Kirchentag: Musik aus Kehlen und viel Blech

Posaunenchor Obertiefenbach unterhält in Nürnberg – Experimentelles und Vertrautes in Kirchen und auf Plätzen

 NÜRNBERG/RHEIN-LAHN. (14. Juni 2023) „Komm, Herr segne uns“ erschallt es auf dem Nürnberger Klarissenplatz; viele Anwesende singen mit. Mit traditionellen Chorälen und neu einstudierten Klängen finden dort die Mitglieder des Posaunenchors Obertiefenbach Beifall unter den Passanten. „Weil es einfach Spaß macht“, begründen Martina Adler aus Dahlheim und ihre Bläsergruppe aus dem „Ländchen“, warum ihre Truppe zum Kirchentag wieder dabei ist. Diesmal haben sie sich mit Chören aus dem Westerwald zusammen getan. Glücklich sind sie für die rechtzeitige Teilnahme an den Proben für den Abschlussgottesdienst. Nur 600 Bläserinnen und Bläser dürfen diesmal aufgrund der engen Platzverhältnisse mitwirken und ihr Blech in die Sonne strecken.

„Kein bisschen“ schmerzt Gerd Jung aus Dausenau, dass er als passionierter Bläser nach zig Kirchentagsauftritten in Nürnberg das Instrument zuhause lassen musste, weil es der Arzt verbot. „Es tut auch mal ganz gut, den Kirchentag einfach so zu genießen“, sagt er, auch wenn seine Frau Heidi Jung zum ehrenamtlichen Begleittam des evangelischen Dekanats Nassauer Land gehört. „Posaunenchor? Wie uncool ist das denn?“, haben sich die Beiden unter anderem als Podium ausgesucht, um neue Wege in der Nachwuchsgewinnung für Posaunenchöre mit nach Hause an die Lahn zu nehmen.

Für tolle Stimmung in einem ganz anderen Genre sorgt die kölsche Erfolgsband Brings auf dem Hauptmarkt. Mehr durch Zufall gehören Elke Schulz und Sigrid Dressler aus Miehlen zu den begeisterten 11.000 Fans, die die vertrauten Weisen wie „Man müsste noch mal 20 sein“ laut- und bewegungsreich mitsingen, egal ob sie 17 oder 67 Lenze auf dem Buckel haben. „Das war nicht so weit weg von unserer Unterkunft, und die Gruppe kennt man ja“, sagt Dressler. „Wenn es die schon mal zum Nulltarif zu erleben gibt, warum dann auf Tickets und Fahrt nach Köln warten?“. Nicht minder begeistert bekommt am Kornmarkt der rappende Malik Harris von den vornehmlich jungen Fans zugejubelt. Jugend aus dem Rhein-Lahn-Kreis ist im Gegensatz zu Vorjahren allerdings beim diesjährigen Event zumindest in Gruppenstärke nicht vertreten.

„Musikalisch schwere Kost“, kommentiert Hans A. Walter aus Dausenau die bestens besuchte Uraufführung einer „Messe des Kosmos“ in der Lorenzkirche. Die Lichtklang-Installation übersetzt mit ungewohnten Instrumenten, mit Chorgesang, Vogelgezwitscher, Glockenläuten und sphärischen Harmonium-Akkorden die Erschaffung der Welt – eine mystische Klanglandschaft. Musikalische Sprachkunst gibt's bei Bodo Wartke in einer der großen Messehallen. Matthias Metzmacher aus Dausenau ist froh, dass er auf seine Kinder hörtet und überhaupt noch einen Platz fürs Konzert mit dem Musiker gefunden hat, der unter den 3000 Zuhörern Laola-Wellen erzeugt. 

Melancholischer geht es bei den täglichen Abendgebeten an unterschiedlichsten Orten jeden Abend zu: „Der Mond ist aufgegangen“ klingt es besonders eindrucksvoll auf dem Hauptmarkt mit Unterstützung der beliebten a cappella-Band Viva Voce und den Nürnberger Philharmonikern. Dazu 10.000 flackernde Kerzen – „die Atmosphäre lässt sich nur beim Dabeisein genießen“, sagt Wolfgang Obel aus Dachsenhausen. 2025 ist in Hannover dazu die nächste Gelegenheit. Bernd-Christoph Matern

Hier finden Sie mehr Berichte über den Kirchentag in Nürnberg.

Zu den Fotos:

Sorgten in der fränkischen Metropole für Bläserklänge auf dem Hans-Sachs- und dem Klarissenplatz: Mitglieder des Posaunenchors Obertiefenbach. Zum Abschlussgottesdienst ließen 600 Mitmusikanten ihr Blech erklingen und in der fränkischen Sonne blinken.

Party mit Musikern wie Brings oder Malik Harris gab es bei freiem Eintritt. Fotos: Bernd-Christoph Matern