Ein Gemeindepfarrer hat ständig Abwechslung

Michael Wallau wird nach 30 Jahren im Blauen Ländchen mit Gottesdienst und Empfang in Miehlen verabschiedet

GW PfrMichaelWallau MIEHLEN/RHEIN-LAHN. (22. Mai 2024) Nach 30 Jahren im Blauen Ländchen naht der Abschied aus dem aktiven Dienst: Pfarrer Michael Wallau wird am Sonntag, 26. Mai um 14 Uhr mit einem Gottesdienst von Pröpstin Henriette Crüwell in den Ruhestand verabschiedet. Die vergangenen zwölf Jahre war er Gemeindepfarrer in Miehlen, davor 18 Jahre in Ruppertshofen. Seinen Ruhestand verbringt er in Koblenz.

Der 66-jährige Theologe blickt mit etwas Wehmut dem Ruhestand entgegen, fällt er doch in eine Zeit des Umbruchs für die Kirchengemeinden. „Gerade die Allround-Fähigkeiten, die dem Pfarrberuf abverlangt wurden, fand ich reizvoll“, so Wallau. „So wie ein Arzt ein Hausarzt ist als Allgemeinmediziner, so ist ein Pfarrer ein Gemeindepfarrer. Man muss alles können, hat ständig Abwechslung: Jung und alt, Freud und Leid, Reden und Hören.“

Seinen Konfirmandenunterricht und den Religionsunterricht in der Oberstufe fand der in Bad Kreuznach geborene Pfarrer so gut, dass er sich fürs Theologiestudium in Mainz entschied. Dort traf er auf Professoren, „die für ihr Fach brannten“. Und Wallau ließ sich anstecken, für Alte Sprachen, die Auseinandersetzung mit Texten der Heiligen Schriften des Judentums, des Alten und des Neuen Testamentes. Gern erinnert er sich an die Zeit im überschaubaren Dekanat St. Goarshausen zurück. Den theologischen Austausch einmal im Monat im Pfarrkonvent zusammen mit den Pensionären empfand er bereichernd. „Das hat uns das Gefühl gegeben, nicht nur etwas zusammenzutragen, sondern auch zusammen etwas zu tragen“, formuliert Wallau. Voneinander zu lernen, das Hineinwachsen in neue Aufgaben und Gemeinden und dass Theologie überall im Leben eine Rolle spielt, waren entscheidende Erfahrungen seines aktiven Dienstes.

Vor allem sein Studienjahr an der Hebräischen Universität in Jerusalem prägte ihn. Ganz praktisch nahm der fließend hebräisch sprechende Pfarrer diese Erfahrungen mit in seinen Gemeindedienst im Blauen Ländchen. So brachte er beispielsweise in Ruppertshofen zusammen mit Ellen Stein Licht ins Schicksal der Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens während der NS-Zeit. Die alljährliche Mahnwache, mit der am 9. November in Miehlen an die Opfer des Holocaust in der Region erinnert wird, ist ihm ein Herzensanliegen.

Zum Schönen am Pfarrberuf zählt der künftige Pensionär die künstlerische und kreative Freiheit. So bereicherte Wallau mit seinem musikalischen Talent seinen Dienst in Miehlen, wenn er mit virtuosem Geigenspiel nicht nur am offenen Fenster während der Corona-Pandemie den Menschen Mut zu musizierte oder mit kräftiger Stimme im Gottesdienst und dem Kirchenchor Loben und Danken im Gesang Ausdruck verlieh. Woher das Talent kommt? Schulterzucken ist die Antwort. Mit zehn Jahren hörte er Mozart, konnte kurz darauf die Zauberflöte auswendig und lernte mit elf Jahren Geige. Dass er gerne singt, sieht er mehr als „Nebenprodukt“ des Geigenspiels. „Schon mein Konfirmator konnte durch die ganze Kirche durch singen, war von vorne bis hinten zu hören.“ Zudem bereicherte der einstige Mainzer mit geschliffenen Büttenreden die Miehlener Fastnachts-Veranstaltungen und zog unter anderem als Flötenspieler beim Oktobermarkt-Festzug durch die Straßen der Mühlbachgemeinde. Apropos Musik: Die Nähe zum Glockenklang der Kirche, die ihn seit Kindertagen begleitet, findet er „einfach schön“. Während seiner Amtszeit in Miehlen erhielt die Kirche sogar ein neues, vierstimmiges Geläut.

Nicht nur für Wallau bedeutet der Beginn der Pension einen Einschnitt. Auch die evangelische Kirchengemeinde Miehlen erwartet Neuland, denn einen „eigenen“ Gemeindepfarrer wird es dort nicht mehr geben. Der Entwicklungsprozess der Landeskirche „ekhn.2030“ sieht vielmehr ein Pfarr-Team vor, das künftig die Region zwischen Welterod und Marienfels gemeinsam betreut. Angesichts der Veränderungen ruft er der Gemeinde einen Liedvers des Evangelischen Gesangbuchs in den Sinn: „Nun aufwärts froh den Blick gewandt und vorwärts fest den Schritt! Wir gehn an unsers Meisters Hand, und unser Herr geht mit.“

Doch zunächst ist noch einmal Feiern und kräftiger Gesang angesagt beim Abschiedsgottesdienst in der evangelischen Kirche von Miehlen. Im Anschluss lädt die Kirchengemeinde zu einem Empfang im Gemeindehaus ein. Bernd-Christoph Matern

Zum Foto:

Miehlens Gemeindepfarrer Michael Wallau wird am kommenden Sonntag mit einem Gottesdienst und einem Empfang in den Ruhestand verabschiedet. Foto: Matern