
Diezer Tafel hat Ausgabe wieder geöffnet
74 Haushalte werden jetzt alle zwei Wochen mit Lebensmitteln versorgt
DIEZ/RHEIN-LAHN. (6. Juli 2020) Nach gut drei Monaten wurde in der vergangenen Woche die Tafel des Diakonischen Werkes in Diez wieder eröffnet. „Dichtes Gedränge“ herrschte nicht, auch wenn sich die Kunden aus den Verbandsgemeinden Diez und Aar-Einrich das Angebot mit großer Sehnsucht herbeigewünscht hatten. Diszipliniert warteten die Empfänger vor der Ausgabestelle in der Gartenstraße. Die helfenden Hände hatten sie so eingerichtet, dass der Schutz vor einer Ausbreitung des Coronavirus gewahrt wurde.
Die Ausgabe wird durch eine Holz-Plexiglas-Konstruktion an der Eingangstür jetzt wörtlich genommen. „Den Raum selbst darf niemand betreten“, erklärt Marion Moll vom Diakonischen Werk in Bad Ems dem Diezer Team noch mal vor der Eröffnung zum von ihr erarbeiteten Schutzkonzept. Oliver Krebs, der die Diezer Tafel managt und wie alle einen Mund-Nasenschutz trägt, zeigt, wie die Waren auf einem Wagen zur Durchreiche gerollt werden. So können die Kunden vor der Tür, die ebenfalls Schutzmasken tragen, die Lebensmittel aus den roten Kisten kontaktlos übernehmen. Und das tun sie an diesem Nachmittag mit besonderer Freude, nachdem die Ausgabe am 16. März geschlossen wurde. „Am Anfang ging's noch, aber mit der Zeit herrscht dann doch Flaute in der Geldbörse, wenn man die Lebensmittel im Markt kaufen muss“, erzählt eine 90-jährige allein wohnende Witwe. „Meine Rente ist nicht so dicke“, freut sie sich, dass sie am Essen jetzt nicht mehr so knapsen muss. „Naja, wir sind das Sparen ja gewohnt.“
Ein Beispiel dafür, welch ein Segen die Ausgabe für die Menschen im reichen Deutschland bedeutet, wie auch Krebs berichtet: „Ich habe in den vergangenen Wochen im Sozialbüro in den Beratungen immer wieder erfahren, wie die finanzielle Not immer größer wurde“. Da habe etwa die alleinerziehende Mutter eines Kindes weinend vor ihm gesessen. Denn mit den Schulschließungen war auch die Schulverpflegung ihres Kindes nicht mehr möglich.
„Und obendrein noch die geschlossene Tafel. Da können Menschen verzweifeln.“ Das mache das durch die Corona-Pandemie ausgelöste Dilemma für die auf Hilfe angewiesenen Menschen deutlich. „Hier stehen allein für die 37 Haushalte, die heute kommen, Lebensmittel, für die Sie im Supermarkt rund 1500 Euro bezahlen müssten“, verdeutlicht Krebs die prekäre Situation. Nebenbei zeigt das, was an Lebensmitteln täglich vernichtet wird.
Froh über die dankbaren Gesichter vor der mit Abstand wartenden Kundschaft ist auch das ehrenamtlich engagierte Tafel-Team. „Helfen macht Spaß“, sagt Monika Heymann, die seit 2014 in der Diezer Tafel aktiv ist. Angst vor dem Virus hat sie nicht. In den vergangenen Wochen hat sie auf eigene Faust Menschen in ihrer Nähe mit Lebensmitteln unterstützt. Allerdings hat die Pandemie die ohnehin schon knappe Mannschaft noch einmal um die Hälfte schrumpfen lassen, gehört sie doch allein vom Alter her fast ausschließlich zur besonderen Risikogruppe im Fall einer Covid-19-Infektion. Mit diesem Schwund liegt Diez im bundesweiten Schnitt. „Wir haben jetzt etwa 30 Kräfte, die das Abholen, Sortieren und die Ausgabe organisieren“, sagt Krebs und würde sich über Verstärkung freuen. Das hat auch Konsequenzen für die Öffnung der Tafel. Statt an drei Tagen in der Woche ist sie jetzt nur noch einmal geöffnet. Nach einem Rotationsprinzip erhalten nun 74 Haushalte mit 222 Personen im Einzugsbereich der beiden Verbandsgemeinden Aar-Einrich und Diez 14-tägig die Lebensmittel.
