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Erfolgreiche Sanierung der Braubacher Barbarakirche

Evangelische Kirchengemeinde bietet am 4. und 5. September Ausstellung, Führungen, Konzert und Gottesdienst

zBK230621Holzbalken becrimaBRAUBACH/RHEIN-LAHN. (27. August 2021) Es war im Jahr 2015, als Regennässe zeigte, dass das Dach der um 1265 gebauten Braubacher Barbarakirche reparaturbedürftig ist. Dabei blieb es nicht. Der gesamte Dachstuhl von Kirche und Turm und schließlich das ganze Mauerwerk des Glockenturms sorgten für eine Mammut-Sanierung. Jetzt ist sie abgeschlossen. Die Turmmauer ist neu verfestigt und mit einem Grundputz versehen, der Dachstuhl stabilisiert und das Dach neu verschiefert. Das feiert die Kirchengemeinde mit einem Festwochenende am Samstag, 4. und Sonntag, 5. September mit Führungen, dem Konzert einer Brass-Formation des Landespolizeiorchesters und einem Gottesdienst.

Ein dicker Aktenordner ist entstanden, in dem Heinz Vickus die Baugeschichte der Barbarakirche dokumentiert hat. Der Kirchenvorsteher ist nicht nur mit der Historie von Stadt und Gotteshaus bestens vertraut; er begleitete auch die aufwändige Sanierung der Barbarakirche, die 2016 mit dem Einrüsten des Turms für alle Passanten der viel befahrenen Bundesstraße 42 gut sichtbar begann. Damit sollte damals verhindert werden, dass herunterfallende Steine Passanten gefährden.

zBK230621SchiffNeuerGlanz becrima Der Reparaturbedarf des undichten Daches hatte den Blick auf noch weitaus größere Schäden geöffnet. Die Bauabteilung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ließ das Gebälk darunter gründlich untersuchen und auch die Mauern des Turms, deren Fugen so ausgewaschen waren, dass sich Steine lösten. Zunächst mussten die Einbauten im Dach zurückgebaut werden, um die ursprüngliche Dachkonstruktion und das Ausmaß der Schäden sichtbar zu machen. „Das Dachwerk stammt aus dem 13. Jahrhundert und gehört damit zu den ältesten Dachstühlen in ganz Deutschland“, erzählt Vickus. So offenbarten sich an den Deckenbalken im Bereich der Auflager große Schäden: Feuchtigkeit hatte dort für Fäulnis gesorgt.

Ursprünglich waren die Deckenbalken nur mit Holzbrettern belegt. Im frühen Barock, wahrscheinlich um 1581 mit dem Einbau der Emporen, wurde die Balkendecke mit Lehmwickel verschlossen, erklärt Vickus. „Für die Statik damals wie heute eine Herausforderung.“ Wie der Dachstuhl mit aufwändigen und anspruchsvollen Zimmermannsarbeiten stabilisiert wurde, ist einen Blick wert, der an dem Festwochenende unter Corona-konformen Bedingungen ermöglicht wird.

Neue Erkenntnisse

Historie-Kenner Vickus weist noch auf eine andere neue Erkenntnis hin, die die Gutachter im Zuge der Untersuchungen neben den Schäden zutage förderten. „Vor der bauhistorischen Untersuchung war Forschungsstand, dass die Kirche an die Stadtmauer gebaut wurde“. Man ging davon aus, dass dieser Teil der Stadtmauer wahrscheinlich nach Erhalt der Stadtrechte, also 1276, entstanden ist. Der Nordwestturm habe dabei als Glockenturm der neuen Stadtkirche gedient. Vickus: „Dieser Sachverhalt lässt sich nach den neuen Untersuchungen von 2016, 2018 und 2019 nicht bestätigen“. Die verwendeten Hölzer bewiesen vielmehr, dass der Turm 100 Jahre nach Verleihung der Stadtrechte und 120 Jahre nach dem Kirchenschiff entstanden sei. „Die neue Kirche St. Barbara wurde nicht an die Stadtmauer angebaut, sondern die bereits vorhandene Kirche wurde bei der Erweiterung der Stadtmauer in deren Verlauf eingebunden.“

Der fürs Stadtbild charakteristische Turm hatte zunächst wohl ein einfaches Dach, erklärt Vickus weiter; erst 1688 erhielt er die Welsche Haube mit vier Gauben, quadratischer Laterne und dem aufgesetzten Spitzhelm. Das Turmdach beherbergte auch die Glockenstube. Wer auf einer Bank am Fenster im Turmzimmer des dritten Obergeschosses Platz nimmt, kommt sich fast wie auf der Marksburg vor, mit dem der Kirchturm ein Ensemble bildet. Im Turmverlies im Erdgeschoss ist heute eine Teeküche eingerichtet. Die darüber liegenden Turmräume werden für Gemeindearbeit genutzt.

