
Patres verlassen Kloster Arnstein: Ende einer Epoche mit viel ökumenischem Geist
KLOSTER ARNSTEIN/RHEIN-LAHN. (27. Dezember 2018) Mit einer bewegenden Eucharistiefeier unter Leitung des Limburger Generalvikars Wolfgang Rösch wurden die Arnsteiner Patres aus dem Kloster Arnstein verabschiedet, wo der Orden 99 Jahre tätig war. In der voll besetzten Klosterkirche würdigten Redner die segensreiche Arbeit der Ordensgemeinschaft für die Menschen im Nassauer Land. Zu einem Ort der Begegnungen, gerade auch der ökumenischen, hatten die Patres das Kloster gemacht, die auch während des offiziellen Abschieds noch einmal gepflegt wurden. Davon zeugte eine Vielzahl evangelischer Christen, die sich auch persönlich für das segensreiche Wirken im Nassauer Land bedanken wollten.
Auch wenn im Gottesdienst und nach dem Segen viel von der christlichen Hoffnung, der Chance im Neuen und dem mutigen Blick nach vorn die Rede war: Einige Tränen flossen angesichts der Epoche, die da am dritten Advent offenkundig zuende ging, schon – manche im Gesicht, ganz viele im Herzen. Die Zahl der Brüder war in den vergangenen Jahren kontinuierlich geschrumpft; 1991 lebten dort noch 14, jetzt nur noch fünf Patres. Die Abendmahlsfeier sowie der kräftige Gesang, unterstützt von den Kirchenchören Singhofen und Arnstein-Seelbach sowie der Schola Arnstein, ließen Zuversicht für die Zukunft spürbar werden.
„Die Karawane zieht weiter“, beschrieb Pater Martin Königstein, Provinzial der Ordensgemeinschaft, das Ende der Ära im Kloster Arnstein. Das bedeute, nicht allein unterwegs sein zu müssen. „Da wird man getragen“, so der Geistliche. „Wir sind voll großer und tiefer Dankbarkeit für das, was wir hier tun durften und was wir hier auch gelernt haben.“ Die Großherzigkeit der Patres – selbst noch im sich verabschieden können – betonte Generalvikar Wolfgang Rösch und lobte die geleistete Aufbruch- und Umbrucharbeit. Er sei fasziniert, wie aus einer stillen meditativen Glaubensform heraus so vielfältig gewirkt worden sei und „Mut gegeben wurde, wo Not war“. Er hoffe, dass die gebildete Projektgruppe zur Zukunft des Klosters aus Vertretern von Bistum bis zum Pfarrgemeinderat bald eine Lösung für eine weiterhin geistliche Nutzung findet. Etwas anderes sei kein Thema.
Ein Gefühl der Traurigkeit wie der Hoffnung bewege ihn, sagte Alberto Toutin aus Chile, der Generalobere der „Ordensgemeinschaft von den Heiligsten Herzen Jesu und Mariens und der ewigen Anbetung des Allerheiligten Altarsakraments“, so der offizielle Titel des Ordens. Ihm gehören nach Worten Toutins weltweit zirka 690 Brüder in 34 Ländern an; deren Durchschnittsalter liege bei etwa 54 Jahren mit großen Unterschieden. So sind die Patres in Indonesien durchschnittlich etwa 40 Jahre, in den Niederlanden älter als 80. Auch in Deutschland schrumpfende christliche Gemeinden seien aber in ihrer Hoffnung und Liebe Bedingung für das Wachstum in der Welt, sagte Toutin.
Die Nachricht vom Rückzug der Arnsteiner Patres sei für viele Menschen in der Region ein Schock gewesen, sagte Bezirksdekan Pfarrer Armin Sturm. „Aber auch wenn sie gehen, die Begegnungen bleiben unvergessen und werden im Herzen lebendig bleiben“, erinnerte Sturm an die vielen Veranstaltungen, die die Patres ermöglichten, von den Wallfahrten über Gottesdienste bis hin zur vielfältigen Seelsorge für die Menschen. „Ich werde sie vermissen und sie werden fehlen“, dankte die evangelische Pfarrerin Antje Dorn aus Kördorf für das ökumenische Miteinander. „Ich wünsche mir von Herzen, dass dieser wichtige geistliche Ort erhalten bleibt.“ Die Patres hätten das Kloster zu einem Ort der Begegnung zwischen Menschen und zu Gott gemacht.
Jutta Treis, Vorsitzende des Pfarrgemeinderates der Pfarrei St. Martin Bad Ems-Nassau erinnerte an den Mut machenden Glauben, der auch für Wanderungen gelte, die alle Menschen machen müssen. Im Wissen, dass die letzten Arnsteiner Patres auch Fußballfans sind, überreicht sie einen kombinierten Fan-Schal von Schalke-04 und dem BVB inklusive des Besuchs einer Partie. Treis hofft, dass die für Januar geplanten Gespräche mit der Projektgruppe zunächst zu einer vertraglichen Nutzungsvereinbarung mit dem Bistum führen, um auch ganz praktische Fragen wie Schlüsselgewalt und Verantwortlichkeiten für Veranstaltungen zu klären.
Das gilt beispielsweise für den Pilgersaal, wo nach dem Gottesdienst viele Menschen das persönliche Gespräch mit den Patres suchten, die zum Teil in ein altersgerechtes Kloster nach Werne umziehen, zum Teil aber auch in der Region wohnen bleiben. Viele Bürger sind mit den Patres groß geworden; Obernhofs Ortsbürgermeister Karl Friedrich Merz beispielsweise: „Selbst für die Feuerwehr war das Kloster einst tabu“. Er erinnert sich an ein ökumenisches Pfarrfest, als die evangelische Pfarrerin Menzel-Wortmann und Pater Ralf dem Film „Sister Act“ nacheiferten. Und an eine Feuerwehrübung, bei der Pater Bernhard zunächst Wasser, zum Abschluss kaltes Bier servierte. „Das Gespräch auf der Mauer von Mensch zu Mensch war für mich ein Wendepunkt in der Beziehung zum Kloster.“ Auch das Gefühl gelebter Ökumene habe er dabei gespürt. Nassaus ehemalige evangelische Gemeindepfarrerin Brigitte Menzel-Wortmann war von Mainz zum Abschied der Patres an ihre ehemalige Wirkungsstätte gekommen; mit dem Abschied verbindet sie viele gemeinsame Erinnerungen, Feiern und Beten – gelebte Ökumene. Kreisbeigeordneter Horst Gerheim hofft, dass für das auch touristische „Kleinod an der Lahn“ keine Zeiten wie vor 1919 anbrechen, als das Kloster bis zum Einzug der Arnsteiner Patres ebenfalls 100 Jahre nicht bewirtschaftet war. Und auch für den evangelischen Kommunalpolitiker ist das Wirken der Patres mit Gefühlen und Gedanken einer gelingenden ökumenischen Gemeinschaft verbunden. Bernd-Christoph Matern
Begegnungen mit Jedermann an touristisch reizvoller Route
Begegnungen mit Jedermann seien ihnen wichtig gewesen, so Pater Bernhard Bornefeld. Das galt nicht nur für die Arbeit in der Jugendbegegnungsstätte, bei Wallfahrten, der Fronleichnamsprozession, in Gottesdiensten, in Krankenhaus- und Polizeiseelsorge. Auch unzählige Gespräche mit Touristen habe es gegeben. „Das Kloster liegt an einer beliebten Route für Fahrradfahrer und Wanderer“. Da habe mancher auch das vertrauensvolle Gespräch gesucht.
