
Evangelisch in Diez kommt vielseitig in die Haushalte
Mit Andachten zum Sehen, Hören und Lesen halten die drei Kirchengemeinden Kontakt zu Menschen
DIEZ/RHEIN-LAHN. (3. April 2020) Kreativ zeigen sich die drei evangelischen Kirchengemeinden in Diez, wenn es darum geht, die frohe Botschaft auch in Zeiten von Corona an die Menschen zu bringen. Dabei nutzen die Pfarrpersonen sowohl das Internet als auch ganz klassische Formen der Verkündigung, die zum Lesen an die Haushalte verteilt werden.
„Auch wenn die Kirchentüren und unsere Gemeindehäuser jetzt für Versammlungen geschlossen bleiben müssen, wollen wir den Leuten doch das Wort Gottes nicht vorenthalten und gehen dafür auch neue Wege in der Verkündigung“, erklärt Pfarrer Addi Tremper von der evangelischen Kirchengemeinde St. Peter zu Diez. So entstand in den vergangenen drei Wochen ein immer gefragteres Netzwerk im wahrsten Sinne. Den ersten Audiogottesdienst stellte Pfarrer Manuel Fetthauer bereits am 15. März ins Internet. Auch einen digitalen Vorstellungsgottesdienst, produziert von den Konfis der Gemeinde, war eine Woche später mit Orgelmusik, Liturgie, Liedern und vielen Gedanken und Gebeten der Konfis weltweit abrufbar. Dabei brauchten sich die Jugendlichen noch nicht mal real zu treffen. Mittlerweile kommt selbst St.-Peter-Seelsorge-Urgestein Addi Tremper im wöchentlichen Wechsel mit seinem jungen Kollegen sonntags per Video an den Frühstückstisch in die Haushalte.
Die Kreativität ist in der Diezer Nachbarschaft, der Stiftskirchen- und der Jakobusgemeinde, nicht minder groß. So erfreuen sich die 5-Minuten-Kindergottesdienste von Pfarrerin Kerstin Lüderitz im gleichnamigen YouTube-Kanal großer Beliebtheit, fünf Folgen sind dort bereits abrufbar. Pfarrerin Maike Kniese schickt Gottes Wort per Audio- und Video-Dateien in die Welt hinaus. Ihre unterschiedlichen Videobotschaften bündeln die drei Gemeinden seit einer Woche in einem gemeinsamen YouTube-Kanal „Evangelisch in Diez“.
Und wer kein Internet hat? Zu dem kommen Andachten, Predigten, Gebete und Segensworte in gedruckter Form nach Hause in den Briefkasten. Lesegottesdienste werden von fleißigen Austrägern zu den Haushalten gebracht, wie das sonst nur fürs Verteilen der Gemeindebriefe üblich ist. Mancher Angehörige lädt die guten Worte auch aus dem Internet herunter und druckt sie für Angehörige ohne www-Zugang zum Lesen aus.
Alle Register der Verkündigung werden noch einmal in der bevorstehenden Karwoche und zum Osterfest gezogen. Auch dann dürfen sich die Diezer an Karfreitags- und Ostergottesdiensten auf dem heimischen Monitor freuen oder eben auch an den Drucksachen ihrer evangelischen Kirche vor der Haustür. Froh ist Maike Kniese, dass es ehrenamtliche Kräfte wie die des Besuchsdienstes in der Gemeinde gibt, die sich mit Briefen und kleinen Basteleien und Präsenten an ältere Leute und die Bewohner in den Diezer Alten- und Pflegeheimen wenden, wenn sie diese jetzt schon nicht mehr persönlich aufsuchen dürfen. Kleine Zeichen, damit sich die dort lebenden Senioren nicht ganz verlassen vorkommen sollen.
Sehr engagiert zeigen sich dieser Tage auch die Teams in den Kindertagesstätten, damit bei den Kindern zuhause keine Langeweile aufkommen muss. „Da gab es teilweise Liederhefte, Malbücher und Bastelanleitungen für kleine Ostergeschenke und Osterschmuck, die von den Erzieherinnen zu den Kindern geliefert wurden, die nun zuhause bleiben müssen“, erzählt Tremper. Und auch im Internet werden Eltern zum Vorlesen und Mitsingen fündig. Allesamt Angebote, die dafür sorgen, dass trotz Coronakrise der Grund des Christentums nicht in Vergessenheit gerät und sich auch zuhause frohe Ostertage feiern lassen.
