BB BischofPfarrei becrima

Ökumenisch über Alternativen zu Wallfahrten nachdenken

Kultur und Gastfreundschaft an Ort des Glaubens aufleben lassen – Bischof Bätzing informierte sich im Kloster Arnstein über Perspektiven

KLOSTER ARNSTEIN/RHEIN-LAHN. (16. November 2020) Draußen schnüren gerade vier Frauen, die aus einem Auto mit Berliner Kennzeichen aussteigen, die Wanderschuhe und richten den Rucksack. Drinnen im Pilgersaal des Klosters Arnstein lässt sich der Limburger Bischof Georg Bätzing von Vertretern der Pfarrei St. Martin Bad Ems/Nassau über die Entwicklung der Wallfahrt an dem traditionsreichen Ort des Glaubens informieren. Auch neue Formate kommen zur Sprache.

Kloster Arnstein2012 becrimaBegeisterung sieht anders aus, als Pastoralreferent Michael Staude dem Limburger Bischof von den letzten Arnsteiner Wallfahrten erzählt und die Runde zu ihren Eindrücken befragt. 2018 endete die fast 100-jährige Tradition mit dem Wegzug der Arnsteiner Patres. In der Öffentlichkeit sei kaum wahrzunehmen gewesen, dass eine Neuauflage im Jahr 2019 von der Pfarrei gestemmt wurde. „Es gab gute Elemente, aber so etwas lässt sich nicht einfach aus dem Boden stampfen“, resumiert Pfarrer Michael Scheungraber. Die Planungen für dieses Jahr fielen der Corona-Pandemie zum Opfer. „Es war bereichernd für die, die dabei waren“, sagt Bezirksdekan Armin Sturm. Von „Massen“ konnte schon 2016 keine Rede mehr sein, so der Theologe. Schön und bereichernd empfand er, dass zuletzt die griechisch-orthodoxe Schwesterngemeinschaft „Dionysios Trikkis und Stagon“ beteiligt war und die Wallfahrer bewirtete. Seine Frage: „Wie können wir frischen Wind reinbringen?“

BB BaeetzingQuer becrima „Gibt es denn Menschen, die nach dieser Wallfahrt fragen?“, erkundigt sich Bischof Bätzing. Die Tatsache, dass sich nur etwa 75 Leute 2019 locken ließen, lässt ihn den Blick nach vorn richten. Er selbst erinnere sich daran, als Kind einmal an einer Wallfahrt nach Arnstein teilgenommen zu haben, als noch ganze Züge voller Menschen zu Wallfahrten rollten. „Es waren sehr schöne und gute Zeiten, aber sie sind vorbei“, stellt das katholische Oberhaupt nüchtern fest und erwartet für diese Art der Spiritualität kaum ein Wachstum. Wie Arnstein in der Pfarrei wahrgenommen wird und welche Bedeutung der Ort dort hat, fragt er in die Runde. Die Traditionen lassen die Lahnsteiner etwa nach Bornhofen pilgern, wo es ebenso Gläubige aus Bad Ems und Nievern hinzieht. Beliebter Treffpunkt für alle war das Kloster aber zur Vorbereitung der Erstkommunion.

Bätzing sieht eine Aufgabe darin, gemeinsam mit der Ordensgemeinschaft jetzt über Zukunftsperspektiven nachzudenken, um geistliche Impulse in Arnstein zu setzen. Dabei bietet er Unterstützung des Bistums an. Bätzing: „Wir müssen überlegen: Was suchen die Menschen? Was brauchen sie?“. Ein Anknüpfungspunkt könnte dabei die in der Runde angesprochene touristische Bedeutung des Klosters sein. Nicht nur Armin Sturm berichtet von entsprechenden Anfragen in der Pfarrei. Auch die Schwestern freuen sich über „schöne und gute Begegnungen und Gespräche“ mit Wanderern und Touristen.

BB Sturm becrima BB Geller becrima Neben Überlegungen, welche Heiligenverbindungen es zu dem Ort und dem Orden geben könnte, kommt der Boom zum Pilgern zur Sprache. „Das Kloster liegt am Lahn-Camino, der bis nach Kamp-Bornhofen führt, da ist Pilgern auf dem ganzen Weg das Stichwort“, erinnert Bezirksreferent Stephan Geller. In Verbindung mit der Gastfreundschaft der Schwestern könne dies eine Perspektive bieten. Dabei denkt er ökumenisch, weist auf die ökumenischen Pilgertage zur Vorbereitung auf den Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt hin und die positive Resonanz eines Pilgerwegs durch den gesamten Kreis mit der evangelischen Dekanin Renate Weigel. „Im Pilgern sehe ich eine Zukunft dieses Ortes“, so Geller, der gleichzeitig auf die wachsende touristische Attraktivität der Lahn- und Mittelrhein-Region aufmerksam macht. Da gebe es gute Möglichkeiten, Gastfreundschaft zu zeigen.

BB SchwesterBaetzingBernhard becrima Und nicht nur die, wie Äbtissin Diodora Stapenhorst und Schwester Bartholomäa Raithel bemerken und die kulturelle Note unterstreichen: „Wir können Menschen erklären, was Pilgern heißt oder Kindern, was das ,Plus-Zeichen' bedeutet und dass der Heilige Nikolaus nicht der aus der Coca-Cola-Werbung ist“. Zudem seien kirchliche Kulturstätten hilfreich, Menschen sich selbst wieder näher zu bringen. „Ich hoffe, dass etwas Ökumenisches entsteht“, pflichtet die Äbtissin Geller bei. Die beiden Ordensschwestern erzählen, dass viele Leute sportlich ambitioniert beim Wandern oder Fahrradfahren zum Kloster kommen, um Gesundes für ihren Körper zu tun. Da sei der Weg zum Geist eine sinnvolle Verbindung, ergänzt der Bischof. „Wenn Christus in der Mitte steht, dann bewegen sich alle“, so seine Überzeugung. Für die Protagonisten der Pfarrei wird das Visitationsgespräch zum motivierender Ansatz, „die Köpfe im ökumenischen Geist zusammen zu stecken“, zeigt sich Dekan Sturm den Schwestern gegenüber dankbar. Die Zeit des Umbaus der Kirche könne genutzt werden, ein Angebot in Arnstein für die Zeit zu entwickeln, wenn die Kirche wieder strahlt. Bernd-Christoph Matern

Zu den Fotos:
Der Limburger Bischof Georg Bätzing hat sich während seiner Vistation im Kloster Arnstein unter anderem über die ökumenischen Pilgertage auf dem Weg zum Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt informieren lassen. Fotos: Matern