
Propst Schütz: Ostern ist ein Hoffnungsfest
Dr. Klaus-Volker Schütz sieht in alten theologischen Themen des Festes Lebensthemen von heute
RHEIN-LAHN. (14. April 2022) Die Corona-Pandemie hat zwei Jahre das gewohnte Feiern von Karfreitag und Ostern verhindert. Dieser Tage sind es die grausamen Bilder vom Krieg in der Ukraine, die bei vielen Menschen die Osterfreude überdecken. Dabei gelten Karfreitag und Ostern gerade deshalb als höchste Feiertage im Kirchenjahr, weil Christen damit die Überwindung von Tod und Angst feiern. Wir haben mit dem Propst für Rheinhessen und das Nassauer Land Dr. Klaus-Volker-Schütz über die Bedeutung der Feiertage gesprochen. Immerhin jeder Zweite tue sich schwer damit, sie zu erklären. „Irgendwas mit Jesus?“, habe er bei einer Straßenumfrage im Fernsehen mal gehört.
Eine repräsentative Umfrage des Forsa-Instituts bestätige, dass nur etwa 50 Prozent der Bundesbürger wissen, was der Sinn des Osterfestes ist, so Schütz. „Aber damit nicht genug. Die Feiertage selbst sind ins Trudeln geraten. Mitternachtsshopping an Gründonnerstag, verkaufsoffene Sonntage – unsere Gesellschaft ist dabei, den Rhythmus von Arbeit und Freizeit, von Alltag und Fest zu verlieren“, stellt der Theologe fest. „Die Pointe jedes Feiertages ist, dass er eben anders ist als das, was uns tagein, tagaus auf Trab hält.“
Auch um Ostern ranke sich eine Kultur des Besonderen: Osterfeuer, Osterfrühstück, Osterspaziergang und die Feier der Auferstehung im Gottesdienst. Schütz: „Schauen Sie doch einmal bei ihrer Kirchengemeinde vorbei. Sie werden vielfältige Angebote finden: klassische und moderne Feiern der Osternacht und des Ostermorgens, die mit Liebe vorbereitet sind, Angebote für Kinder, für Erwachsene und Familien und mit Musik“. Aber auch in den Lebensgemeinschaften und Familien gebe es ja Dinge, die unbedingt zum Osterfest gehören. „In meinem Fall: selbstgemachte grüne Soße, Löwenzahnsalat und Bärlauchpesto – selbst gesucht, selbst angebaut, selbst gefunden“, erzählt Schütz.
„Ostern feiert das sich erneuernde Leben“, sagt der Vertreter der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Die vermeintlich alten theologischen Themen des Osterfestes seien Lebensthemen für die Menschen von heute. „Wie können wir uns in unserem Alltag so zurechtfinden, dass wir Sinn erfahren? Wie können wir schwierigen persönlichen Problemen und komplizierten Zeitfragen mit einer Haltung des Vertrauens und der Zuversicht begegnen – gerade jetzt?“, nennt das Mitglied der Kirchenleitung Beispiele und erinnert an den Grund der Feiertage. „An Ostern feiern Christen in aller Welt, dass Jesus von den Toten auferstanden ist.“ Die Evangelisten berichten von den Frauen, die das leere Grab Jesu fanden und nach dem Markusevangelium von einem Engel hörten: „Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier".
In den Lesungen werde das Leben des einzelnen hineingenommen in die Geschichte Gottes mit seiner Welt. „Wir erinnern uns an die Schöpfung und an den Durchzug des Volkes Israel durch das Rote Meer – Texte, die von Gnade und Rettung erzählen“, beschreibt Schütz und erklärt: „Ostern ist ein Hoffnungsfest. Es war es für die Menschen im Dreißigjährigen Krieg und in den Schützengräben der Weltkriege. Das leere Grab ist ein Ende, in dem ein heller Anfang verborgen liegt“. Miteinander sei für Christen zu spüren: „Wir sind zu lebendiger Hoffnung berufen. Zu einer Hoffnung, die nicht verloren gehen kann, nicht in Gesundheit, nicht in Krankheit, nicht im Krieg, nicht in der Pandemie, nicht im Leben, nicht im Tod. Das ist das Licht, das uns vom leeren Grab her leuchtet und in das wir getaucht und getauft sind.“ Auferstanden sei Christus und das Leben siegt. Und er erinnert an die Straßenumfrage: „Irgendwas mit Jesus...?“ Ja, klar! Und ein Feiertag, ohne den wir ärmer wären“.