Wer sich für Andachten in gedruckter Form interessiert, kann diese über die Gemeindebüros anfordern unter Telefon 06432-83060 (St. Peter), 06432-2406 (Stiftskirchengemeinde) und 06432-61949 (Jakobusgemeinde). Mehr Infos und digitale Angebote gibt es über die Websites st.-peter-diez.de, stiftskirche-diez.de und jakobus-freiendiez.eu. Bernd-Christoph Matern
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Ob in der jetzigen Passionszeit oder zum kommenden Osterfest: in den Diezer Kirchen, der Stiftskirche (links), der Jakobskirche (rechts oben) und der St. Peter-Kirche dürfen keine Andachten und Gottesdienste mehr gefeiert werden. Aber die Gemeinden verkünden das Wort Gottes auf anderen Wegen. Auch Pfarrer Addi Tremper kommt jetzt per Video zu seinen Mitgliedern nach Hause. Foto: Matern
Ambulante Pflege: Professionell und flexibel in der Krise
Hygiene, Tests und Kommunikation werden großgeschrieben – Unmut über Vergabe von Impf-Terminen
RHEIN-LAHN. (2. Februar 2021) Seit Beginn der Corona-Pandemie im März vergangenen Jahres stehen die Mitarbeitenden der ambulanten Pflegedienste im Rhein-Lahn-Kreis unter einem hohen Druck. Allein die Pflegekräfte der drei evangelischen Einrichtungen Friedenswarte Unterwegs in Bad Ems, der Kirchlichen Sozialstation Diez und der Diakoniestation Loreley-Nastätten steuern täglich rund 1000 pflegebedürftige Personen an, Infizierungsgefahr inbegriffen. Strenge Hygiene-Richtlinien, regelmäßige Schnelltests und viel Flexibilität bei der Planung der Touren haben bislang dafür gesorgt, dass die Pflegeversorgung im Rhein-Lahn-Kreis in den eigenen vier Wänden weitgehend stabil gesichert ist. Selbstverständlich ist das keineswegs.
„Testen, testen, testen“, sagt Petra Schäfer, Pflegedienstleiterin der Friedenswarte Unterwegs in Bad Ems. Ab sofort ist das für ihr Team sogar zweimal pro Woche Pflicht, einmal ist es vom Land verordnet. „Mir bereiten die Mutationen doch große Sorgen“, sagt die erfahrene Krankenschwester. Das koste zwar Zeit, sei aber ein wichtiges Instrument, um das Team und natürlich auch die Patienten zu schützen. „Wichtig ist und bleibt die Schutzausrüstung, vor allem die FFP2-Masken im Dienst und die regelmäßigen Schnell-Tests“, pflichtet ihr Sonja Schmidt, Pflegedienstleiterin der Diakoniestation Loreley-Nastätten bei. Die sind auch unterwegs immer im Dienstwagen ihrer gut 30 Pflegekräfte mit dabei, falls Klienten oder dort wohnende direkte Angehörige Erkältungssymptome aufweisen. „An Tests sollte die Sicherheit nun wirklich nicht scheitern“, so Schmidt. Für Neuaufnahmen, die etwa aus Kliniken oder von Reha-Aufenthalten in die eigenen vier Wände zurückkehren und eines Pflegedienstes bedürfen, sind die Antikörper-Tests überall obligatorisch.
Gespräche mit Patienten, Angehörigen und Mitarbeitende sind nicht nur für Petra Schäfer in der Pandemie ganz entscheidend. „Klar kostet das Zeit, aber ehrliche Informationen sind zum Schutz vor Infektionen für alle Beteiligten das A und O“. Und wie bei den anderen Pflegediensten im Kreis ist auch ihr Team auf das Verständnis der Kundschaft angewiesen. „Angesichts der Situation kann es natürlich vorkommen, dass mal eine Pflegekraft nicht wie immer um Punkt 8 Uhr vor der Tür steht.“ Nicht nur krankheitsbedingte Ausfälle erfordern mehr Flexibilität im Dienstplan; während der Pandemie können mittlerweile seit zehn Monaten noch Quarantäne-Auszeiten hinzu kommen, weil Kontaktpersonen der Patienten oder der Pflegekräfte mitsamt deren Angehörigen selbst mit positiv getesteten Menschen Kontakt hatten. Es gleicht einem Wunder, dass von den Kräften selbst noch kein positiver Fall gemeldet wurde.
Höchste Bedeutung hat seit März 2020 die Hygiene. Die war und ist schon immer ein fester Bestandteil im Alltag der ambulanten Pflege, nicht erst seit der Coronakrise. Aber die Lage hat deren Bedeutung noch einmal erhöht. Neben zeitfressenden „Schnell“-Tests und dem An- und Umziehen bei risikoreichen Begegnungen gibt es noch andere Herausforderungen. Die Einsatzfahrzeuge werden seit vergangenem Frühjahr nach jeder Tour gereinigt und die Bedienelemente desinfiziert; außerdem geht ein Mehr an Dokumentationspflichten und Kommunikation mit den Betroffenen und ihren Angehörigen mit der Corona-Pandemie einher. Für Dienstbesprechungen wird in Kirchen ausgewichen. „Oberste Priorität hat die Gesundheit unserer Pflegekräfte“, bringt Evelin Scheffler, Leiterin der Kirchlichen Sozialstation Diez, die Lage auf den Punkt. Nur so könne das System bei allen Herausforderungen und neuen wissenschaftlichen und medizinischen Erkenntnissen stabil gehalten werden und die Gesundheit der Kundschaft bestmöglich geschützt werden.
