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Hessen-Nassau arbeitet weiter an der Kirchenzukunft

Synodentagung: Projekt „ekhn2030“ ist auf dem Weg – Konkrete Entscheidungen ab Herbst

FRANKFURT/RHEIN-LAHN. (26. April 2021) Die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat auf ihrer Online-Tagung am Samstag die Arbeit an dem Zukunftsprozess „ekhn2030“ weiter fortgesetzt. Mit dem seit 2019 laufenden Projekt will die hessen-nassauische Kirche tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen und knapper werdenden Ressourcen begegnen. Die EKHN rechnet 2030 mit rund 1,2 Millionen Mitgliedern gegenüber 1,5 Millionen heute. So ist es angesichts der prognostizierten Mitgliederentwicklung nötig, die jährlichen Ausgaben von aktuell rund 700 Millionen Euro um 140 Millionen Euro im Jahr 2030 zu senken. Handlungsbedarf sehen auch die Synodalen aus dem Dekanat Nassauer Land.

Nach Worten von Hessen-Nassaus Kirchenpräsident Volker Jung ist klar, dass die Kirche bei dem Zukunftsprozess „ekhn2030“ auch um „sehr schmerzlichen Fragen“ nicht herumkomme. Hierzu brauche es eine Reihe von Entscheidungen, „für die wir noch in diesem Jahr die Weichen stellen können und müssen und die dann in den nächsten Jahren Schritt für Schritt zu debattieren und zu treffen sind – auch von den nächsten Synoden“. Kirche muss nach Ansicht Jungs auch in Zukunft, „für unsere Mitglieder und für andere da sein“. Dazu sei es aber auch nötig, „gemeinsam nach unserem Weg in die Zukunft zu suchen, um gemeinsam herauszufinden, was wir weiter tun wollen, was wir neu beginnen wollen und was seine Zeit gehabt hat und nicht mehr weitergeführt werden soll“.

Der Leiter der Kirchenverwaltung der EKHN, Heinz Thomas Striegler, erklärte, hinter den Einsparungen stehe auch der Gedanke der Generationengerechtigkeit. In seiner Präsentation sagt er: „Es wäre gegenüber künftigen Generationen nicht gerecht, wenn sie für die Verpflichtungen geradestehen müssten, die die heutige Generation eingegangen ist. Nach sorgfältiger Kalkulation muss die EKHN aufgrund der prognostizierten wachsenden Haushaltsdefizite  ihre Ausgaben bis 2030 um 140 Millionen Euro reduzieren“. Der Prozess „ekhn2030“ nötige jedoch nicht nur zur Reduktion der Kosten, sondern er biete auch die Chance, „die kirchliche Arbeit weiterzuentwickeln“.

Kirchengebäude mit Leben füllen

Als einerseits schmerzlichen, andererseits unvermeidlichen und sogar hoffnungsvollen Zukunftsprozess sehen die Landessynodalen aus dem evangelischen Dekanat Nassauer Land die Beratungen zum Prozess ekhn2030 in der Kirchensynode. Hin- und hergerissen fühlt sich Pfarrerin Yvonne Fischer aus Friedland, gerade was die Reduzierung der Gebäude-Unterhaltung in den Gemeinden anbelangt. „Da muss von Ort zu Ort sehr genau abgewogen werden, welche Alternativen es als Versammlungsstätten gibt, um Gemeinschaft zu erhalten.“ Zentralismus sei da sicher kein Allheilmittel. Gerade in den ländlichen Gemeinden seien die Entfernungen größer als im städtischen Bereich. „Es wäre sehr schade und traurig, wenn dann Angebote wegfallen, nur weil eine Kirchengemeinde den nahe liegenden Treffpunkt nicht mehr unterhalten kann.“

Auf der anderen Seite sieht Fischer in den Überlegungen auch eine Chance. Gerade Kirchengebäude, die unbedingt erhalten bleiben sollen, könnten Experimentierfreude wecken und durch kleine Umbaumaßnahmen wieder mit mehr Leben erfüllt werden, anstatt sie nur selten für Gottesdienste zu öffnen. „Einige Gemeinden in unserem Dekanat sind ja schon auf einem guten Weg und kreativ, damit Kirche vor Ort bleiben kann“, sieht die Synodale in den Kirchenvorständen ein breites Bewusstsein im Dekanat dafür, zu handeln.

