AbWeigel020422 Mitwirkende becrima  

Dekanin verabschiedet sich mit Tanz durch die Kirche

Festgottesdienst und Empfang für Renate Weigel in Bad Ems – Schütz: Freiheit zur Kür

AbWeigel020422 Segen becrima  BAD EMS/RHEIN-LAHN. (4. April 2022) Mit einem Festgottesdienst in der katholischen St. Martinskirche in Bad Ems ist die Dekanin des evangelischen Dekanats Nassauer Land Renate Weigel am Wochenende in den Ruhestand verabschiedet worden. Der Propst für Rheinhessen und das Nassauer Land Dr. Klaus-Völker Schütz entpflichtete die Theologin nach fast 35 Jahren aus dem aktiven Dienst als Dekanin und Pfarrerin. Sie könne sich nun der Kür zuwenden, so der Vertreter der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Nach dem Gottesdienst und während eines Empfangs im Haus der Begegnung nahm Weigel zahlreiche gute Wünsche mit in den Ruhestand. Am 1. Mai beginnt die Amtszeit ihrer Nachfolgerin Pfarrerin Kerstin Janott.

AbWeigel020422 Tanz becrima Unkonventionell und mit mancher Überraschung war der Abschied gestaltet, der in dem großen katholischen Gotteshaus vielen Besuchern angesichts der Corona-Pandemie Platz bot. In ihrer Abschiedspredigt – Weigel verließ dazu das Pult im Altarraum und sprach im Kirchenschiff – rückte die Theologin zwei Aspekte in den Mittelpunkt, unter denen Gesellschaft und Kirche besonders leiden: Neid und Schuldzuweisungen. Zwei Bibelstellen hatte sie dazu ausgewählt, die einmal vom Gefühl handelten, ungerecht behandelt zu werden und sich als Opfer zu fühlen. „Wie viele Kriege dieser Welt haben mit dieser Erfahrung angefangen“, erinnerte Weigel an den Neid zwischen Kain und Abel. Dann die Geschichte von der Heilung eines Gelähmten, die die Theologin nicht als Wundergeschichte interpretierte. Wie Kain habe auch dieser ein Menschenleben auf dem Gewissen, sein eigenes, weil ihm Hilfe aussichtslos erschien. Die Beispiele animierten zum Aufbruch, sich nicht länger in der Ecke von Hilflosigkeit, Schuldzuweisungen und Beleidigtsein einzurichten. „Steh auf, nimm dein Bett und geh! Das ist Gott glauben“, gab sie Gemeinden und Menschen im Dekanat mit. „Gott verteilt die Karten, aber spielen müssen wir.“

AbWeigel020422 Posaunenchor becrima Propst Schütz erinnerte an die beruflichen Stationen Weigels und dankte ihr für ihre vielen geistlichen Akzente, die sie stets gesetzt habe. „Du bist deinen Weg gerade und aufrecht gegangen.“ Jetzt bleibe die Freiheit zur Kür, sagte Schütz, bevor er Weigel segnete. Dabei assistierten ihm mit persönlichen Zusprüchen Dr. Ruth Albrecht aus Hamburg, Prädikant Max Fischer, Pfarrerin Angelika Thonipara aus Mainz und Pfarrer Michael Wallau aus Miehlen, der seinen Segen in Hebräisch sang. Für die musikalische Umrahmung sorgten Mitglieder von Posaunenchören, die Martina Adler zusammengetrommelt hatte und dirigierte sowie Manuela Kühnau mit ihrem schönen Sopran. An der Sandtner-Orgel spielte Weigels erster Organist Kantor Thomas Wächter aus Taunusstein. Als der das schwungvolle Trauerlied  „In dir ist Freude“ improvisierte, bat Weigel ihre Nachfolgerin Kerstin Janott zum Tanz durchs Kirchenschiff. Der symbolträchtige Übergang wurde mit reichlich Beifall bedacht.