Umso wichtiger wäre eigentlich die Impfung sowohl von Patienten als auch Pflegepersonal. Doch obwohl die ambulanten Pflegedienste ausschließlich Patienten betreuen, die zu den sogenannten vulnerablen Gruppen zählen, gab es für sie nur den Hinweis aufs ambulante Impfzentrum des Kreises und nicht etwa Angebote, sich en bloc wie in Pflegeheimen testen zu lassen. „Wir wurden scheinbar einfach vergessen“, zeigt sich Petra Schäfer verwundert, denn schließlich haben es die ambulanten Pflegedienste mit einem Vielfachen an älteren und vorerkrankten Menschen zu tun als das etwa in Alten- und Pflegeheimen sowie den Krankenhäusern der Fall ist. Erst ein halbes Dutzend der knapp 40 Pflegekräfte, die in der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau die ambulante Pflege-Versorgung sichert, hat jetzt den wichtigen Pieks bekommen, sei es, weil sie überzählige Impfdosen im Haus Hohe Lay in Nassau bekamen oder weil sie mit etwas Glück einen freien Termin im Lahnsteiner Impfzentrum ergatterten.
Mal abgesehen davon, dass schon die Warteschleife zum Anmelden im Impfzentrum kostbare Zeit in Anspruch nimmt, die für die Pflege verloren geht, ist es für Evelin Scheffler vollkommen abwegig, ihre Mitarbeitenden bis ins 60 Kilometer entfernte Lahnstein zum Impfen zu schicken. „Das wäre angesichts der derzeit ohnehin knappen zeitlichen und personellen Ressourcen vollkommen unrealistisch“, sagt sie. „Wir nutzen die ganze Zeit schon unsere Netzwerke“, erzählt Scheffler von einem regen Austausch per WhatsApp während der Pandemie; „die eine hat dies, der andere kann das besorgen“. Jetzt ist sie sehr dankbar, im Betreuten Wohnen der Arbeiterwohlfahrt in Diez „auf dem kurzen Dienstweg“ noch Impf-Lücken für ihr Team nutzen zu können und zu dürfen. Unter der Klientel gäbe es allerdings schon etliche Leute, die zumindest ihre Erstimpfung in Lahnstein dank engagierter Angehöriger wahrnehmen konnten. Ein dickes Lob macht sie dem Gesundheitsamt. „Die sind wirklich best of“.
Dass die Kräfte bis nach Lahnstein zum Impfen fahren sollen, sieht Sonja Schmidt in Nastätten gelassener. „Empörung und Schimpfen bringen ja zurzeit nicht wirklich weiter; wir müssen es passend machen.“ Auch zwischen Bäderstraße und Loreley werden deshalb die vielfältig vorhandenen Kontakte genutzt, um an Impfungen zu kommen, seien es ungenutzte Dosen des mobilen Impfteams in nah gelegenen Seniorenheimen oder Termine im Impfzentrum des Kreises, wo sie sich selbst jetzt die erste Impfung hat verabreichen lassen. „Das ging völlig reibungslos und flott“. Worüber sie sich besonders freut: Die Impfbereitschaft im Team liege bei 95 Prozent. Sauer macht sie, wenn dann aus Bayern die politische Forderung nach einer Impfpflicht fürs Pflegepersonal ins Gespräch gebracht wird, während die Impfwilligen noch nicht mal bedient werden können. Die wegen des knappen Impfstoffs nach hinten verschobenen Termine sorgten beim Personal gerade für deutlichen Unmut.
Welche Entbehrung und welcher Aufwand das Pflegepersonal seit nunmehr fast einem Jahr – auch während der Sommermonate – auf sich nahm und nimmt, macht schon lange keine Schlagzeilen mehr. Neben Tests, Masken und der damit verbundenen körperlichen Mehrbelastung braucht es etwa in Haushalten mit positiv getesteten Patienten Schleusen zum Umziehen; auf Hilfe angewiesene Personen dürfen – Corona hin oder her – nicht abgewiesen werden. Auch manche psychische Woge wird im Dienst geglättet, wenn etwa die Sehnsucht nach den Enkeln unermesslich groß ist oder wenn es mit einem Impftermin nicht klappt. „Naja, im Vergleich zu Krankenhäusern und Pflegeheimen können wir die Masken ja auch immer wieder ausziehen, wenn wir im Auto sitzen“, gewinnt Jennifer Frankenberg der Krise sogar noch positive Aspekte ab. Doch die Pflegefachkraft der Sozialstation in Diez teilt auch Alltagsprobleme vieler berufstätiger Eltern während der Pandemie. „Das ist schon eine Herausforderung, mit vier Kindern Home-Schooling und Dienst-Schichten in Einklang zu bringen“. Und natürlich steckt im Hinterkopf immer die große Verantwortung gegenüber den Patienten. „Man geht ja nirgends mehr hin, vielleicht mal Lebensmittel einkaufen, das war's“, sagt Kollegin Marina Schulz. Und trotzdem macht ihnen die Arbeit noch Spaß, denn auch das ist eine Erfahrung der Krise: „Der Teamgeist ist stärker denn je.“ Bernd-Christoph Matern
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Kein Schminktisch, sondern der Tisch in einem separaten Raum, wo die Pflegekräfte der Kirchliche Sozialstation Diez getestet werden. Fotos: Matern