Pogromgedenken1011 2024 Bad Ems Foto U Bletzer

„Die deutsche Bevölkerung hat tatenlos zugeschaut“

Ökumenisches Gedenken an Pogromnacht und Holocaust – Zivilcourage ist gefragt

Mahnwache0911 2024 TafelKerzen becrima  BAD EMS/RHEIN-LAHN. Bedrückend, beklemmend – und leider notwendiger denn je: Mit einer zutiefst nachdenklich stimmenden ökumenischen Gedenkveranstaltung hat das evangelische Dekanat Nassauer Land am Sonntagabend an die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 erinnert. Und dabei einen weiteren Schwerpunkt auf das Kurzzeitgedächtnis gelegt: Auf sehr nahegehende Weise machte der Abend deutlich, dass der Antisemitismus auch heute, 86 Jahre später, keineswegs überwunden ist, sondern, ganz im Gegenteil, zunehmend wieder an Boden gewinnt.

Eindrücklich erinnerte Pfarrerin Antje Müller, Ökumene-Beauftragte des Dekanats, an die Reichspogromnacht, in der organisierte Schlägertrupps der Nationalsozialisten in ganz Deutschland Synagogen in Brand setzten, jüdische Geschäfte plünderten und brutal jüdische Mitbürger angriffen, die dies nur allzu oft mit dem Leben bezahlen mussten: „Und die deutsche Bevölkerung hat tatenlos zugeschaut. Nur Einzelne hatten die Courage, sich gegen die Nationalsozialisten zu wenden.“

Bereits Tradition bei den Gedenkveranstaltungen des Dekanats ist die Mitwirkung von Schülern des Bad Emser Goethe-Gymnasiums und der Realschule plus Bad Ems-Nassau, die gemeinsam mit ihren Lehrern Elisabeth Knopp, Theresa Faßbender und David Schmidl erneut einen wichtigen Part übernahmen. „Stolpersteine erinnern an diejenigen, die einst in unserer Stadt lebten und Teil der Gemeinschaft waren, bevor sie deportiert und ermordet wurden“, hieß es in einem von David Schmidl zu Gehör gebrachten Podcast: „Es steht in unserer Verantwortung, ihre Geschichten weiterzutragen, damit so etwas wie damals nie wieder geschieht.“

Was ist damals hier in Bad Ems passiert? Exemplarisch stellten Goethe-Gymnasiasten das Schicksal der Bankiersfamilie Kirchberger in den Mittelpunkt, deren Vorfahren einst am Veranstaltungsort des Gedenkens, der Brunnenhalle, einen Buchhandel gründeten. Bereits 1934 beschloss der Magistrat, dass die Bad Emser keine Bücher mehr bei Kirchbergers kaufen durften – Beginn einer systematischen Verfolgung, die fast alle Familienmitglieder das Leben kostete. „Es waren Nachbarn, Kollegen, Freunde. Wir erinnern an sie, um ihnen einen Teil ihrer Würde zurückzugeben“, betonten die Jugendlichen. „Wissen wir, wie kostbar Freiheit und Demokratie sind?“

Nachdenkliches war auch von den Vertretern der Politik zu hören. So erinnerte die Kreisbeigeordnete Gisela Bertram an die Holocaust-Überlebende Esther Bejarano, die sie bei einer Veranstaltung im Bad Emser Kreishaus kennengelernt hatte, und an Edith Dietz aus Bad Ems, der die Flucht in die Schweiz gelang. „Ich bin entsetzt über den Hass, der auch heute Juden und anderen Menschen entgegenschlägt, die nicht ins Raster passen“, betonte sie. „Wir müssen aufpassen – nicht nur auf andere, sondern auch auf uns selbst, damit wir nicht gleichgültig werden.“

VG-Bürgermeister Uwe Bruchhäuser wiederum legte den Schwerpunkt auf das Geschehen in seiner Heimatgemeinde Dausenau und schilderte, wie aus den Familien Sundheimer und Stein, einst hochangesehene Bürger des Dorfs, Entrechtete und Verfolgte wurden. „Lassen Sie uns heute angesichts der schwierigen Situation im Nahen Osten und andernorts Bestrebungen entgegenwirken, die der Demokratie Schaden zufügen möchten“, so Bruchhäuser.