Nistplätze für Mauersegler

zBK230621TurmlochSegler becrima Neben Sachverständigen, Gutachtern, Bauhistorikern, Statikern und Denkmalschützern, die das Bauwerk Balken für Balken und Stein für Stein in Augenschein nahmen, waren auch Naturschützer in die Großsanierung eingebunden. Das ist nicht zuletzt dem Mauersegler zu verdanken, der die Turmlöcher als Nistplatz nutzt. In den Löchern befanden sich einst runde Holzbalken für den Glockenturm. Wo das Holz verwitterte, entstanden die Löcher. Damit den Vögeln der Flug ins vertraute Heim nicht verwehrt blieb, wurden während der Sanierung im Turmgerüst entsprechende Nistmöglichkeiten angebracht. Der Kirchengemeinde brachte das einmal mehr eine Auszeichnung des Naturschutzbundes Deutschland ein, der die Barbarakirche als ein schwalbenfreundliches Haus ausweist.

Über Abbruch nachgedacht

Weil die Barbarakirche zu klein wurde, begann die Gemeinde 1898 mit dem Bau der Markuskirche. Nach deren Fertigstellung 1901 sollte die Barbarakirche zum Gemeindehaus umgebaut werden, doch es fehlte das nötige Geld, sogar über einen Abbruch wurde nachgedacht. In der Folgezeit wurde das Gotteshaus unterschiedlich genutzt, 1920 bis 1922 an den Turnverein Braubach vermietet, 1923 an die Stadt Braubach als Lagerraum. Erst 1928 wurde sie zu einem Gemeindesaal umgebaut und seitdem wieder von der Kirchengemeinde genutzt. Die jetzige Sanierung beläuft sich auf Kosten von etwa zwei Millionen Euro. Wer die Sanierung unterstützen möchte, kann auf folgendes Konto spenden: 

Evangelische Kirchengemeinde Braubach, DE51 5709 2800 0200 1318 00, Verwendungszweck: Sanierung Barbarakirche

 

Führungen und Brass-Konzert des Landepolizeiorchester

LandespolizeiorchesterMIB2015 04092021Am Samstag, 4. September, ist die renovierte Barbarakirche von 13 bis 16 Uhr für eine Ausstellung und Führungen geöffnet. Um 18 Uhr gibt es in den Rheinanlagen dann ein Konzert von „Men in Blue“, der Brass-Band des Landespolizeiorchester Rheinland-Pfalz in den Rheinanlagen; Einlass ist ab 17.15 Uhr. Am Sonntag, 5. September steht um 10 Uhr ein Festgottesdienst zur Einführung des neuen Kirchenvorstandes mit Ehrungen in der Martinskirche auf dem Programm, um eine Anmeldung wird gebeten. Von 14 bis 18 Uhr werden dann wieder Führungen in der Barbarakirche angeboten. Bernd-Christoph Matern

 

 

 

Zu den Fotos:
„Hereinspaziert!“ Gemeindepfarrer Martin Stock (rechts) und Kirchenvorstand Heinz Vickus freuen sich über die gelungene Sanierung der evangelischen Barbarakirche in Braubach und laden zum Festwochenende mit Führungen ein(Foto oben). Zimmermannsarbeit vom Feinsten zeigt sich nach der Sanierung. Auch die Decke des Kirchenschiffs zeigt sich in neuem Glanz. Die Turmlöcher, entstanden durch verfaulte rundes Tragehölzer, werden von Mauerseglern zum Nisten genutzt werden. Fotos: Matern

Die Brass-Band „Men in blue“ des Landespolizeiorchesters gibt am Samstag ein Konzert in den Rheinanlagen. Foto: LPO