
Kirchenaustritt? – Überleg noch mal!
Evangelische Kirche in Düsseldorf startet Kampagne zur Aufklärung über Kirchensteuer-Verwendung
DÜSSELDORF/RHEIN-LAHN. (6. Juli 2022) Im vergangenen Monat hat die katholische Kirche in Deutschland ihre Mitglieder- und Austrittszahlen fürs Jahr 2021 veröffentlicht. Kein Jahr zuvor kehrten so viele katholische Christen ihrer Kirche den Rücken. Hauptgrund scheinen unglaubliche Verfehlungen hauptamtlicher Geistlicher in der katholischen Kirche und der Umgang damit. Dass im Zuge dieser Austrittswelle auch evangelische Kirchenmitglieder in höherem Maße als gewohnt die Institution Evangelische Kirche verlassen, mag zwar unlogisch sein. Unterm Strich bietet es aber eine gesellschaftlich „anerkannt“ gute Möglichkeit, Geld zu sparen.
Angesichts steigender Verbraucherpreise scheint auch dies verständlich, auch wenn sehr viele aller evangelischen Kirchenmitglieder aufgrund ihres für deutsche Verhältnisse vergleichsweise geringen Einkommens von der Kirchensteuer befreit sind. Und obwohl die Austrittszahlen im evangelischen Dekanat Nassauer Land deutlich weniger dramatisch sind, lohnt auch hier ein Klick auf eine Kampagne der evangelischen Kirche in Düsseldorf mit dem Titel „Kirchenaustritt? – Überleg noch mal!“.
Diese macht deutlich: Ein Kirchenaustritt, beziehungsweise eine damit verbundene niedrigere Kirchensteuer schränkt vor allem das Engagement vor Ort ein, wie etwa das von Millionen Ehrenamtlichen, die sich nicht nur als demokratisch gewählte Vertreterinnen und Vertreter in Kirchenvorständen für die Gesellschaft und das Allgemeinheit engagieren, sondern auch außerhalb der verfassten Kirche(n) in ihrer Nachbarschaft und den Regionen, in denen sie leben. Allein im Rhein-Lahn-Kreis sind mehr als 5000 Menschen in den evangelischen Kirchengemeinden ehrenamtlich engagiert. Welche Konsequenzen ein Kirchenaustritt hat, darüber hat der Kirchenkreis Düsseldorf neun Erklär-Videos produziert, die weitgehend auch fürs evangelische Dekanat Nassauer Land gelten. Anschauen lohnt zumindest für jene Menschen, die über einen Austritt nachdenken, aber gar nicht wissen, welche Konsequezen damit verbunden sind, weil sie nicht wissen, was mit ihrer Kirchensteuer alles finanziert wird.
Informationen darüber, was mit der Kirchensteuer passiert, finden Sie übrigens unter anderem auf der Website Kirchensteuer wirkt!.(bcm)
HINTERGRUND
Im Herbst des vergangenen Jahres präsentierten die Kirchenkreise Düsseldorf und Jülich ein Bürgergutachten, in dem zufällig ausgewählte Mitglieder der Evangelischen Kirche und Bürgerinnen und Bürger der Stadtgesellschaft im Alter zwischen 14 und 81 Jahren ihre Sicht auf die Evangelische Kirche und ihre Erwartungen, zusammengefasst waren. Eine für die katholische Kirche kaum vorstellbare Fragestellung wollte die Evangelische Kirche beantwortet wissen: „Werden wir überhaupt noch gebraucht?“. Die Antwort lautete in Kurzform „ja, aber predigt weniger und handelt mehr“.
Hier finden Sie die Beiträge.
Unter dem Hashtag #evangelischfürdich werden gute Gründe aufgezeigt, in der Kirche zu bleiben; der Erhalt von evangelischen Kindertagesstätten und der vielfältigen diakonischen Arbeit sind nur zwei gute Gründe.
Zum Foto:
Vielen Menschen ist nicht bewusst, was mit ihrer Kirchensteuer alles finanziert wird. Die Grafik zeigt nur wenige Beispiele. Dazu zählen etwa im Rhein-Lahn-Kreis 32 Kindertagesstätten, in deren Betrieb jedes Jahr allein in der hessen-nassauischen Kirche insgesamt rund 40 Millionen Euro fließen. Auch Projekte zum Miteinander der Generationen, Kirchenmusik, Seelsorge (Auge in Auge oder per Telefon), Tafeln, ambulante wie stationäre Pflege, Angebote, die Gemeinschaft unterstützen, Veranstaltungen, die Trost und Hoffnung schenken, Entwicklungshilfe und viele andere soziale Projekte würde es in Deutschland und im Rhein-Lahn-Kreis ohne Kirchensteuer nicht im gewohnten Umfang geben, es sei denn der Staat würde sie übernehmen und finanzieren. Grafik: Matern

Erntedank bewegt mit tollen Stimmen, Tönen und Rhythmen
Konzert der evangelischen Kantorei St. Goarshausen mit Orchester und Solisten beeindruckt mit Vielseitigkeit
RHEIN-LAHN/ST. GOARSHAUSEN. (10. Oktober 2025) Dankbarkeit kennt viele Formen. Besonders eindrucksvoll bewies das die evangelische Kantorei St. Goarshausen, die zum Erntedankfest Musik in berührenden Klangfarben und mitreißenden Rhythmen in der katholischen Kirche von St. Goarshausen präsentierte. „Magnificat“ war nur ein Programmpunkt überschrieben, aber das ganze Konzert glich einem wahrhaft großartigen Lobgesang.
