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Wenn Braubrüder erzählen – Zu Gast in der kleinsten Hausbrauerei des Landes

Fastaktion des Dekanats Nassauer Land öffnete zum Abschluss regionales Kleinod in Dausenau

DAUSENAU/RHEIN-LAHN. (4. April 2023) Duzenowe, so hieß Dausenau, der kleine Ort an der Lahn zwischen Nassau und Bad Ems, früher. Mittlerweile ist aus dem dialektisch-geprägten Namen der allseits bekannte Name „Dausenau“ geworden. Geblieben ist die historisch verankerte Bierbrautradition sowie der dazugehörige Verein Braukultur Duzenowe e.V.. Im Rahmen der diesjährigen Fastenaktion „7 Wochen regional, fair, klimafreundlich“, organisiert von Matthias Metzmacher, Pfarrer für gesellschaftliche Verantwortung, erhielten Nachhaltigkeitsinteressierte eine kleine Einführung in das regionale Brauereihandwerk und den Prozess der Bierherstellung.

Begonnen hatte alles im Jahre 2002 mit dem Testen unterschiedlicher Brauarten. Nachdem die begeisterten Hobbybrauer eine große Menge an Rezepten ausprobiert hatten und sich im historischen Bierbrauen bestens auskannten, wurde 2007 für die mittlerweile öffentlich zugelassene Brauerei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründet. Das Vorhaben etablierte sich schnell, fand schon damals in der Region großen Zuspruch. Als dann neue Betriebsauflagen von Seiten des Amts in den Raum traten, wurden die hierdurch erforderlichen Neuerungen innerhalb der Brauerei jedoch so teuer, dass sie sich nicht mehr lohnte. Aufgeben wollten die Braubrüder von Dausenau dennoch nicht. Eine Scheune, die ihnen zum Unterstellen ihrer Ausrüstung vom Bürgermeister zur Verfügung gestellt worden war, wurde bald darauf zum privaten Bierbrauen genutzt. 2018 gründete sich daraus der heutige Brauereiverein, der es sich zur Hauptaufgabe machte, die traditionelle Braukunst zu lehren und so vor dem Aussterben zu bewahren.

7W23 BierbrauerGlas Foto co Lena RappDie Örtlichkeit war jedoch nicht nur in dieser Hinsicht von historischer Bedeutung, sondern auch hinsichtlich ihrer Architektur. Neben der dort praktizierten traditionellen Braukunst, schließt die Scheune, die den Verein mittlerweile beheimatet, direkt an die historische Stadtmauer von Dausenau an. Nur drei der vier Wände des Innenraumes sind miteinander verbunden, die ehemalige, insgesamt einen Kilometer lange Stadtmauer bildet nahezu unverändert die vierte Seite des rechteckigen Gastraums.

An der Rückwand des einladend eingerichteten kleinen Innenraums prangt ein überlebensgroßes Hexagramm. Wer sich mit historischer Brauereikultur nicht auskennt, könnte schnell auf die Idee kommen, es handle sich hierbei um einen Davidstern. Schnell könnte sich derjenige fragen, welche Bedeutung solch ein Stern in einer historischen Brauerei haben könnte und ob dies sehr positiv oder besonders negativ zu werten sei. Nein, klärt Hans-Peter Hütter, erster Vorsitzender des Vereins, auf, es handle sich vielmehr um das traditionelle Brauersymbol, das heute vor allem in Süddeutschland im Umfeld von Brauereien betrachtet werden könne. Die oberen drei Spitzen des sternförmigen Gebildes stünden für die drei benötigten Elemente des Bierbrauens: Feuer, Wasser und Luft. Die unteren drei Zacken symbolisierten die anfangs bekannten Zutaten: Wasser, Malz und Hopfen. Andere Theorien besagen, das Symbol stamme von den Alchemisten, den Vorgängern der Braumeister, und solle zum Schutz vor Feuer und Brandgefahr dienen, denen die Bierbrauer früher wohl besonders oft ausgeliefert waren.

Miete muss der Verein dem Ort Dausenau für seine Scheune heute nicht zahlen, schließlich ist die gute Werbung, die die angesehene örtliche Braukunst durch Verkostungen, Vorträge und vor allem durch die regelmäßig veranstalteten Brautage macht, Bezahlung genug. „Hunderte von Leuten“ wären bereits allein aufgrund der Brauerei in den Ort geströmt, bekräftigt Matthias Metzmacher.

Nach dieser kurzen Einführung wird mithilfe eine leicht verständlichen Power-Point-Präsentation der historische Brauprozess erläutert. Der dafür essentiell benötigte Braukessel sei aus heutiger Perspektive der „historische Thermomix“ von damals gewesen, so Hütter. Von der Wäsche bis hin zum Bierbrauen sei er für alle alltäglichen Zwecke genutzt worden. Heute ist das natürlich nicht mehr notwendig.