Bezug auf die Gegenwart nahm auch der Bad Emser Stadtbürgermeister Oliver Krügel. Ereignisse wie in der vergangenen Woche, wo es in Amsterdam am Rande eines Fußballspiels zu massiven Ausschreitungen gegen israelische Fans kam, und in Berlin, wo Jugend-Fußballer eines jüdischen Vereins antisemitisch beschimpft und bedroht wurden, seien nicht nur Angriffe auf jüdische Mitbürger, sondern auch auf die Grundwerte der demokratischen Gesellschaft, betonte Krügel, der auch mit Blick auf die Vergangenheit nichts beschönigte: „Wilfried Dieterichs‘ Buch ‚Bad Ems 1914-1964‘ ist zu entnehmen, dass Bad Ems zu den deutschen Städten gehörte, in denen der Mob gegen ‚nicht-arische‘ Menschen besonders heftig wütete.“

Mahnwache0911 2024 Altar becrima Keine Politikerin, aber politisch bewusste und engagierte Bad Emserin: Auf dem Hintergrund von Artikel 1 des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar“) stellte Elisabeth Adam den Bonner Theologen und Bildhauer Ralf Knoblauch vor. Um genau an diese von Rechtsextremisten häufig in Frage gestellte Würde zu erinnern, stellt Knoblauch aus Eichenholz „Königinnen“ und „Könige“ her und schickt sie in alle Welt– zwei dieser Skulpturen beherbergt die Pfarrei St. Martin und St. Damian aktuell.

54 Bad Emser Juden sind während des Nationalsozialismus ums Leben gekommen – gemeinsam mit Schülern der Realschule verlasen Antje Müller und Ralf Skähr-Zöller, Mitarbeiter des Dekanats, ihre Namen. Zudem wurde für jeden dieser 54 brutal aus dem Leben gerissenen Menschen eine Kerze angezündet.

Den Schlusspunkt setzten Vertreter der jüdischen Gemeinde mit ihren Gebeten und eindringlichen Worten. „Es gibt ein gutes Mittel gegen Antisemitismus, und das ist die Bildung“, sagte Lothar Knothe, während Wolfgang Elias Dorr mit Blick auf die Geschehnisse in Amsterdam betonte: „Es ist ein Armutszeugnis, dass der Staat nicht in der Lage ist, Juden besser zu schützen.“ Für die musikalische Gestaltung sorgte Organistin Hannelore Syre, die unter anderem zahlreiche jüdische Lieder, darunter „Ma Towu“ von Louis Lewandowski und „S’brent“ von Mordechai Gebirtig, erklingen ließ. Ulrike Bletzer

Judenhass gab es schon immer

Auch in Miehlen wurde abermals auf dem Marktplatz an die Gräueltaten der deutschen Bevölkerung an ihren Mitbürgerinnen und Mitürger erinnert. Die evangelische und die katholische Kirchengemeinde hatten dazu an die Gedenktafel eingeladen. Lothar Bindczeck und Pfarrer i.R. Michael Wallau erinnerten an die Verbrechen und den Hass, der in der Nacht zum 10. November in der Mühlbachgemeinde offen ausbrach. Wallau erinnerte daran, dass der Hass gegen das Judentum bereits im Alten Testament dokumentiert ist. Damals wie heute gelte es, sich mit Zivilcourage und auch einer Portion Cleverness dagegen zu stellen.

Zu den Fotos:
In die Brunnenhalle von Bad Ems hatte die Ökumene-Pfarrerin des evangelischen Dekanats Nassauer Land Antje Müller eingeladen um an die Gräueltaten zu erinnern, die Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland angetan wurden und werden. Auch in Miehlen wurde tags zuvor auf dem Marktplatz an den 9. November 1938 erinnert, als der Hass gegen jüdische MItbürgerinnen und Mitbürger offen ausbrach. Fotos: Ulrike Bletzer/Bernd-Chr. Matern

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Gedenken an Adolf Reichwein

Stadt Bad Ems erinnert zum 80. Todestag vor Geburtshaus an Widerstandskämpfer

 BAD EMS/RHEIN-LAHN. (11. Oktober 2024) Die Stadt Bad Ems lädt zu einer Gedenkstunde anlässlich des 80. Todestages des Widerstandskämpfers Adolf Reichwein ein am Sonntag, 20. Oktober um 16 Uhr. Neben Vertretern der Stadt wirken am Gedenken die Ökumene-Pfarrerin des evangelischen Dekanats Nassauer Land Antje Müller sowie Schülerinnen und Schüler mit. Würdiger Ort für das Gedenken ist das Geburtshaus Reichweins in der Bleichstraße 12.