Immerhin sei die eingeschränkte Öffnung mit den Schutzvorkehrungen ein dritter Schritt, das diakonische Angebot durch die Coronakrise zu retten, nachdem zunächst das Ausfahren von Waren und dann das Verteilen von Gutscheinen einschließlich der Spendenaktionen heimischer Supermärkte zumindest in den bedürftigsten Fällen die Not etwas lindern konnten. „Die Pandemie hat die ganze Problematik der ungerechten Verteilung von Lebensmitteln auf einen Schlag deutlich aufbrechen lassen“, sagt Krebs.
Selbst wenn irgendwann wieder ein „normaler“ Tafel-Betrieb ohne Schutzvorkehrungen möglich sein sollte: Für Burkhard Struth, den Leiter des Diakonischen Werkes Rhein-Lahn, bleiben die Tafeln in einem der reichsten Länder der Erde schizophren. „Aber nur mit nimmermüden Appellen und Forderungen der Wohlfahrtsverbände an den Staat, Menschen in Deutschland nicht hungern zu lassen, werden die Menschen ja nicht satt“, sagt Struth. Und so wird die einzig auf Spenden und ehrenamtliches Engagement bauende Hilfe auch im Rhein-Lahn-Kreis fortgesetzt. Die Tafel in Nastätten ist bereits unter Schutzvorkehrungen geöffnet, die Wiedereröffnung der in Bad Ems ist für den 13. Juli vorgesehen. Bernd-Christoph Matern
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Startklar: Oliver Krebs und Monika Heymann stehen vor der Ausgabe-Konstruktion, die eine kontaktfreie Übergabe ermöglicht. Unter Schutzvorkehrungen wurde die Diezer Tafel wieder eröffnet. Die Lebensmittelkisten waren gut gefüllt, die erstmals seit Mitte März wieder auf ihre Abnehmer warteten. Fotos: Matern

Flott gab's 20 zusätzliche Plätze in der Arche am Rhein
Evangelische Kindertagesstätte in St. Goarshausen kann nach Durchbruch ehemalige Arbeitsamt-Räume im Obergeschoss nutzen
ST. GOARSHAUSEN/RHEIN-LAHN. (24. März 2022) Karl Heinz Goerke ist erleichtert: die evangelische Kindertagesstätte „Arche am Rhein“ hat 20 zusätzliche Plätze geschaffen und kann damit noch in diesem Frühjahr der rasant gestiegenen Nachfrage gerecht werden. Das ging schneller, als es der Reichenberger Ortsbürgermeister und Vorsitzende des Kindergartenzweckverbandes gedacht hätte, denn ursprünglich waren die entsprechenden Erweiterungen im Rahmen des Gebäudeentwicklungskonzeptes für die Jahre 2023 und 2024 vorgesehen. Doch nun konnten drei Räume einschließlich eines 20 Meter langen Flurs im ehemaligen Arbeitsamt im ersten Obergeschoss in Betrieb genommen werden. Die alten Räume wurden im wahrsten Sinne jung belebt.
Zum Zweckverband gehören neben der Stadt St. Goarshausen die Gemeinden Auel, Kestert, Lierschied, Patersberg und Reichenberg. Zuzüge in diesem Einzugsbereich der Kita – 23 waren es allein von Mai bis November vergangenen Jahres – zwangen zum Handeln. „Wobei ja unsicher war, ob die Maßnahmen in abgespeckter Form überhaupt so schnell umzusetzen waren“, so Goerke. Auf Initiative des Jugendamtes des Rhein-Lahn-Kreises gab es Ende 2021 einen Runden Tisch mit allen Beteiligten, um die Chancen einer zügig umsetzbaren Erweiterung auszuloten. Nachdem Fragen zu Gefahrenverhütung und Brandschutz geklärt waren, gaben die Fachbehörden Grünes Licht für die Umnutzung der Räume des ehemaligen Arbeitsamtes. Eine Grobplanung des Architekturbüros Heil lag im Zuge des Bauantrags bereits vor; Verbandsvorsitzender Goerke erstellte daraus einen Projektplan und machte sich auf die Suche nach entsprechenden Handwerksbetrieben.
