Evangelische Kirche in Lahnstein vor 150 Jahren erbaut
Gemeinde erinnert mit Fest an Geschichte des Gotteshauses in Nordallee – Kirchenpräsidentin predigt
LAHNSTEIN/RHEIN-LAHN. (17. Juni 2025) Vor 150 Jahren wurde die evangelische Kirche in der Nordallee in Oberlahnstein gebaut. Für die evangelische Kirchengemeinde ein guter Grund, den runden Geburtstag am Sonntag, 29. Juni ab 10 Uhr mit einem fröhlichen Fest zu feiern. Auch die Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Christiane Tietz ist dabei.
Tietz gestaltet den Eröffnungsgottesdienst um 10 Uhr in der Kirche mit und hält die Festpredigt. Außerdem wurde zur musikalischen Gestaltung ein Projektchor ins Leben gerufen, der unter Leitung von Jona Feilbach beim Gottesdienst mitwirkt.
Im Anschluss daran zieht die Festgemeinde gemeinsam hinüber zum Gemeindehaus in die Wilhelmstraße 53. Dort erwartet die Gäste nicht nur Essen und Trinken, sondern auch Spiel und Spaß für Familien und andere Beiträge und Programmpunkte, die das steinerne Geburtstagskind lebendig feiern.
Um die Planung zu erleichtern, besteht die Möglichkeit, sich über diesen Link anzumelden oder beim Gemeindebüro unter Telefon 02621 - 2236 oder E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Der Lahnsteiner Stadtarchivar Bernd Geil hat für die Kirchengemeinde in den Annalen geblättert und den folgenden Beitrag für den Gemeindebrief der evangelischen Kirchengemeinde Oberlahnstein verfasst:
„Parallel zur Einwohnerzahl wuchs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch die evangelische Gemeinde in Lahnstein rasant an, sodass sie 1871 bereits 600 Seelen zählte. Oberlahnstein hatte damals 4200 und Niederlahnstein 2500 Einwohner. Noch hatte sie kein eigenes Kirchengebäude und hielt seit 1861 regelmäßig ihre Gottesdienste in der früheren Kapelle des Martinsschlosses ab.
1863 durfte die Gemeinde einen eigenen Kirchenvorstand stellen, der sich für einen Kirchenbau stark machte. Mit Einverständnis der herzoglich-nassauischen Landesregierung wurden die Kirchensteuern der evangelischen Einwohner von Nieder- und Oberlahnstein in einen Fonds für den Bau einer neuen Kirche überwiesen. 1869 konnte ein Bauplatz erworben werden. Neben der Hauskollekte und den Spenden prominenter Glaubensgenossen wie der preußischen Königin leisteten vor allem die Gustav-Adolf-Vereine Unterstützung. Auf eine staatliche Zuwendung verzichtete die Gemeinde, weil das zuständige Ministerium die Baupläne für zu luxuriös hielt und mit Rücksicht auf die geringe Leistungsfähigkeit der Gemeinde anstelle des Glockenturmes nur einen kleinen Dachreiter genehmigen wollte. Das Gotteshaus der emporblühenden evangelischen Gemeinde sollte inmitten einer katholischen Umgebung keinen allzu ärmlichen Eindruck machen. Misstrauen und Anfeindungen zwischen beiden Konfessionen waren noch stark.
1871 berief Landesbischof Wilhelmi als neuen Pfarrer Hermann Rocholl aus Elberfeld nach Oberlahnstein. Unter ihm wurde in dreijähriger Bauzeit die evangelische Kirche an der Nordallee errichtet. Die Steine stellte Gustav Goede, damaliger Besitzer von Burg Lahneck, aus seinem unterhalb der Burg gelegenen alten Steinbruch zur Verfügung. Die Eichenstämme stiftete die Stadt Oberlahnstein und der Orgelfonds wurde von einem Londoner Kaufmann begründet. Durch kaiserliche Verfügung wurden der Gemeinde zwei große französische Kanonenrohre für den Glockenguss übergeben und in einer Glockengießerei bei Herborn gegossen. Die Planung lag in den Händen des Wiesbadener Baurates Eduard Zais.
Am 9. Oktober 1872 wurde der Grundstein gelegt. 1874 wurde Oberlahnstein als Kind der evangelischen Muttergemeinde Braubach kirchlich selbstständig und bereits am 3. Juni 1875 konnte die Kirche feierlich eingeweiht werden. Sowohl im Ersten Weltkrieg als auch im Zweiten Weltkrieg mussten die Glocken zum Einschmelzen für Kanonen abgegeben werden. In beiden Fällen kehrten sie nicht zurück, sodass 1955 neue Glocken gegossen und aufgehängt wurden. Zum 1. April 1956 wurde die evangelische Gemeinde Niederlahnstein selbstständig und konnte fünf Jahre später einen eigenen Kirchenneubau an der Allerheiligenbergstraße beziehen. Die Friedrichssegener Einwohner nutzten von 1888 bis 1912 die Simultankirche, anschließend die Oberlahnsteiner Kirche, bis die neue evangelische Friedenskirche im Ortsteil Ahl 1965 eingeweiht wurde.
Das Gotteshaus an der Nordallee geriet im Zweiten Weltkrieg durch Artilleriebeschuss stark in Mitleidenschaft. 1948 begann der Wiederaufbau, 1959/60 eine umfassende Renovierung. Bei der jüngsten Renovierung 1995 wurde einiges wieder rückgängig gemacht, das Gotteshaus durch Farbe freundlicher gestaltet und in Anklängen der ursprüngliche Zustand wiederhergerichtet.
Als Pfarrer waren in Oberlahnstein tätig: Hermann Rocholl (1871-1897), Oskar Mencke (1897- 1935), Hermann Haaß (1935-1949), Ernst Fey (1949-1970), Herbert Krähe (1970-1979), Horst Bleeck (1979-2000) und Detlef Wienecke (2001-2021). Seit 2021 sind Pfarrer Benjamin Graf und Pfarrerin Kerstin Graf aktiv. Das Stadtarchiv beteiligt sich zum Jubiläum am 29. Juni 2025 mit einer kleinen Ausstellung im evangelischen Gemeindehaus.“
Bernd Geil, Archivar der Stadt Lahnstein
Zu den Fotos:
Die Facettenkreuz-Fahne flattert zum Jubiläumsjahr vor der evangelischen Kirche in der Lahnsteiner Nordallee. Stadtarchivar Bernd Geil hat zum Jubiläum Bilder von Einweihung und ursprünglicher Innenraumgestaltung für den Gemeindebrief entdeckt. Fotos: Matern / Stadtarchiv