AbWeigel020422 Synodalvorstand becrima Im Anschluss begrüßte die Vorsitzende der Dekanatssynode Anja Beeres viele Gäste im Haus der Begegnung zu einem Empfang. Sie selbst sowie Patrick Becker, Christa Breithaupt, Kerstin Janott, Annett Kitschke, Pfarrer Markus Bomhard und Dr. Ulrich Werner vom Dekanatssynodalvorstand (DSV) erinnerten mit sehr bewegenden Worten an die Zusammenarbeit in den zurückliegenden sechs Jahren, an ihre echte, ehrliche und Zuversicht ausstrahlende Art, an eine im übertragenen Sinne „neugierige und leidenschaftliche Gärtnerin“, eine Pilgerin, die Spirituelles und Bewegung vereint und Worte, die eine Wohltat waren, berührend wie ermutigend. Aber auch ganz Praktisches war dabei wie ein Gutschein, mit dem sich Weigel für ihre Pilgertour nach Jerusalem ausrüsten kann.

AbWeigel020422 Pantomime becrima Zuvor hatten Gabriele Teetz vom Dekanatsbüro sowie Sabine Güntner und Werner Schreiner von der evangelischen Jugend im Dekanat in einem ganz entzückenden Anspiel mit tollen Jonglagen gezeigt, wie herausfordernd das Amt einer Dekanin ist, um alle tanzenden Bälle im Blick und Griff zu behalten. Weigel selbst baten sie zum Hut-Tausch auf die Bühne.

AbWeigel020422 Kommune becrima Im Namen aller Verbandsgemeinden und der ganzen kommunalen Familie im Rhein-Lahn-Kreis dankte der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau Uwe Bruchhäuser Weigel für ihren Dienst. Als Verwaltungschef einer fusionierten Gemeinde könne er sich vorstellen, dass die Aufbauarbeit im großen Dekanat nicht immer leicht gewesen sei. „Vielleicht können sie mir da mal ein paar Tipps geben“, sagte Bruchhäuser und wünschte sich, dass Weigel als Pfarrerin weitermache. Gute Wünsche gab auch der Bad Emser Beigeordnete Frank Ackermann der scheidenden Dekanin mit auf den Weg, der an Weigels Zeit und ihr Wirken in Bad Ems erinnerte und das gute Miteinander unterschiedlicher Religionen, Konfessionen und Weltanschauungen. „Wenn das weltweit so wäre, gebe es viele Probleme AbWeigel020422 WeigelHoert becrima nicht.“ Der Mainzer Dekan Andreas Klodt überbrachte die Segenswünsche aus der Runde der Dekaneschaft der EKHN.

AbWeigel020422 Duo becrima Musik begleitete den Empfang. Einmal bat Martina Adler die Dekanin noch einmal zum Mitspielen im Projektchor mit Mitgliedern aus Bad Ems, Nastätten und Obertiefenbach; letzterem gehört Weigel selbst an. Zum Abschluss traten das jüdische Duo Odelia Lazar und Michael Wienecke mit Akkordeon, Gitarre und Gesang auf – ein Ausdruck der Verbundenheit zu den jüdischen Wurzeln des Glaubens, die Weigel als Pfarrerin und Dekanin stets am Herzen lagen. Bernd-Christoph Matern

Hier finden Sie einen Bericht mit einer kleinen Bilanz der Amtszeit von Renate Weigel.

Kollekte und Spenden zum Abschied erbrachten 1250 Euro für den Willkommenskreis Diez.

Zu den Fotos:
Zur Verabschiedung von Dekanin Renate Weigel erhielt sie Segensworte von Propst Klaus-Volker Schütz und der Vorsitzenden der Dekanatssynode Anja Beeres (vorn von rechts) sowie von Michael Wallau, Angelika Thonipara, Markus Bomhard, Ruth Albrecht, Max Fischer und Manuela Kühnau (von rechts). Mit einem Tanz übergab Renate Weigel symbolisch das Amt an Kerstin Janott. In der Kirche und beim Empfang spielte ein Projekt-Posaunenchor unter Leitung von Martina Adler. Eine Jonglage verdeutlichte die Kunst des Dekane-Amtes. Fotos: Matern