3KT Abschluss Fabian Weiss 3014 

Viele Impulse für ökumenische Zukunft in der Region

Christen aus Rhein-Lahn-Kreis: Digitaler Kirchentag war total anders aber besser als eine Absage

RHEIN-LAHN/FRANKFURT. (17. Mai 2021) Mit einem Grußwort des Bundespräsidenten und einem Gottesdienst, der live im ZDF übertragen wurde, ist gestern der 3. Ökumenische Kirchentag in Frankfurt zu Ende gegangen. Dass er aufgrund der Corona-Pandemie fast ausschließlich digital stattfinden konnte, schmerzte die Christen im Rhein-Lahn-Kreis besonders, hatten sie sich doch auf das Treffen in unmittelbarer Nachbarschaft besonders gefreut. Trotzdem zogen nicht nur Kirchenpräsident Volker Jung und Bischof Georg Bätzing ein positives Resümee.

„Das war im Vergleich zu den Kirchentagen, bei denen ich bis jetzt dabei war, sei es als Bläser oder auch nur als Gast, nicht zu vergleichen“, sagt Heidi Jung aus Dausenau, nachdem sie den Eröffnungsgottesdienst in der katholischen Martinskirche Bad Ems live verfolgt hatte. „Da fehlt einfach etwas: das Mitmachen, der Klang der Bläser, der Gesang, einfach die vielen Menschen, die sich für Kirche, Religion, das Reden darüber interessieren“, kommentiert die erfahrene Kirchentagsteilnehmerin das „Corona-Format“, in dem sie aber auch Impulse fand. „Der Stadtspaziergang in Frankfurt per Video hat mir gut gefallen“. Sogar Vorteile macht sie aus, dass etwa die Teilnahme an mehreren Bibelarbeiten möglich war; die jüdisch-christlichen habe sie sehr genossen. „Auch das Anstehen war nicht nötig, was sonst im Jüdisch-Christlichen Zentrum der Kirchentage in aller Regel der Fall ist.“

Völlig ungewohnt sei dieser Kirchentag gewesen, kommentiert Stephan Geller, der die großen Gemeinschaftstreffen kennt, schätzt und viele mit vorbereitete. Der katholische Bezirksreferent zieht trotzdem viel Optimismus für die Zukunft der Ökumene vor Ort aus dem Event. „Ökumene und Kirchentag sind ja mehr als vier Tage den Glauben zu feiern“, weist er auf die regionale ökumenischen Arbeitsgruppe hin, die sich vor zwei Jahren gründete und der er angehört. Sie hatte überlegt, wie sich die Ökumene aus dem Nassauer Land in Frankfurt präsentieren kann und wie die gut 70.000 Christen im Rhein-Lahn-Kreis darauf eingestimmt werden können. „Da ist durch die vielen Treffen im Vorfeld eine schöne und kreative Gruppe gewachsen und ich habe das gute Gefühl: das geht weiter“, hofft Geller und erinnert unter anderem an die ökumenischen Pilgertage im vergangenen Jahr. Insofern sei er auch froh über diesen ganz anderen Ökumenischen Kirchentag. „Das war besser als absagen.“ Und Ralf Skähr-Zöller, evangelisches Mitglied des Arbeitskreises resümiert: „Gut, dass es den ökumenischen Kirchentag gibt.“

KlingelbachGodi150521Band becrima Auf dieser Erfahrung basiert auch das positive Fazit, das der Kirchenpräsident der Evagelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Volker Jung zieht: „Der Kirchentag hat die digitalen Chancen genutzt, kontroverse Themen angepackt und hat vor allem die Ökumene weiter gestärkt“. Die EKHN war gemeinsam mit dem Bistum Limburg und weiteren Kirchen Gastgeberin des ÖKT. Durch die Vorbereitung auf den Kirchentag sei „auch in der schwierigen Zeit der Pandemie in der gastgebenden Region das ökumenische Miteinander sehr vertieft“ worden. Gemeinden hätten sich vor Ort gemeinsam vorbereitet, die Kirchenleitungen hätten eng zusammengearbeitet. Jung: „Das ist ein Musterbeispiel gelungener ökumenischer Zusammenarbeit, die sicher über den Kirchentag hinaus fortgesetzt wird.“