Der Pädagoge wurde am 3. Oktober 1898 in Bad Ems geboren; sechs Jahre später zog die Familie ins hessische Ober-Rosbach. Im Ersten Weltkrieg wurde er als Kriegsfreiwilliger eingezogen und verwundet, studierte in Frankfurt und Marburg Pädagogik und arbeitete als Wegbereiter einer modernen Pädagogik an unterschiedlichen Stellen in Bildungspolitik und Bildungseinrichtungen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er als Professor an der pädagogischen Akademie Halle entlassen. Im Kreisauer Kreis wirkte er am Widerstand gegen Hitler mit. Durch Gestapo-Spitzel aufgedeckt und im Juli 1944 verhaftet, wurde er zum Tode verurteilt und am 20. Oktober 1944 im Gefängnis Berlin-Plötzensee erhängt.

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Schüler bringen Stolpersteine zum Sprechen

Gedenken des Dekanats in der Bad Emser Friedrichstraße dokumentiert, mahnt und bewegt

9Nov23GedenkenDekanat becrima BAD EMS/RHEIN-LAHN. (13. November 2023) Überall im Rhein-Lahn-Kreis wurde in der vergangenen Woche und am gestrigen Sonntag an die Geschehnisse des 9. November 1938 erinnert, als Hass und Hetze gegen die deutsche Bevölkerung jüdischen Glaubens offen in Gewalt ausbrach und in der grausamen Ermordung von sechs Millionen Menschen gipfelte. „Ich freue mich, dass so Viele hier sind, aber dass die Polizei dabei sein muss, macht traurig“, sagte Lothar Knothe vergangenen Donnerstag in Bad Ems. Als Vertreter jüdischen Glaubens begleitete er zusammen mit Wolfgang Elias Dorr das Gedenken in der Friedrichstraße. Dorthin hatte das evangelische Dekanat Nassauer Land mit Ökumene-Pfarrerin Antje Müller eingeladen. Kreis, Stadt, Schulen und jüdische Akteure gestalteten die Erinnerung in der Kreisstadt.

9Nov23GedenkenDekanat Brunnen becrimaAm Ort des Gedenkens – daran erinnert der von Lies Ebinger gestaltete Handwerkerbrunnen – lebten bis zu den 1930-er Jahren Metzger, Bäcker, Maler, Schlosser, Schneider und andere Handwerker in guter und friedlicher Nachbarschaft zusammen. Ein Grund für den aufkeimenden Holocaust spricht Pfarrerin Müller gleich zu Beginn des Abends an: die Angst, selbst zum Opfer der Nazis zu werden, wenn man das Unrecht beim Namen nennt. Während sein älterer Kollege in der Emser Dorfkirche in seiner Sonntagspredigt zur brennenden Synagoge schwieg, nahm der damalige Pfarrvikar Willi Göttert in der Kaiser-Wilhelm-Kirche, in der auch ein Gestapo-Beamter auf der Empore saß, allen Mut zusammen und erklärte mitten in der Predigt: „Was vorgestern an unseren jüdischen Mitbürgern und ihrem Gotteshaus geschehen ist, das war Unrecht und Sünde gegen Gottes Gebot.“ Nur durch die Fürsprache eines früheren Schulkameraden blieb ihm letztlich die Abholung in ein Konzentrationslager erspart.

9Nov23GedenkenDekanat Brunnen1 becrimaWie es passieren konnte, dass in einer normalen und Wärme ausstrahlenden nachbarschaftlichen Umgebung wie der Friedrichsstraße „nicht aufbegehrt wurde, wenn Menschen diskriminiert, von Schulbesuch und gemeinschaftlichem, auch politischem Leben ausgeschlossen wurden“, fragte die Erste Beigeordnete des Rhein-Lahn-Kreis Gisela Bertram. Neben der erwähnten Feigheit machte sie noch einen anderen Grund aus: die von den Nazis ausgenutzten vorhandenen Vorurteile gegen Juden. Dass Juden aus Angst vor verbaler und körperlicher Gewalt heute wieder keine Kippa tragen, zeige dies: „Wir sind mitten drin in einem offen gezeigten Antisemitismus“.

