
Fairständigen: Landeskirche gibt per Post und digital Tipps fürs Streiten
Impulspost hilft, dass Meinungsverschiedenheiten nicht in Spaltung enden – Friedensgebete über Alexa
DARMSTADT/RHEIN-LAHN. (17. November 2021) Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau hat zur diesjährigen Friedensdekade (7. bis 17. November) die Aktion „fairständigen“ gestartet. Sie gibt Tipps, wie es sich besser streiten lässt, ohne im Unfrieden zu scheiden. Jede und jeder kann es jetzt probieren. Und selbst die Sprachassistentin Alexa ist dabei. Mit der Aktion hat die EKHN im November das Thema Frieden in den Mittelpunkt gerückt. Mehr als 900.000 Briefe gingen an alle evangelischen Haushalte im Kirchengebiet, auch im Dekanat Nassauer Land.
Die aufwendig gestalteten gelb-lila Schreiben tragen die Aufschrift „Wir wollen nicht miteinander streiten – wir müssen uns aber fairständigen“. Motivation für die Initiative sind alltägliche Spannungen, die in der Familie, am Arbeitsplatz und im Internet genauso vorkommen wie in der Weltpolitik.
Das Schreiben bietet unter anderem zehn praktische Tipps und Anregungen, wie mit Meinungsverschiedenheiten gut umgegangen werden kann. Zugleich macht es Mut, klare Kante gegen Gewalt und Rassismus zu zeigen. Ergänzt wird der Brief durch die Internetseite www.fairständigen.de und Hinweise in den sozialen Medien unter dem Hashtag #fairständigen.
Alexa kennt jetzt Zauberworte zum Frieden
Darüber hinaus können sich Interessierte mit der kostenlosen App „Evermore – heilige Momente“ täglich daran erinnern lassen, sich miteinander zu „fairständigen“. Und auch die Online-Sprachassistentin „Alexa“ kommt zum Einsatz. Ihr wurden eigens für die Aktion „Friedensgebete“ beigebracht. Die Zauberworte zum Frieden lauten bei Alexa: „Frage evangelische Kirche nach einem Friedensgebet“. Schließlich unterstützen über 400 Kirchengemeinden die Initiative, die Teil der „Impulspost“-Aktionen ist. Seit 2012 versendet die hessen-nassauische Kirche Briefe an alle Mitglieder mit einem Glaubens-Anstoß. Sie will mit der „Impulspost“ aktuelle Themen mit einer besonderen evangelischen Perspektive zu ihren Mitgliedern bringen.
Nach Ansicht des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung ist eine „gute Streitkultur nötig und möglich“. Er schreibt dazu in dem Brief an die Mitglieder: „Mehr als sieben Milliarden Menschen leben auf der Erde. Sie sind nicht eins. Es gibt verschiedene Standpunkte und Interessen. Und deshalb auch Streit. Das ist völlig normal. Frieden muss stets neu gewollt werden. Dazu braucht es Mittel und Wege, Streit friedlich und gewaltfrei auszutragen.“
Die ersten Vorbereitungen zur aktuellen Ausgabe der Impulspost hatten bereits 2020 begonnen. Beteiligt an der Entstehung waren die Öffentlichkeitsarbeit der EKHN sowie eine Projektgruppe mit vielen Engagierten unter anderem aus der Propstei Nord-Nassau, dem Zentrum Oekumene in Frankfurt. Die professionelle Umsetzung übernahmen wieder die Agentur „gobasil“ (Hamburg / Hannover) und das Evangelische Medienhaus (Frankfurt).
Hier finden Sie mehr Infos zur Aktion.

Mit Regen sehr symbolträchtiges Geburtstagsfest für Kaiser-Wilhelm-Kirche
BAD EMS. (15. Oktober 2019) Die Evangelische Kirchengemeinde Bad Ems und der Förderverein zur Renovierung der Kaiser-Wilhelm-Kirche Bad Ems feierten jetzt an der Malbergstraße mit einem Zelt-Gottesdienst vor dem Parkhotel und anschließendem Mittagessen im Gemeindesaal den 120. Geburtstag der 1899 fertiggestellten Kaiser-Wilhelm-Kirche (KWK). Die Jubilarin selbst ist gebrechlich und war an ihrem Festtag für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Der auf die Zeltdächer prasselnde Regen machte dem aus Lautsprechern zugespielten Glockengeläut der Kaiser-Wilhelm-Kirche ernsthaft Konkurrenz und legte ein durchgehendes akustisches Rauschen über die Veranstaltung, aber die Geburtstagsfeier wurde dadurch nicht ungemütlich, im Gegenteil: Die einigermaßen im Trockenen sitzende Gemeinde war erstaunlich zahlreich vertreten und zeigte angesichts des unwirtlichen Wetters eine freundliche Verbundenheit untereinander, wie man sie in einer Kirchengemeinde gerne erlebt. Das wurde zum Beispiel darin deutlich, dass Aussetzer der Verstärkeranlage und der improvisierte Umgang der Akteure mit der Technik verständnisvoll hingenommen wurden. Überhaupt gaben die insbesondere bei der Predigt Mitwirkenden dem Gottesdienst sowohl inhaltlichen Tiefgang wie Charme.