Abend Godi130521 DekanatFür den Limburger Bischof Georg Bätzing war es „richtig und wichtig“ den dritten Ökumenischen Kirchentag unter Pandemiebedingungen gefeiert zu haben. „Ich bin dankbar, dass wir in der Ökumene durch die Zeit der Vorbereitung und bei der Durchführung des ÖKT eng zusammengerückt sind“, erklärte er. Viele Menschen hätten darauf gewartet, dass die christlichen Kirchen sich zu wichtigen Zukunftsfragen der Menschen und der Gesellschaft äußerten. „Die Themen des ÖKT waren hoch aktuell. Es ging unter anderem um die Zukunftssicherung durch Klimagerechtigkeit oder um die Folgen der Corona-Pandemie weltweit. Wir haben aber auch auf die krisenhafte Situation der Kirche hingeschaut und uns mit Fragen des sexuellen Missbrauchs und mit dem Vertrauensverlust befasst“, so Bätzing.

Der Präses der Kirchensynode der EKHN, Ulrich Oelschläger, sieht „ökumenische Signale von Gottesdiensten und Bibelarbeiten“ in Frankfurt ausgehen. In der Frage ökumenischer Gemeinschaft bei Abendmahl und Eucharistie seien die Kirchen „ein Stück weitergekommen“. Oelschläger, der am Samstagabend an der Eucharistiefeier mit dem katholischen Stadtdekan Johannes zu Eltz in Frankfurt teilnahm, sagte: „Ich habe mich gefreut, im Dom nicht nur als Zaungast, sondern als Gast willkommen zu sein.“

Trotz kleinerer technischer Probleme zählten die Veranstalter etwa 160.000 Besucherinnen und Besucher auf der Website oekt.de. Rund eine Million Menschen verfolgten den Himmelfahrtsgottesdienst am Donnerstag im Fernsehen. Unter den Streams war am beliebtesten das Oratorium EINS mit rund 25.000 Aufrufen. Dezentral engagierten sich rund 1600 Helfende in der Aktion „schaut hin – packt an“ ehrenamtlich bei verschiedenen Projekten direkt vor Ort. Wie viele Menschen aus dem Rhein-Lahn-Kreis das digitale Angebot nutzten, ist nicht zu beziffern. Allerdings dürfte bei den Christen im Nassauer Land die Hoffnung auf analoge Christen-Treffen wie den Katholikentag 2022 in Stuttgart oder den Evangelischen Kirchentag 2023 in Nürnberg ebenso groß sein wie bei Heidi Jung, der bei aller digitalen Auswahl doch der Austausch mit anderen fehlte, sei es mit den zufälligen Nachbarn bei einer Veranstaltung, in der Gruppe morgens beim Frühstück oder bei den Treffen am Abend. Jung: „Das wird dann hoffentlich in Nürnberg wieder möglich sein.“ (bcm/vr)

Mehr Beiträge zum 3. Ökumenischen Kirchentag aus Region und Frankfurt finden Sie hier:

Klimaschutz und Frieden: Zwischen Demokratie und Verantwortung für die Zukunft

Ein Spaziergang durch die Kirchentags-Stadt Frankfurt

Eröffnung des Kirchentags in Bad Ems

Der 3. Ökumenische Kirchentag: Programm und Erwartungen der Region

Zu den Fotos:
oben: Der Abschlussgottesdienst von der Weseler Werft (Foto oben) wurde liturgisch geleitet vom Kirchenpräsidenten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Volker Jung, dem griechisch-orthodoxen Erzpriester Radu Constantin Miron, der ebenso Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) ist, und dem Limburger Bischof Dr. Georg Bätzing (von links). Foto: ÖKT/Weiss

rechts: In der Stadthalle Katzenelnbogen gab es während eines Gottesdienstes am Samstagabend von den 40 Gästen Beifall für die Jugendband der evangelischen Kirchengemeinde Klingelbach, die vom Kulturprogramm des ÖKT eingespielt wurde. Foto: Matern

In Bad Ems gab es eine ökumenische Abendandacht mit Pfarrer Michael Scheungraber, der Ökumene-Beauftragten des evangelischen Dekanats Nassauer Land Pfarrerin Antje Müller und der freikirchlichen Pastorin Magdalene Kolar (von rechts). Foto: Dekanat Nassauer Land