Die wurden nicht nur in der Region schnell gefunden, sie machten sich auch flugs ans Werk. Erst kam der Staub aufwirbelnde Durchbruch; mit einer flachen Treppe wurde der Höhenunterschied von 22 Zentimetern ausgeglichen. Dann folgten Elektroausstattung, kindersichere Steckdosen, die teilweise Erneuerung der Beleuchtung und die Kennzeichnung der Rettungswege. Auch Feuerlöscher, Notschlüsselkästchen und ein Türwächter wurden montiert. Alle Räume und der Flur wurden neu gestrichen, der Durchbruch verputzt. Kritischstes Element aufgrund derzeit langer Lieferzeiten war die Brandschutztür, die aber dank persönlicher Kontakte zu einem Hersteller noch Anfang Februar eingebaut werden konnte. Eine Auflage der Fachbehörden war, die vorhandenen Heizungen sowie die Fenster mit einem Schutz zu versehen. Die entsprechenden Teile wurden ebenfalls auf Maß gefertigt und dann von Goerke höchstpersönlich eingebaut. Schließlich machten sich die Reinigungskräfte der Kita ans Werk, putzten Räume und mit Spezialgerät die Teppiche, bevor die ersten Kinder die neuen Zimmer in Beschlag nahmen.
Räume sind das Eine, um den Bedarf an Kita-Plätzen zu decken, Personal das Andere. Im Januar ging die Betriebsträgerschaft für die Kita ans evangelische Dekanat Nassauer Land über. Durch Neueinstellungen von Mitarbeitenden gelang es, dass noch im Februar zehn und seit 15. März noch einmal zehn Plätze zur Verfügung stehen. „Es war eine anstrengende Zeit. Ich bin aber glücklich, dass wir es mithilfe Aller geschafft haben, in so kurzer Zeit 20 zusätzliche Plätze vor Ort zu schaffen,“ betonte Goerke, als er zusammen mit Kita-Leiterin Rita Hofmann den Kindern beim Musizieren im neuen Musikzimmer zuschaute. Die Kosten für das Projekt liegen bei etwa 22.000 Euro; vom Rhein-Lahn-Kreis wird ein Zuschuss in Höhe von 10.000 Euro erwartet.
Damit endet die Bautätigkeit in und um die Arche am Rhein noch nicht. Während die Kinder die neuen Räume erobern, wird im Nachbarraum zur Küche gerade ein zusätzlicher großer Kühlschrank eingebaut. Schon sehr lange wird in der Einrichtung das Mittagessen selbst gekocht, und die professionelle Küche ist für die Anzahl von mehr als 100 Mittagessen gut gerüstet, wie Frank Mies, einer der beiden Kita-Köche, betont. Einzig das Restaurant wurde für gemeinsame Mahlzeiten etwas zu eng; so dass die Abläufe zeitlich etwas umstrukturiert wurden. „Aber das hat sich prima eingespielt“, sagt Kita-Leiterin Hofmann.
Im Frühjahr ist außerdem geplant, im Außenbereich einen Teil der Fläche für Kinder unter drei Jahren herzurichten, und im Sommer soll dann das Projekt „zweiter Rettungsweg“ vorangetrieben werden. „Ich bin noch bis 2024 im Amt; dann hoffe ich, dass die wichtigsten Arbeiten abgeschlossen sind“, hat sich Goerke vorgenommen. Wenn es so flott funktioniert wie mit dem Durchbruch im ersten Stock, stehen die Chancen gut, dass das klappt. Bernd-Chr. Matern
Zu den Fotos:
Kita-Leiterin Rita Hofmann und Zweckverbandsvorsitzender Karl Heinz Goerke freuen sich, dass die Erweiterung in der Arche am Rhein so schnell umgesetzt wurde und über die im neuen Musikraum spielenden Kinder. Frank Mies, einer der beiden Kita-Köche, freut sich, in seiner Küche den Kindern jeden Tag ein Mittagessen zubereiten zu können. Fotos: Matern