Wie damit umzugehen ist, gerade mit Blick auf den aktuellen Terror der Hamas im Gazastreifen, fragte der Bad Emser Stadtbürgermeister Oliver Krügel und warnte vor der Verschiebung von Tabus, die aus Respekt vor den Opfern des Unrechtsregimes vor Jahren noch undenkbar gewesen wären. „Hetze und Hass greifen nicht nur im Internet um sich“, so Krügel. „Rechtspopulisten, Antisemiten und Rassisten versuchen, einen Keil zwischen die verschiedenen Gruppen in unserer Bevölkerung zu treiben und gefährden damit den gesellschaftlichen Frieden“, mahnte er, sich auf allen politischen Ebenen, auch in Bad Ems, gegen das Vergessen zu stellen und das Wissen um die ganze deutsche Vergangenheit und die Verpflichtung daraus an kommende Generationen weiterzugeben.

Gedenken ZitatSchulenDafür waren Schülerinnen und Schüler des Goethe-Gymnasiums Bad Ems und der Realschule plus Bad Ems-Nassau ein Beispiel, die zusammen mit ihren Lehrern Elisabeth Knopp und David Schmidl das Gedenken bereicherten. Ihr Wissen um die Geschichte konnte nicht nur auf einem Tablet am Boden neben Blumen und Kerzen nachgelesen werden. Ganz konkret stellten sie Biographien von jüdischen Menschen allen Alters vor, die einst in der Friedrichstraße lebten und unter den Augen der Bevölkerung von dort in Flucht vertrieben und in Konzentrationslager deportiert wurden. So brachten die Schüler die Stolpersteine in der Straße zum Sprechen.

Sie zitierten die Bad Emser Künstlerin Lies Ebinger, die ihnen 2019, ein Jahr vor ihrem Tod, noch vom friedlichen Zusammenleben in der Friedrichsstraße berichtete. Sie wuchs dort auf und erlebte, welch unfassbare Zerstörung die Nazi-Horden anrichteten, sowohl an Sachen und Gebäuden als auch an Menschen. Die nüchterne Beschreibung der Einzelschicksale, ihre Deportation machte betroffen. Auch an den Metzgersohn Bernhard Strauss erinnern sie, der die Hölle der Konzentrationslager überlebte und nach seiner Rückkehr nach Bad Ems seine Fassungslosigkeit über das mangelnde Schuldbewusstsein in einem Buch „...und ihr habt alle Heil geschrien“ dokumentierte. Eines vieler erschütternder Beispiele: die evangelisch getauften Kinder von Emmi Strauss, die als Halbjuden erst schikaniert und schließlich getötet wurden.

9Nov23GedenkenDekanat Saenger becrimaNeben Dokumentation und Mahnung bot das Gedenken des Dekanats sehr bewegende Momente. Beispielsweise, als David Schmidl etwa seine Gedanken beim Reinigen der Stolpersteine als „zarte Verbindung zwischen der Gegenwart und dem Schatten der Geschichte“ beschrieb. Beim Verlesen der ermordeten und deportierten Bad Emser, für die nach und nach 55 Kerzen angezündet wurden, kam die Stimme angesichts der unsagbaren Verbrechen, die vor Kindern nicht Halt machten, ins Stocken ebenso während eines hebräischen Gebets für die Verfolgten und Ermordeten in den einzeln aufgezählten Konzengtrationslagern.

Verbunden wurden die Wortbeiträge mit sehr eindringlicher, teils melancholischer Musik von Katja Satolokina (Tenorblockflöte) sowie Constantin Tererschkin (Klarinette und Gesang). Neben dem Segen, den Antje Müller und Wolfgang Dorr an die Anwesenden weitergaben, nahmen diese auch den Gedanken Gisela Bertrams mit in ihr sicheres Zuhause: „Nicht nur nicht vergessen, sondern mit offenem Mut an der Seite unserer jüdischen Mitbürger zu stehen, für sie einzustehen, ein jeder von uns an seinem Platz, das ist unsere Pflicht!“

Bernd-Christoph Matern

 

 