Zu einer effektiveren Gebäudenutzung zählt etwa die Zusammenlegung von Gemeindebüros, wie jüngst an der Aar in Hahnstätten. „Ich habe da noch nichts schlechtes drüber gehört“, erklärt Landessynodaler Frank Puchtler aus Oberneisen. Grundsätzlich sieht er den Prozess ekhn2030 auf einem guten Weg, wenn man die Emotionen und die Verhältnisse vor Ort in die Überlegungen einbezieht. „Pauschale Lösungen mögen da eher falsch sein, aber fest steht: es braucht einer Veränderung, die die Situation vor Ort berücksichtigt.“ Dabei könne nicht zuletzt auch ökumenisch gedacht werden, erklärt Puchtler. Als kleines Beispiel erinnert er an die Zusammenarbeit zwischen Sparkassen und Volksbanken, die gemeinsame Räume nutzen und so an vielen Orten noch präsent seien.

Gleichzeitig rief Puchtler, der auch Sprecher der Propstei Rheinhessen und Nassauer Land ist, die Kirchensynode am Samstag dazu auf, den festgelegten Zeitplan einzuhalten: „Ich rate dringend dazu, jetzt im Fluss zu bleiben und zügig Vorschläge vorzubereiten, über die entschieden werden kann“. Als positives Beispiel sehen beide Landessynodalen das von der EKHN-Öffentlichkeitsarbeit vorbereitete und der Synode vorgestellte Arbeitspaket, zumal es darin nicht nur Kooperationsvorschläge gibt, sondern auch deren Vorteile und der Blick in die Zukunft auf eine bessere Wahrnehmung von Kirche gelenkt wird.

Medienarbeit: Kooperationen verstärken

Auf der aktuellen Synode wurde den Delegierten unter anderem ein Entwurf für die Zukunft der Medienarbeit in der EKHN vorgestellt. Er sieht beispielsweise eine engere Kooperation mit dem Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (gep) vor. Das Medienhaus der EKHN könne der Synodenvorlage zufolge enger mit der in Frankfurt ansässigen Einrichtung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zusammenarbeiten. Zudem wird empfohlen, viel stärker als bisher in den Sozialen Medien aktiv zu werden sowie die Mitgliederkommunikation in Zusammenarbeit mit weiteren EKD-Gliedkirchen zu stärken.

Den Synodalen wurde auch eine aktuelle Positionsbestimmung der Arbeit mit Jugendlichen und Familien präsentiert. Demnach muss die EKHN ihre Kommunikation besser an die Zielgruppe anpassen. Der Alltag junger Menschen sei „hybrid“ und pendele zwischen digitaler und analoger Begegnung, bei der mobile Kommunikation, unabhängig vom Aufenthaltsort und von festen Zeiten, selbstverständlich sei. Konkrete Handlungsempfehlungen und Perspektiven sollen im Spätsommer formuliert und der Synode im November 2021 vorgelegt werden.

Auch die Verwaltungsarbeit der Kirche steht bei dem Projekt „ekhn2030“im Fokus. Dabei seien klassische Einsparungen ausgereizt, heißt es in dem der Synode vorgelegten Zwischenbericht. Signifikante Reduzierungen seien nur langfristig durch eine Aufgabenkritik, stärker standardisierte beziehungsweise automatisierte Verwaltungsprozesse und mit hohen Investitionen für eine „konsequente Digitalisierung“ möglich. Zudem sollen Verwaltungsstrukturen und Verwaltungsprozesse in der EKHN „neu gedacht“ werden mit dem Ziel einer noch schlankeren und effizienteren Verwaltung.

Hintergrund ekhn2030

Bei dem 2019 begonnen Zukunftsprozess „ekhn2030“ werden nahezu alle kirchlichen Arbeitsbereiche von der Kinder- und Jugendarbeit über die Kooperation von Gemeinden, Dekanaten und Landeskirchen, die Zukunft der Pfarrstellen und der Konzentration des kirchlichen Gebäudebestands bis hin zur Medienarbeit in einem umfangreichen Projekt unter die Lupe genommen. Außerdem ist geplant, auch die Verwaltung auf allen Ebenen der Kirche, sowie die Arbeit in Zentren und Einrichtungen auf den Prüfstand zu stellen.

Hier finden Sie mehr Informationen zum Zukunftsprozess „ekhn2030“


Zum Foto:
Leitete zum zweiten Mal eine digitale Kirchensynode: Präses Dr. Ulrich Oelschläger (2. von rechts). Foto: EKHN/Volker Rahn