Taharahaus Bad Ems: Aus Abstellplatz würdigen Ort machen

Stadt, Dekanat und Bürgerstiftung ziehen an einem Strang: Sanierung der Trauerhalle am jüdischen Friedhof soll starten

 BAD EMS. (19. November 2019) Sie fristete bis vor wenigen Jahren ein tristes Dasein als Abstellplatz: die jüdische Trauerhalle auf dem jüdischen Teil des Bad Emser Friedhofs. Das soll sich jetzt ändern. Nach dem Beschluss des Stadtrates soll das denkmalwürdige Gebäude umfassend saniert werden. Es diente einst als „Taharahalle“ der rituellen Reinigung Verstorbener vor der Bestattung.

Noch in ihrer Zeit als Gemeindepfarrerin von Bad Ems entdeckte Renate Weigel, heute Dekanin des evangelischen Dekanats Nassauer Land, diesen außergewöhnlichen Ort auf dem Bad Emser Friedhof, der für sie zu einem Lieblingsplatz wurde. „Die Verbundenheit mit dem jüdischen Glauben und der jüdischen Gemeinde gehören zu den Grundfesten unseres christlichen Glaubens“, so die Theologin. Umso beharrlicher machte sie sich zusammen mit Friedhofsmitarbeiter Frank Spiegel ans Werk, dem historischen Ort wieder die gebührende Würde zurückzugeben. Zum Einen, damit das 1929 errichtete Gebäude als Denkmal nicht dem Zerfall preisgegeben wird und zum Anderen, damit es als Ort auch wieder genutzt und seine Geschichte generationenübergreifend ins Bewusstsein der Menschen wirken kann.

Wichtige Unterstützung fanden die Beiden im Architekturbüro von Canal, Koblenz. Björn Gossa, Architekt aus Bad Ems und Mitarbeiter bei von Canal, stellte die Aufmaße, einen Maßnahmenkatalog und die zu erwartenden Kosten zusammen. Wilhelm Augst von der Bürgerstiftung Bad Ems kümmerte sich im Vorfeld um Anträge und Ansprechpersonen. Er und Dekanin Weigel wollen in den nächsten Monaten die nötigen Geldmittel zu beschaffen versuchen. Katja Laupert von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Kreises hat die geplante Maßnahme von Anfang an begleitet.

„Danke, dass sie sich so für die Sanierung einsetzen“, sagte Stadtbürgermeister Oliver Krügel während eines Vor-Ort-Termins. Die Sanierung sei auch ein Zeichen gegen den Antisemitismus und für die Religionsfreiheit. Neben Stadt, jüdischer Gemeinde, Dekanat, Stiftung und Denkmalschutzbehörde nahm an besagtem Termin auch Dr. Eckhard Wegner von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz am Gespräch teil, um das Bauwerk und die Schäden in Augenschein zu nehmen. Von diesem erhoffen sich die Akteure ebenso einen Zuschuss wie vom Kultusministerium des Landes. Zudem trommeln Bürgerstiftung und Dekanat um Spenden für das Projekt. Nach ersten Schätzungen könnte sich die Sanierung auf 30.000 bis 40.000 Euro belaufen.

Damit sich der Zustand des Gebäudes nicht weiter verschlechtert, ist jetzt zunächst einmal vorgesehen, die Schäden am Dach zu beseitigen, damit keine Feuchtigkeit eintritt. Mit den eigentlichen Sanierungsarbeiten könnte dann im kommenden Jahr begonnen werden. Wichtig ist Weigel, Augst und Spiegel die Umsetzung eines Nutzungskonzeptes, das sie erarbeitet haben. „Wir wollen, dass dieser Ort im Leben der Stadt vorkommt und seinen Platz hat“, so Weigel. Dazu zählen unter anderem Gespräche mit Schulklassen auf dem Friedhof oder ganz handfeste Aktionen wie während eines Friedhofspflegetages. „Es geht nicht darum, nach den Vorfällen in Halle nur betroffene Gesichter zu zeigen, sondern etwas zu tun und zu bewegen“, sagt Augst und erinnert an eine Säuberungsaktion der Stolpersteine in der Stadt in den Herbstferien. Jüngstes Beispiel: Das Gebet und Gedenken an der Taharahalle am 10. November, an dem auch Schülerinnen Bad Emser Schulen teilnahmen.

Weil der jüdische Friedhof in den christlichen integriert ist, sei es ein idealer Ort, dass sich dort sowohl junge Menschen als auch Erwachsene anschaulich und intensiv mit unterschiedlichen Grabkulturen auseinanderzusetzen, findet Spiegel. Bernd-Christoph Matern

Wer das Projekt finanziell unterstützen möchte:

Spendenkonto Jüdische Trauerhalle Bad Ems
Empfänger: Ev. Regionalverwaltung Rhein-Lahn-Westerwald
IBAN: DE58 5105 0015 0563 0067 22

Verwendungszweck: Jüdische Trauerhalle / HHst. 3400.01.2200

Zum Foto:
Besprachen vor Ort, wie die Sanierung der Tahara-Halle auf dem Bad Emser Friedhof umgesetzt werden kann (von links): Wilhelm Augst, Alexander von Canal, Katja Laupert, Dr. Eckhard Wegner, Ulrich Zöphel, Oliver Krügel, Andreas Brings, Renate Weigel und Frank Spiegel. Fotos: Matern