Zu den Fotos:
An vielen Orten im  Rhein-Lahn-Kreis wurde an den  9. November 1938 erinnert, mit dem der Hass auf Bürger jüdischen Glaubens offen in Gewalt ausbrach. Vor den aktuellen antisemitischen Entwicklungen wurde in Bad Ems in der Friedrichstraße gewarnt. Fotos: Matern

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Gaby Bindczeck ist Aktivposten in Kirchenchor und Gemeinde

Bürgermeister Güllering überreicht engagierter Vorsitzenden in Miehlen Ehrenamtskarte des Landes Rheinland-Pfalz

MIEHLEN/RHEIN-LAHN. (6. März 2024) Die Überraschung war Ulrich Groß geglückt: Für seine Mit-Vorsitzende des evangelischen Kirchenchores Miehlen gab es anlässlich ihres runden Geburtstages nicht nur Glückwünsche und das obligatorische Ständchen. Er sorgte auch für einen besonderen Probengast: Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nastätten Jens Güllering überreichte der engagierten Miehlenerin im Namen von Ministerpräsidentin Malu Dreyer die Ehrenamtskarte des Landes Rheinland-Pfalz.

„Das kann freilich nur eine symbolische Würdigung des riesigen Engagements sein“, sagte Güllering und erinnerte an das vielfältige Wirken der so Geehrten, die zusammen mit Ulrich Groß bereits seit mehr als 37 Jahren Vorsitzende des Kirchenchores ist. Und weil Gaby Bindczeck nicht nur Seele und Herzschlag für den von ihr geliebten Chor ist, waren auch Miehlens Ortsbürgermeister André Stötzer und im Namen des Kirchenvorstandes Gemeindepfarrer Michael Wallau voll des Lobes und der Dankbarkeit über den Aktivposten in der kommunalen wie kirchlichen Gemeinde. Bindczecks Einsatz und Organisationstalent im und für den Kirchenchor, ihr Engagement für das 2011 von ihr initiierte Gemeinsame Mittagessen oder den Treffpunkt Adventskranz für die Kirchengemeinde wurden dabei genannt; ebenso ihr schauspielerisches und ihr musikalisches Talent – allein seit 40 Jahren singt sie im Duo mit Lia Kaufmann – kamen zur Sprache, mit dem sie Menschen zu unterschiedlichsten Anlässen immer wieder Freude schenkt. Sichtlich gerührt dankte Bindczeck für die gelungene Überraschung und stellte fest: „Was simmer doch für en feine Verein!“ (bcm)

Zum Foto:
Freuten sich bei der Überreichung der Ehrenamtskarte an Gaby Bindczeck (Mitte), solch eine engagierte Frau in der Mitte von Kirchenchor und Gemeinde zu haben (von links): Ulrich Groß, Jens Güllering, André Stötzer und Michael Wallau. Foto: Matern

Innenminister Lewentz zeichnet kulturellen Kosmopoliten Diethelm Gresch aus 

Erstklassige Konzerte öffnen auch dieses Jahr wieder zahlreiche Kirchen im Kreis

RHEIN-LAHN/KLOSTER ARNSTEIN. (21. März 2019) Es sind nicht nur Gottesdienste, die Kirchen der Region mit Besuchern füllen. Gerade künstlerische Veranstaltungen sind hoch begehrt. Zu einem Publikumsmagnet haben sich in den vergangenen Jahren hochkarätige Musik und Philosophie entwickelt, die mit dem Lahnfestival Gegen den Strom in die Gotteshäuser des Rhein-Lahn-Kreises bringt. Dessen Spiritus Rector, Diethelm Gresch aus Nochern, erhielt jetzt die Verdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz.

Innenminister Roger Lewentz würdigte im Kloster Arnstein die Verdienste des Kulturschaffenden, der unter anderem mit dafür gesorgt hat, sowohl das Kloster als auch die gesamte Region mit der Organisation hochkarätiger Kulturveranstaltungen mit Leben zu füllen und über die Grenzen des Kreises bekannt zu machen.

Der Obernhofer Kulturverein Peregrini, das Lahnfestival „Gegen den Strom“ und die jüngst darin ins Leben gerufene Piano-Akademie sind drei weit über das Kloster und das Kreisgebiet hinaus strahlende Institutionen, die Gresch als Vorsitzender, Intendant und als nimmermüder Motor und Netzwerker auf die Beine gestellt hat. Das Kloster als Ort der Auszeichnung sei ein wundervoller Kristallisationspunkt für Greschs bisheriges Wirken, den er mit einem motivierten Team mit Leben erfülle, sagte Lewentz.

