Ein warmes Essen am Tag: Kleinstes Menschenrecht in reichem Land

Initiative für Bornich hat im ASB Bad Ems einen hilfreichen Partner gefunden, damit Alte nicht hungern müssen

 BAD EMS/RHEIN-LAHN. (3. Januar 2020) „Ein ordentliches warmes Essen einmal am Tag ist Grundrecht eines jeden Menschen. Das ist unsere Überzeugung.“ Damit bringt Dieter Zorbach den Unmut des Familienzentrums Bornich zum Ausdruck, dass der Ort und andere Gemeinden in der Nähe von Essen-auf-Rädern-Lieferanten nicht mehr angesteuert werden sollten. Doch jetzt wurden die engagierten Ehrenamtlichen fündig, in Bad Ems. Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) beliefert ab 2. Januar in einem Pilotprojekt die Region zwischen Blauem Ländchen und Rhein und hofft auf noch mehr Kunden in dieser Region des Rhein-Lahn-Kreises.

Zorbach, Annegret Lenz und Susanne Müller telefonierten sich die Finger wund auf der Suche nach einer Lösung und Lieferanten. Am 1. August bekamen sie Nachricht, dass die bisherigen Anbieter ihren Dienst einstellen. Die beiden ehrenamtlich engagierten Frauen der Initiative für Bornich wissen um die Problematik. „Ich kenne einen Mann, der hat 20 Kilo abgenommen, weil er sich nichts kochen konnte“, weiß Müller, andere ernähren sich ungesund einseitig oder haben keine Lust dazu, von Einkäufen, um frische Lebensmittel überhaupt zu besorgen, ganz zu schweigen; wer nicht mehr mobil ist oder keine Angehörigen hat, die sich kümmern, drohe zu verhungern. „Die Leute sind so glücklich, dass das jetzt wieder ins Laufen kommt“, sagt Lenz. Dass es mittags wieder an der Haustür klingelt, sei für manche schon ein Grund, überhaupt aufzustehen. „Man kann doch alte Leute nicht einfach im Stich lassen.“

Dass die Anbieter des Service wirtschaftlich kalkulieren müssen, sei nachvollziehbar, so Dieter Zorbach. Aber die alten Menschen in einem der reichsten Länder der Erde sich selbst zu überlassen, sei unmenschlich. „Die Solidargemeinschaft der Ehrenamtlichen und Amtlichen muss das leisten“, blickt er auf das System in den Niederlanden, wo sich Gemeindeschwestern kümmern und Sozialdienste in Stadtteilen kommunal organisiert sind. Die Bornicher wissen auch um die emotionale Hemmschwelle, die Hilfsbedürftigkeit zu akzeptieren und zu sagen: „Ja, ich brauche Hilfe, auch beim Essen!“. Zum Einen sei da gerade bei Frauen die Scham, sich einzugestehen, dass am Herd nicht mehr funktioniert, was ein Leben lang selbstverständlich war. „Zum Anderen will niemand den Eindruck erwecken, die Kinder und Angehörigen würden sich nicht genug kümmern“, so Zorbach.

Dass die heutzutage zu weit weg wohnen, um täglich Essen zu kochen, weiß Manuel Machwirth, Geschäftsführer des ASB-Kreisverbandes Rhein-Lahn, nur zu gut, auch aus den Bereichen, in die der ASB seit Jahren Essen liefert wie etwa entlang der Lahnschiene. Für den ASB erschloss sich mit der Anfrage aus Bornich eine win-win-Situation. „Wir hatten schon lange überlegt, unser Essen-auf-Räder-Angebot im Kreis auszuweiten, wir hatten nur den Startknopf noch nicht gefunden“, sagt Machwirth. Dass sich jetzt andere Anbieter aus der Belieferung verabschiedeten und die Liste von 18 Personen, die die Bornicher Initiative bereits lieferte, waren der entscheidende Auslöser, mit dem neuen Jahr die Region von Niederwallmenach über Bornich bis Weisel mit warmem Essen anzusteuern. Dabei kommt ein vom ASB schon 2017 angeschafftes hochmodernes Fahrzeug zum Einsatz; quasi ein „rollender Ofen“, der auch auf längeren Strecken dafür sorgt, dass die Menüs auf den Punkt genau die richtige Wärme behalten.

Sollte sich die neue Route etablieren und noch mehr Kunden in den Ortschaften zwischen Blauem Ländchen und den Rheinhöhen für den Service gewonnen werden, sei der Kauf eines zusätzlichen Fahrzeugs nicht ausgeschlossen, so Machwirth. An der Auswahl dürfte es nicht mangeln, denn der Mahlzeitendienst liefert täglich leckeres und frisches Essen aus einer vielseitigen Speisekarte, die sowohl gesund ist als auch unterschiedlichste persönliche Geschmäcker berücksichtigt sowie Diätvorgaben. Bernd-Christoph Matern

Nähere Informationen gibt der ASB in Bad Ems unter Telefon 02603-5069010 oder im Internet hier.

Familienzentrum

Die evangelische Kirchengemeinde und die Ortsgemeinde Bornich sind seit 2007 Mitglied der Lokalen Bündnisse für Familien, die das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt. Außerdem ist die Kirchengemeinde seit vier Jahren anerkanntes Familienzentrum der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Zu den Schwerpunkten des ehrenamtlichen Engagements gehört unter anderem die Entwicklung nachbarschaftlicher Hilfen.

Zu den Fotos:
Der Beharrlichkeit und des Einsatzes der ehrenamtlich agierenden Mitglieder des Familienzentrums Bornich ist es zu verdanken, dass mit dem ASB in Bad Ems ein neuer Anbieter gefunden wurde, der ab diesem Jahr Essen auf Rädern in die Gemeinden liefert. Susanne Müller (links), Annegret Lenz (rechts) und Dieter Zorbach (3. von links) dankten ASB-Geschäftsführer Manuel Machwirth und den Mitarbeiterinnen Sabine Reuter und Sabine Hutny und bestaunten das dafür eingesetzte Liefer-Fahrzeug. Fotos: Matern