Zu den Fotos:
Was haben die bevorstehenden Feiertage den Menschen in einer säkularisierten Welt noch zu sagen? Propst Dr. Klaus-Volker Schütz erinnert an Ostern als ein Hoffnungsfest. Die strahlt auch durch das Glasfenster von Gustel Stein mit der Darstellung von Jesu letztem Abendmahl mit seinen Jüngern in der evangelischen Kirche von Nochern. Der Theologe lädt zu vielen Andachten und Angeboten ein, in denen der Sinn der Feiertage in den Kirchengemeinden des Dekanats erlebbar wird. Fotos: Bernd-Chr. Matern/Thomas Neu
Erinnnern und Feiern in Bewegung
Vom Emmaus-Gang bis zur großen Nachtwanderung
RHEIN-LAHN. (13. April 2022) Einige Beispiele für die vielfältigen Möglichkeiten, mit denen in den Kirchengemeinden des evangelischen Dekanats Nassauer Land dieses Jahr Karfreitag und Ostern gefeiert wird.
Eine spirituelle Nachtwanderung mit einer Länge von zirka 20 Kilometern und sieben Stationen bietet die Stiftskirchengemeinde Diez an. Sie beginnt an Karfreitag um 23 Uhr mit einer kleinen Stärkung am Gemeindehaus in Diez und endet dort wieder am folgenden Morgen. Anmeldungen sind über die Website der Gemeinde (stiftskirche-diez.de) möglich. „Vom Dunkel ins Licht“ ist das Motto für die Osternacht in der St. Peter-Kirche in Altendiez. Sie beginnt am Karsamstag um 22 Uhr bei Feuerschein vor dem Gotteshaus, bevor die Anwesenden in die Kirche einziehen.
Unkonventionelle Feiern gibt es auch in der Esterau. In Dörnberg wird am Karsamstag um 21 Uhr ein Osterfeuer entzündet. Am Ostermontag startet um 14 Uhr in Geilnau ein Emmaus-Spaziergang vom Brunnenhaus zur Turnhalle. Am Ostermontag ist von 14 bis 18 Uhr in Schönborn der Pfarrgarten für Groß und Klein geöffnet; tags zuvor kann dort um 10 Uhr im Kindergottesdienst nach Eiern gesucht werden. Mit einem Feierabendmahl im Luthergarten wird in Klingelbach an Gründonnerstag um 19 Uhr an Jesu letztes Abendmahl erinnert.
Zum Osterspaziergang und der Eiersuche für Kinder im Pfarrgarten lädt die Kirchengemeinde Bornich am Ostermontag um 10 Uhr ein. Zur gleichen Zeit gibt es einen bewegten Familiengottesdienst in Himmighofen, der von der Grillhütte zur Kirche führt. Eine Osterwanderung von Becheln nach Schweighausen, während der Abendmahl gefeiert wird, bietet die Emmausgemeinde Schweighausen am Ostersonntag an, los geht's um 10 Uhr am Friedhof in Becheln.
Viele Kirchengemeinden beginnen den Ostermorgen in aller Frühe um 6 Uhr mit Andacht, teilweise mit anschließendem Frühstück, so etwa in Burgschwalbach, Diez-Freiendiez, Dienethal, Flacht, Gemmerich, Hirschberg, Kördorf, Lahnstein (Nordallee), Nassau, Nastätten, Reitzenhain, St. Goarshausen.
Teilweise gelten noch Corona-Einschränkungen und es bedarf einer Anmeldung. Überall wird außerdem unter entsprechenden Hygiene-Konzepten das Abendmahl angeboten.
