzen.

Ökumenischer Kirchentag: Digital und dezentral auf dem Weg

Der Ökumenische Kirchentag wird voraussichtlich angesichts der Corona-Pandemie ein deutlich anderes Gesicht haben als zunächst geplant. Digitale und dezentrale Formate würden derzeit für die vom 13. bis 16. Mai 2021 geplante Veranstaltung in Frankfurt erarbeitet, sagte die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags, Julia Helmke, vor der Synode. Auf allen Ebenen werde nun „gründlich und ernsthaft, mit Kreativität und Mut, aber auch nüchtern, realistisch und mit Demut“ geprüft, was dies bedeutet und wie wir unter diesen Bedingungen neu und anders denken können“. Das Gesundheitsamt der Stadt hatte erhebliche Anfragen an das bisherige Veranstaltungskonzept gestellt.

Kindertagesstätten sind Gemeinwesen-Arbeit par excellence

Ein anderes Arbeitspaket beschäftigte sich mit der Zukunft der Kindertagessstätten, die in Trägerschaft von Kirchengemeinden oder Dekanaten stehen. Auch hier soll es Sparpotenzial geben, was in den Reihen der Synodalen aus dem Dekanat Naassauer Land (und nicht nur dort) Bestürzung auslöste. „Der Gedanke, sich von den Kitas zu trennen, erschüttert mich“, sagte Pfarrerin Yvonne Fischer (Friedland). Die Kitas sollten höchste Priorität haben. „Das ist Gemeinwesenarbeit par excellence“, so die Synodale. Jenseits der Tatsache, dass es keinen Bereich in einer Kirchengemeinde gebe, wo mehr Menschen erreicht würden, gab Fischer zu Bedenken, auch an die Kinder zu denken, wenn sich Kirche von der Trägerschaft trenne: „Wer betet dann noch mit ihnen?“. Dasselbe gelte fürs Feiern und Singen zu christlichen Festen. 

Auch Frank Puchtler (Oberneisen) wandte sich gegen das Vorhaben, gemeindeübergreifende Trägerschaften (GüT) von Kindertagesstätten ab 2023 nicht mehr zuzulassen, wie in dem Papier vorgeschlagen. Die Vorteile der GüT als Entlastung für die Kirchenvorstände seien ebenso unbestritten wie die hohe Resonanz, die Kirche durch Kitas habe. „Drin steckt ein riesiges Zukunftsspotenzial.“ Für dieses gelte es, „in die Offensive“ zu gehen. Kooperation liege ihm am Herzen. „Wenn wir gemeinsam unterwegs sind, gelingt uns besser, Zukunftsherausforderungen anzugehen“, so Puchter.

Lieferkettengesetz: Hessen-Nassau stützt Initiative

Die EKHN wird sich der Initiative der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für die Beachtung menschenrechtlicher Standards in den Lieferketten von Unternehmen anschließen. Das beschloss die Synode auf ihrer Online-Tagung. Demnach soll die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode ein „Lieferkettengesetz“ verabschieden. Ziel ist es, Unternehmen für ausbeuterische Praktiken im Ausland stärker zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Delegierten der Kirchensynode vertreten knapp 1,5 Millionen evangelische Mitglieder in über 1100 Gemeinden. Das Kirchengebiet reicht in etwa von Biedenkopf im Norden bis Neckarsteinach im Süden. Rund ein Viertel des Einzugsbereichs von Hessen-Nassau gehört zwischen Bad-Marienberg und Worms auch zu Rheinland-Pfalz.

Alle Entscheidungen gibt es hier auch im Detail.

Fotos: Volker Rahn/Erika von Bassewitz