7W23 BierbrauerAnstossen Foto co Lena RappVon der grundsätzlichen Vorgehensweise her, gäbe es zwischen der kleinen Hausbrauerei in Dausenau und der Herangehensweise großer Brauereien kaum Unterschiede, lediglich die Optimierung des Prozesses sei eine andere. Aus ihrem verwendeten Rezept machen die Duzenower Bierbrüder und mittlerweile auch -schwestern kein Geheimnis. Auch wenn das Rezept immer in ähnlicher Weise durchgeführt werde, würde das dabei entstehende Bier sowieso jedes Mal ein bisschen anders schmecken. Durch das historische Reinheitsgebot, nach dem nur noch aus Gerste, Hopfen und Wasser Bier gewonnen werden durfte, kam es immerhin nicht mehr zu Wahnzuständen nach dessen Genuss. Giftige Zugaben, wie Bilsenkraut, waren hierdurch verboten. Dennoch war die damalige Qualität des Bieres im Vergleich zu heute eine wesentlich andere, viel Wissen über die chemischen Mechanismen und den Variantenreichtum beim Brauen haben sich die Menschen erst im Laufe der letzten Jahrtausende angeeignet.

Wasser als ein Hauptelement im Brauprozess bezieht der Verein mittlerweile aus zwei regionalen Quellen des Kaltenbachs. Das jeweilige verwendete Wasser bestimme den Charakter des Bieres, während das Malz vorrangig für dessen Farbe zuständig sei, erläutert Peter Hütter. Dass Expertise beim Bierbrauen über alles geht, wird deutlich, als Hütter über den stufenreichen, anspruchsvollen Brauprozess referiert. Von Anfang bis Ende entscheiden oft schon wenige Grad Celsius darüber, ob das Endprodukt ein Spitzenbier oder ungenießbar wird. Damit allerdings nicht genug, auch „peinliche Sauberkeit“ und Hygiene im Herstellungsprozess bestimmten den Geschmack des Bieres schlussendlich mit. Fehler können von ungenießbaren Getränken und Kopfweh bis hin zu ernsthaften körperlichen Beschwerden führen. Bierbrauer, ein ganz schön anspruchsvoller Job also.

Bierbrauen ist aber nicht nur im Hauptamt eine langwierige Tätigkeit, auch die Dausenauer Hobbybrauer verwenden so manchen Sonntag auf diese zeitintensive Tätigkeit. Schließlich darf der Brauprozess zu keinem Zeitpunkt unüberwacht bleiben, fast ständig muss gerührt, nachgefeuert oder abgekühlt werden. „Deshalb seid ihr nicht im Gottesdienst“, lacht Pfarrer Metzmacher verständnisvoll.

Doch damit nicht genug. Ein Traum des Vereins ist ein eigener Gewölbekeller zur Lagerung der erfrischenden Kaltgetränke. Ein anderer, im sogenannten Schalander, so heißt der historische Pausenraum der Bierbrauer und auch heute die Gaststube im oberen Teil der Scheune, eine Kulturscheune mit einer Bühne für Vorträge und Livemusik ins Leben zu rufen.

Dass auch das Treberbrot, das aus den Überresten im Bierbrauprozess hergestellt wird, köstlich schmeckt, davon konnten sich die Besucher überzeugen, die während des Vortrags und auch beim gemütlichen Beisammensitzen danach mit Speis und Bier bestens versorgt wurden. Die nächste Möglichkeit, sich vom guten Geschmack der traditionellen Bierbrauweise in Dausenau zu überzeugen, bietet sich am 13. Mai 2023. An diesem Tag findet der Dausenauer Garagen-Flohmarkt statt, dazu veranstaltet Bierkultur Duzenowe e.V. einen Brautag. Außerdem feiert Dausenau in diesem Jahr ein Jubiläum zum Erhalt seiner Stadtrechte 1348. Beim großen Jubiläumstreiben am 22. Und 23. Juli 2023 werden auch die Bierschwestern und -brüder tatkräftig mitmischen.

Der Verein trägt neben dem Erhalt der Tradition auch tatkräftig zum Klimaschutz und dem Verkauf regionaler Produkte bei. Zum Dank für dieses Engagement überreichte Pfarrer Metzmacher zum Ende des Vortrags nachhaltige Produkte der vorigen Aktionsstationen von „7 Wochen regional, fair, klimafreundlich“, unter anderem eine Kerze aus der Herstellung der Stiftung Scheuern und fair gehandelte Schokoladen aus dem Eine-Welt-Laden in Nastätten.  Lena Rapp

Zu den Fotos:
Letzte Station der diesjährigen Fastenaktion des Dekanats Nassauer Land unter dem Motto „7 Wochen regional, fair, klimafreundlich“ war die Haubrauerei in Dausenau. Die Betonung lag dabei auf „regional“ und es durfte trotz Fasten auch gekostet werden. Fotos: © Lena Rapp

Hier können Sie ein Flugblatt mit zusätzlichen Informationen zu nachhaltigem Verhalten herunterladen.

Hier finden Sie einen Beitrag zum Auftakt der Aktion an der Fairteiler-Station in Eppenrod.

Hier finden Sie einen Bericht zu den einfach zu installierenden Balkonkraftwerken.

Hier finden Sie einen Bericht über den Besuch des Eine-Welt-Ladens in Nastätten.

Hier finden Sie einen Bericht zum Besuch des Wasserkraftwerks in Bad Ems.