
Friedensethik der Mennoniten in Bad Ems kennen gelernt
Ökumene-Pfarramt stellt christliche Vielfalt im Rhein-Lahn-Kreis vor
BAD EMS/RHEIN-LAHN. (2. Oktober 2023) In der Reihe „Christliche Vielfalt im Nassauer Land“ hatte die Ökumene-Pfarrerin des evangelischen Dekanats Nassauer Land Antje Müller zu einem Abend in die Mennoniten-Brüdergemeinde Bad Ems eingeladen, in deren Gemeindehaus („Betsaal“) eine interessante Dauerausstellung mit verschiedenen Schautafeln zur Geschichte der Täuferbewegung zu sehen war.
Etwa 30 Personen verschiedenster Konfessionen und Religionen (evangelisch, katholisch, freikirchlich, jüdisch) waren der Einladung gefolgt. Nach einer kurzen Andacht führten der Neuwieder Historiker und Lehrer Johann Siebert und Mennonitenpastor Harry Bergen durch die Ausstellung, danach konnten die Gäste einen von den Mennonitenschwestern vorbereiteten Imbiss und Getränke zu sich nehmen. Anschließend gab es eine Präsentation von Johann Siebert speziell zur mennonitischen Friedensethik.
Die Mennoniten gehen auf Menno Simons (1496-1561) zurück, der – wie Martin Luther – zuerst katholischer Priester war und dann zum Reformator wurde. Anders als die anderen Reformatoren legte er unter anderem Wert auf eine strenge Trennung von Staat und Kirche, betonte die Gläubigentaufe statt der Säuglingstaufe (daher „Wiedertäufer“ genannt) und lehnte nach dem Vorbild Jesu und der Bergpredigt Kriegsdienst und Eid ab. Bis heute sind die Mennoniten und ihnen verwandte Gruppen wie die Hutterer (nach Jakob Hutter, 1500-1536) Pazifisten und Kriegsdienstverweigerer aus Glaubensgründen. Wegen ihrer unterschiedlichen Einstellung zu Staat, Kirche und Taufe wurden sie ab 1529 blutig verfolgt, deshalb wanderten später viele nach Amerika oder Russland aus.
Russlanddeutsche Wurzeln hat auch die Mennoniten-Brüdergemeinde Bad Ems, denn die so genannten Brüdergemeinden sind erst 1860 als eine Reformbewegung und Abspaltung unter den deutschstämmigen Mennoniten Russlands und der Ukraine entstanden. Großen Einfluss darauf hatte der pietistische Prediger Eduard Wüst. Strengere Einstellungen in ethisch-moralischen Fragen, ein eher traditionelles Frauen- und Familienbild unterscheiden sie von den herkömmlichen Mennoniten, was etwa auch bedeutet, dass bei den Brüdergemeinden Frauen nicht Pastorinnen werden dürfen.
Die Bad Emser Gemeinde ist zwar eine kleine Gemeinde, aber die Gottesdienste sind immer gut besucht, erfuhren die Gäste. Jeder und jede übernehme eine Aufgabe. Mit Harry Bergen gibt es einen ehrenamtlichen Pastor, aber es dürfen auch andere Männer, die dafür geeignet gehalten werden, predigen.
Was die Ökumene-Pfarrerin besonders beeindruckt: „Das engagierte christliche Leben vieler Brüder und Schwestern und ihre radikale Friedensethik, die Ablehnung von Krieg, die Wehrdienstverweigerung impliziert und sich auf Jesus Christus und dessen Vorbild begründet“. Ganz wichtig seien dabei die Seligpreisungen der Bergpredigt und andere biblische Aussagen, die mahnen, nicht selbst zu rächen, sondern das Böse mit Gutem zu überwinden.
Besuch evangelischer Freikirche
In der Reihe „Christliche Vielfalt im Nassauer Land“ steht als nächstes ein Besuch der „Gemeinde unterwegs“ am Dienstag, 17. Oktober um 18.30 Uhr in Nastätten an. Am Sitz der Gemeinde (Industriestraße 22) wird Pastorin Magdalene Kolar Ursprung, Geschichte und Werte der evangelischen Freikirche vorstellen. Unter dem Motto „Auf dem Weg zu Jesus, mit Jesus, für Jesus“ werden an diesem Abend Informationen, Austausch und Begegnung angeboten.
Mehr Informationen gibt Antje Müller unter Telefon 0160-6368503 oder E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Zum Foto:
Der mennonitische Lehrer und Historiker Johann Siebert beim Vortrag mennonitischen Friedensethik. Foto: Dekanat Nassauer Land/Müller