Pfarrerin Lieve Van den Ameele hatte in der Vorbereitung ein Gespräch mit den Gemeindemitgliedern Schwester Christel, Elsbeth Mohn und Hartmut Bargmann über die Zukunft der Kaiser-Wilhelm-Kirche geführt, deren Voten in ein Vierer-Gespräch zusammengefasst und mit einem Bibeltext aus der Apostelgeschichte verknüpft: Vor einem Tempel sitzt ein Gelähmter, der Paulus und seinen Begleiter anbettelt. Paulus antwortet ihm: „Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher!“ Die Verbindung zum Anlass der Feier lag auf der Hand: Die Wiederherstellung der Kirche wird sehr viel „Gold und Silber“ kosten und die Gemeinde auf Jahrzehnte in ihren Möglichkeiten beeinträchtigen. Einerseits hätte man dort einen Ort, wo man Menschen helfen kann, andererseits könnte der diakonische und der Verkündigungsauftrag der Kirchengemeinde sehr viel unbeschwerter und ohne die erhebliche Baulast auch im Gemeindezentrum Martinskirche geleistet werden, zumal die KWK weder für gottesdienstliche Anlässe noch als „Badekirche“ wirklich benötigt wird.
In der Predigt gelang es dem Quartett, unterschiedliche Aspekte zur Zukunft der KWK und der Gemeinde zusammenzutragen und Impulse zum Weiterdenken zu setzen. Dass es die eigenen Gemeindemitglieder waren, die ihre Gedanken mit den Anwesenden teilten, war mit Sicherheit wirkungsvoller als jeder Festvortrag eines Außenstehenden. Da begleitend dazu die Liturgie immer wieder an Jesus Christus als Fundament der Gemeinde erinnerte und mit dem Auftrag eines heilenden und helfenden Handelns verband, schuf der Gottesdienst eine gute Basis für die weitere Diskussion der mit der Sanierung der Kirche anstehenden Fragen. Und der aus dem Dekanat verstärkte Posaunenchor der Gemeinde unter Leitung von Dekanatskantor Ingo Thrun verlieh der Veranstaltung mitten im Regen einen dennoch festlichen Charakter.
In der Rückschau hatte der Gottesdienst viel Symbolcharakter: Die Gemeinde, die gemeinsam dem Regen trotzt und familiär zusammensteht, das Zelt als Ort der Vorläufigkeit und im Übergang, wie auch Pfarrerin Van den Ameele am Anfang mit Verweis auf den Zug der Kinder Israel ins gelobte Land betonte, die immer wieder neu zu führende Diskussion um das „Eigentliche“ der Kirchengemeinde.
Weniger dem Symbolgehalt und mehr der praktischen Vernunft geschuldet war nach dem Gottesdienst der Umzug ins Pfarrhaus an der KWK, wo es eine vom Vömelhaus gestiftete Suppe gab und Getränke angeboten wurden. Hier konnte man auch Tische stellen, was angesichts der Besucherzahl draußen im widrigen Wetter nicht möglich gewesen wäre, und etwas verweilen. Es wurde viel diskutiert, und Jürgen Gerecht, Vertreter des Architektenbüros G+K aus Worms, trug dazu noch einige weitere Infos bei.
Erfreulich war nicht zuletzt, dass auch die Kommunalpolitik das Ereignis begleitete. Verbandsgemeindebürgermeister Uwe Bruchhäuser war im Gottesdienst und Stadtbürgermeister Oliver Krügel kam in den Gemeindesaal. Ein herzliches Dankeschön ging an alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die zum Gelingen beitrugen, ein besonderer Dank galt Walter Moser zur Bereitstellung eines Transportfahrzeuges und dem Pächterehepaar Werner vom Parkhotel, die freundlicherweise einen Teil des Parkplatzes für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt hatten. Wilfried Steller
Einen Beitrag zur Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Kirche finden Sie hier.