Zeitzeugen halten Geschichte(n) lebendig

Initiative 55 plus-minus präsentiert den 5. Band – Dekanin Weigel: Lektüre schafft Erkenntnis

 

 RHEIN-LAHN. (17. Dezember 2018) „Ich habe das Buch mit Wonne gelesen“, sagte Dekanin Renate Weigel, als sie in St. Goarshausen-Heide jetzt das neue Zeitzeugen-Buch der initiative 55 plus-minus im evangelischen Dekanat Nassauer Land vorstellte. Die Theologin hielt die Laudatio auf das neue Werk, den mittlerweile fünften Band der Reihe „Geschichte und Geschichten“.

 

Zu jedem der neun Autoren, die das mehr als 150 Seiten starke Werk mit ganz unterschiedlichen Erzählungen füllen, weckte Weigel andere Assoziationen in ihrer sehr persönlichen Betrachtung der Publikation. „Frau Pfarrerin, ich könnte ein ganzes Buch schreiben“, sei ein Satz, der ihr im Berufsleben oft gesagt worden sei und den die Autoren und Projektbetreuer in die Tat umgesetzt hätten. „Sie haben es geschafft, Geschichte in ein Buch zu packen.“ Nicht nur ihre Mutter hätte das Buch wohl gern gelesen; auch ihre Generation finde darin manche Kindheitserinnerung. Und jüngere Menschen würden mit der Lektüre ihren Horizont erweitern.

 

„Eine seltsame Gefangenschaft“, „Das Schifferkinderheim in Kaub“, „Von der Eliteschule ins Provinzgymnasium“, „Nathan der Weise von Bornich“, „Bilder meiner Kindheit“, „So manche Sau wurde schwarz geschlachtet“, „Der letzte Lotse vom Mittelrhein“, „Als der Rhein noch zufror“ und „Vom Feuerzeug zum Sachs-Motorrad“ lauten die Titel der Erzählungen. Zum Schmunzeln, Erinnern und Nachdenken würden die Beiträge anregen, so Weigel, die sich besonders bewegt von zwei Flüchtlingsschicksalen zeigte, de demütigenden Erfahrungen, die dort beschrieben werden, ein Kind, das nicht gesehen wurde. „Wie vielen Kindern, die als Flüchtlinge heute zu uns kommen, wird das so gehen?“, schlug die Dekanin den Bogen in die Gegenwart.

 

Über die Zeit und den beschwerlichen Alltag in der französischen Besatzungszone referierte anschließend Anette Wagner, Archivarin am Bundesarchiv in Koblenz, förderte sehr interessante Statistiken über die Anzahl abzugebender oder geraubter Lebensmittel und Kleidung zutage und regte zu mancher Erinnerung und Diskussion an. Über das Kauber Schifferkinderheim, vor allem aber über das Wander-Schulbuch für die Kinder von Schiffern, um bei längeren Liegezeiten an unterschiedlichen Schulen unterrichtet zu werden, berichtete Hans Renker, Fachautor für die Geschichte der Rheinschifffahrt. Außerdem erläuterte er, wie der Ausbau des Rheins Ende der 1960-er, Anfang der 1970-er Jahre das Ende der Lotsen einläutete, insbesondere das Rechtsfahrgebot auf dem Strom.

 

Initiative-Sprecher Dieter Zorbach dankte den Referenten, den Autoren und den Redakteurinnen des Buches Ulla Kilian und Hannelore Noky und hoffte, dass das Buch nicht nur atombombensicher in der Koblenzer Landesbibliothek lagert, sondern auch in der Bevölkerung Anklang findet.

 

Der Zeitzeugen-Band ist für 10 Euro erhältlich über die Initiative (i55plusminus.de) oder im Bücherland in Nastätten sowie in der Poststelle Lüngen in St. Goarshausen. Bernd-Christoph Matern

 

 

Zum Foto oben: Dekanin Renate Weigel (links) und Initiative-Sprecher Dieter Zorbach (rechts) dankten den Machern des fünften Bandes der Zeitzeugen-Reihe (von rechts): Hannelore Noky, Anette Wagner, Hans Renker, Ulla Kilian, Karl Kilp, Barbara List, Rolf Ostmann, Rainer Knecht und Wilhelm Berz. Fotos: Matern