Der Minister betonte das großartige ehrenamtliche Engagement des Geehrten und der vielen Frauen und Männer, die ihn darin unterstützen und erinnerte an die teilweise mehr als 60 Veranstaltungen im Jahr: „Das ist beste Werbung für das Kloster und die ganze herrliche Region“. Und wenn zu einem hochphilosophischen Vortrag 50 Leute nach Obernhof kommen, sei das nicht weniger als wenn dasselbe in Berlin angeboten wird. „Die große Leidenschaft und der vorbildliche Einsatz ist aller Ehren wert. Diethelm Gresch schafft es immer wieder, Weltklasseinterpreten an die Lahn zu holen und zeigt so, dass der ländliche Raum auch kulturell mit den Metropolen mithalten kann", so Lewentz. Der Innenminister nutzte die Auszeichnung, um auch an die Bedeutung des Ehrenamtes für die Demokratie zu erinnern und warb für die kommende Europawahl.

„Zu bedeutenden Stätten gehören bedeutende Menschen“, hatte zuvor Landrat Frank Puchtler in seiner Begrüßung Gresch gelobt. „Wie viel Mitarbeiter hat denn ihr Kulturbüro, das solch ein tolles Festival stemmt?“, sei er schon von Politikern gefragt worden, die den Rhein-Lahn-Kreis um das Lahnfestival beneiden und verwundert erfuhren, dass dieses Büro privat in Nochern gestemmt wird. „Hier zeigt der ländliche Raum, was geht“, freute sich Puchtler über das Engagement und auch die Institutionen wie die Leifheit-Stiftung oder den Kultursommer, die das Festival unterstützen und dazu ein Programm von hervorragender Qualität auf die Beine stellen. „Sie sind ein Mensch, der die Region und den Kreis prägt.“ Dass so viel politische Prominenz gekommen sei, zeige die Wertschätzung vor Greschs Leistung, begrüßte Puchtler die Landtagsabgeordneten Matthias Lammert (CDU), Jörg Denninghoff (SPD), Bürgermeister Werner Groß und Nocherns Ortschef Gerhard Beilstein.

Gresch selbst dankte für die Auszeichnung, erinnerte an die glücklichen Fügungen, nach seinem Umzug von Berlin an den Rhein gleichgesinnten Menschen begegnet zu sein und an viele kulturelle Highlights; angefangen von einer Faksimile-Ausstellung von Bibeln im Jahr 2009, die in dieser Form nach Berlin und Obernhof nie wieder zu sehen sei, über Weltklasse-Professoren der Piano-Akademie bis hin zu Konzerten mit dem international tätigen Dirigenten Thomas Jung. „In Nassau war der Eintritt kostenlos, im königlichen Opernhaus im Londoner Covent Garden können Sie bis zu 500 Euro zahlen, um ihn zu erleben“. Und in seiner unnachahmlich begeisternden und motivierenden Art trommelte der kulturelle Kosmopolit bereits fürs diesjährige Lahnfestival, das auch die Urlaubswochen umfasst. „Verreisen Sie nicht, etwas Besseres finden sie nirgendwo“, war seine Empfehlung an die vielen kulturellen Weggefährten und Gäste der hohen Auszeichnung. Bernd-Christoph Matern

 

Informationen zum aktuellen Festivalprogramm 2019 finden Sie hier.

 

Zum Foto (oben):
Innenminister Roger Lewentz (2. von links) überreichte im Namen der Ministerpräsident die Verdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz an Diethelm Gresch aus Nochern mit seiner Frau Svetlana  (3. und 4. von links). Ihre Anerkennung sprachen Gresch außerdem aus (von rechts): Matthias Lammert (MdL), Jörg Denninghoff (MdL), Landrat Frank Puchtler, Bürgermeister Werner Groß und Ortsbürgermeister Gerhard Beilstein. 

Die evangelischen Kirchen in Diez-Freiendiez (Foto Mitte links) und Dausenau (Mitte rechts) gehören zu Spielstätten des von Gresch initiierten und organisierten Lahnfestivals Gegen den Strom. Fotos: Matern