Was der Chor, die Kurpfalzphilharmonie und Solisten unter der Leitung von Dekanatskantor Markus Ziegler an Erntedank servierten, gibt es sonst eher in kulturellen Metropolen zu erleben. Der Weg in die Loreleystadt war bedeutend kürzer. Schon die Programmauswahl war von dankbar machender Vielfalt geprägt. Zu Beginn gab es ein große Zuversicht ausstrahlendes Kleinod, eine Kantate fürs Erntedankfest für Chor, Soli und Orgel „Gott sorgt für uns“. Der in Hessen-Nassau bekannte Christian Heinrich Rinck schuf sie zur Zeit der Romantik. In höchsten Lagen besang die Kantorei das „Gute“, das die Christenheit zum Loben animiert. Wunderschön der Schmelz, den Bariton Falko Hönisch dazu in seine Arie und im Duett mit Caroline Montheit in seine Stimme legte. Der Choral „Nun danket alle Gott“ krönt die Kantate, und die Finger von Andreas Karthäuser „flogen“ dazu förmlich über die Tastatur der Truhenorgel, die im Dekanat ihren ersten Einsatz hatte. Welch einen Reichtum an Registerfarben das Instrument hat, zeigte Markus Ziegler mit Johann Pachelbels Choralpartita „Was Gott tut, das ist wohlgetan“ mit seinen neun Variationen über den bekannten Choral. Gerne hätte man auch dem Kantor bei quirligen Läufen auf die Finger geschaut.

Klangwechsel: Rasant, eindringlich und intensiv zeigten sich die Streicher des Orchesters mit Karl Jenkins „Palladio“. Ursprünglich als Musik für einen Werbespot für Diamanten ersonnen, erweiterte der Komponist das Werk zur Suite. Mit Präzision und Leidenschaft woben die Streicher einen mitreißenden Klangteppich. Im dritten Satz trieb Dirigent Ziegler die Musiker zu einem fast schon ekstatisch pulsierenden „rhythmischen Crescendo“ an.
Eine Hommage an das Instrument des Jahres, die menschliche Stimme, war Ziegler ebenso zu verdanken. Er hat die Sopran-Arie „Vocalise-Étude“ von Gabriel Fauré, die mit Klavierbegleitung komponiert wurde, orchestriert und neu arrangiert. Für das überzeugende Ergebnis war die wundervolle Stimme von Caroline Montheit mit verantwortlich. Ohne Worte meisterte sie präzise und ausdrucksstark mit ihrem Sopran die anspruchsvollen Sechzehntel- und Zweiunddreißigstelnoten nebst Oktavsprüngen. Und das mit beneidenswerter Selbstverständlichkeit.
Brillant agierte die Wiesbadenerin in tonaler Reinheit, mit Feingefühl und Strahlkraft ebenso als Solistin in John Rutters „Magnificat“, einer in gefühlvolle Melodien und Klänge gegossenen musikalischen Übersetzung der biblischen Worte Marias. Mit dem Hauptwerk des Nachmittags wechselte noch einmal das Genre in der Kirche und die Zuhörer fühlten sich fast in eine Musical-Hall versetzt. Das siebensätzige Werk des Zeitgenossen ist ein Lobgesang, der mit einer Mischung aus höchster Freude, einem Funken Melancholie und ganz viel majestätischem Glanz das Publikum bewegte. Ruhige sanfte Sätze wie der von der lieblichen Rose wechseln mit lautstark einsetzendem Lob auf den barmherzigen Gott und seine „machtvollen Taten“, dem ein souverän begleitender Andreas Karthäuser an der Truhenorgel Kraft verlieh. In expressiven Dauerhöhen bewiesen sich die Frauenstimmen der Kantorei und die Männer, denen man etwas Verstärkung wünschen würde, im Wechseln der Stimmlagen zwischen Tenor und Bass.
Mit anhaltend kräftigem Beifall im Stehen dankte das Publikum den diszipliniert und beherzt singenden und aufspielenden Künstlern und dem Kantor für das vielseitige Erntedank-Konzert. Bernd-Christoph Matern
Zu den Fotos:
Unter Leitung von Dekanatskantor Markus Ziegler boten die evangelische Kantorei St. Goarshausen, die Kurpfalzphilharmonie und Sopranistin Caroline Montheit eine eindrucksvolle Interpretation von John Rutters Magnificat. Die Sängerin brillierte in einer von Markus Ziegler orchestrierten Version eines Sopran-Solos von Gabriel Fauré mit dem „Instrument des Jahres 2025“, der menschlichen Stimme. Die neue Truhenorgel des Dekanats Nassauer Land spielte souverän Andreas Karthäuser. Applaus gab es auch für den Bariton Falko Hönisch. Fotos: Matern