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Streiten, Spiritualität, Sonne und Starkregen in Nürnberg

Kirchentags-Teilnehmende aus der Region Rhein-Lahn wählen bis Sonntag unter 2000 Angeboten

NÜRNBERG/RHEIN-LAHN. (9. Juni 2023) Mit reichlich Sonne vom Himmel und einem Programm in Nürnberg und Feucht, das an Vielseitigkeit kaum zu überbieten ist, sind knapp 100 Menschen aus der Rhein-Lahn-Region beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag empfangen worden. Dabei sind sie nicht allein: 130.000 Menschen erlebten in der Frankenmetropole nach der Corona geschuldeten Abstinenz am Mittwoch wieder einen froh machenden Auftakt des fünftägige Christen-Treffens, das noch bis Sonntag unter dem Motto „Jetzt ist die Zeit“ 2000 Veranstaltungen bietet.

KT0706GodiHauptmarktSteinmeier becrimaZwei an beiden Plätzen überfüllte Eröffnungsgottesdienste gibt es. Einen mit der Schriftstellering Christina Brudereck und einen mit dem bayrischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm auf dem Hauptmarkt. Dort eröffnet Kirchentagspräsident Thomas de Maizière das Treffen. „Den Gesprächsort Kirche, den brauchen wir jetzt und auch in Zukunft dringend.“, sagt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und wirbt für ein Streiten mit Respekt. „Lasst uns die Debatte führen über ein neues Miteinander“, so das Staatsoberhaupt. Er wirbt noch einmal für seinen Vorschlag, dass jede und jeder sich einmal im Leben für eine bestimmte Zeit zum Dienst an der Gesellschaft verpflichten sollte. Das freiwillige Engagement in den Kirchengemeinden sei ein Geschenk an die Gesellschaft. „Eure Mitmenschlichkeit, Euer Engagement ist überwältigend“, ruft Steinmeier den Menschen in der prallen Sonne zu. Kräftiger Applaus.

Am ersten Kirchentags-Abend laden Gemeinden und Gruppen aus ganz Bayern zum bunten Straßenfest in die fränkische Metropole ein. Vielfalt und Lebendigkeit aus Bayern präsentiert sich mit Kulinarischem, Künstlerischem KT0706AdBRunfriedSchuster becrimaund Mitmachaktionen. Eine stärkende Ruhepause gönnt sich später der älteste Mitreisende im Dekanatsbus, Pfarrer i.R. Runfried Schuster aus Bad Ems; der ist dankbar, dass ihn Gerd und Heidi Jung aus Dausenau an diesem Tag im Trubel begleiten. „Ich bin schon immer ein Fan der Kirchentage gewesen“, erinnert sich der 86-Jährige. In seiner aktiven Zeit holte er sich Anregungen für die eigene Gemeindearbeit. Und er weiß einige Anekdoten zu erzählen, als es etwa noch kein Handy gab: „Von zwei Bussen, mit denen wir 1965 nach Köln gestartet sind, blieb einer liegen, ohne dass man schnell mal hätte miteinander sprechen können.“ Politische Brisanz habe die Fahrt 1997 gehabt, als alle Busse, die durch die DDR rollten, mit der großen auffälligen Aufschrift versehen war, dass es zum Kirchentag nach Leipzig geht. Toll findet er, wenn dieses Jahr wieder „profane Leute“ aus der Politik, wie der Bundespräsident, Bibelarbeiten übernehmen. Die steht für den Fronleichnamsmorgen im Programm.

KT0706GodiHauptmarktKopf becrimaDie Busfahrt nach Nürnberg verläuft zwar reibungslos, wie Heidi Jung, eine der drei Kirchentagsbeauftragten des Dekanats Nassauer Land, berichtet. Allerdings habe die Möglichkeit, sich über eine App mitsamt Tickets zu registrieren, nicht bei allen Mitreisenden funktioniert. Auch die Auswahl des persönlichen Programms, die bei 2000 Punkten ohnehin schwer fällt, macht die App nicht einfacher. „Für Menschen, die gern schmökern, fehlt die große Übersicht“, sagt Jung. Melanie Vrablik aus Holzhausen pflichtet ihr bei, das gelte auch für die Fahrpläne. Ähnlich geht es anderen Rhein-Lahn-Leuten. „Es singt sich etwas schwierig, wenn die Sonne auf das kleine Display scheint, wo der Text steht“, sagt Uli Werner aus Miehlen.

KT0706AdBAbendsegenAnjaBeeresLeut aus Dekanat becrimaAm Wesen des Kirchentags ändert das aber nichts, freut sich Hahnstättens Pfarrer Urs Michalke, dass er endlich wieder mit so vielen Menschen analog gefeiert werden kann. „Die Gemeinschaft ist total schön; man kommt gleich mit Leuten ins Gespräch und fühlt sich im Glauben verbunden“, sagt die Vorsitzende der Dekanatssynode Anja Beeres aus Obertiefenbach. „Und dann fällt eine Frau hin und gleich sind 15 Leute da, um sich um sie zu kümmern anstatt einfach vorbeizugehen“, schildert sie einen Zwischenfall vom Eröffnungs-Tag, der den Geist des Treffens verdeutlicht. Den Abschluss des „Abends der Begegnung“ beendet ein Segen auf dem Kornmarkt; auch der ist wieder überfüllt, schenkt aber auch am äußersten Ende mit den Kerzen noch etwas Ruhe, bevor es für viele der Rhein-Lahn-Teilnehmer mit der S-Bahn zurück ins Quartier in einem Gymnasium geht.

StSebald Kirche Foto MetzmacherFronleichnam beginnt für viele Mitgereiste mit einem Besuch in der Sebalduskirche mit einer Bibelarbeit oder in der illuminierten Lorenzkirche mit einem ökumenischen Gottesdienst. Vom Turm der Kirche bietet sich ein Blick über die schöne fränkische Altstadt; schöne Plätze wie die Hesperidegärten oder der Garten im jüdischen Museum in Fürth laden zum Bummeln und Verweilen ein. Massen drängen sich derweil zur Messe, wo der Markt der Möglichkeiten in die Hallen lockt. Dann kommt es allerdings dicke vom Himmel herab: ein Gewitter mit Starkregen liegt über den Veranstaltungsorten. Gut, wer ein festes Dach über den Kopf bekommt, weil ein Gospelworkshop in die Kirche stattfindet; andere suchen Schutz und Schirme, die dichter zusammenrücken lassen.

Ein abwechslungsreiches Programm steht bis zum Abschlussgottesdienst am Sonntag noch zur Auswahl. Kulturelles (mal ernst mal heiter), Geistliches, Gesellschaftspolitisches und ein riesengroßes Angebot an Ideen und Workshops auf dem Markt der Möglichkeiten auf dem Messegelände. Bernd-Christoph Matern

Hier finden Sie einen Bericht über die Eindrücke der Kirchentagsteilnehmenden aus dem Rhein-Lahn-Kreis.

Hier finden Sie einen Bericht über die musikalischen Eindrücke der Rhein-Lahn-Kirchentags-Gäste.

Zu den Fotos:

Zeit der Stille tanken die Teilnehmenden aus der Rhein-Lahn-Region nach dem Trubel des Tages beim Abendsegen im Kerzenschein. Der Mitreisende mit der längsten Kirchentags-Erfahrung Pfarrer i.R. Runfried Schuster aus Bad Ems (rechts) mit Gerd und Heidi Jung aus Dausenau während einer Stärkung. Fotos: Matern/Metzmacher