
Tafeln des Diakonischen Werks Rhein-Lahn bleiben zu – Hilfe kommt nun zum Haus
Kunden des REWE-Marktes sorgen nicht nur in Diez für gedeckte Tische – Gemeindepädagoge übernimmt Fahrdienst
DIEZ/RHEIN-LAHN. (24. April 2020) Seit Mitte März haben die Tafeln des Diakonischen Werkes Rhein-Lahn in Bad Ems, Diez und Nastätten geschlossen. Für viele Menschen bedeutet das eine enorme Einbuße, sind sie doch auf die Essensausgabe angewiesen, um einigermaßen finanziell über die Runden zu kommen. „Die Situation spitzt sich in manchen Haushalten gerade enorm zu“, weiß Oliver Krebs, der in Diez die Lebensmittel-Ausgabe koordiniert.
Krebs kennt die prekäre Lage vieler älterer Menschen und von Familien mit Kindern, die unter der Schließung der Tafeln besonders leiden, aus vielen Beratungsgesprächen, und punktuell sorgten er und einige Freiwillige im vergangenen Monat für ein wenig Unterstützung. Umso dankbarer ist er aber jetzt, dass es in Diez jetzt neue Unterstützung gibt, um wenigstens die bedürftigsten ehemaligen Kunden mit einem Lieferservice zu versorgen.
Zum Einen ist da die Initiative von Rudolf Schmidt. Der Inhaber des Diezer REWE-Marktes hat im Eingangsbereich einen Tisch aufgebaut mit allerlei Lebensmitteln. Die befinden sich auch in den Papier-Tragetaschen, die daneben stehen. „Gemeinsam Tische decken“ steht an der Wand darüber. Kunden können für 6 Euro eine solche Tasche kaufen, die dann vom Diakonischen Werk an die bedürftigsten Tafel-Kunden verteilt werden. „Ich muss ein dickes Dankeschön an die Kunden richten, die sich daran beteiligen und damit an die denken, denen die jetzige Situation große Not bringt“, sagt Schmidt und verweist auf mehr als 50 Tüten, die schon in den ersten Tagen gespendet wurden.
Für Oliver Krebs ist das ein erster wichtiger Schritt, um die Lebensmittelversorgung in der Coronakrise allmählich wieder herzustellen. „Wir mussten die Tafeln ja schließen, um zu verhindern, dass sich die ehrenamtlichen Kräfte, die vom Alter her zur Risikogruppe gehören, in Gefahr bringen“, so Krebs. Umso dankbarer ist er, dass sich mit Werner Schreiner, Gemeindepädagoge des evangelischen Dekanats Nassauer Land, ein Helfer fand, der nun mit dem Einsatzfahrzeug der Tafel die Pakete an die Haushalte verteilt, die das Essen derzeit am nötigsten brauchen. Schreiner arbeitet normalerweise in der Kinder- und Jugendarbeit des Dekanats. „Es hat mich jetzt nicht länger hinter dem PC gehalten, um über die Organisation von Veranstaltungen nachzudenken, die am Ende gar nicht stattfinden dürfen“, sagt der Pädagoge, als er die ersten 20 Lebensmittelpakte ins Auto einlädt, um sie an 13 Haushalte in der Stadt Diez und der Verbandsgemeinde Aar-Einrich auszuliefern. Bernd-Christoph Matern
Wer die Auslieferung unterstützen möchte, kann sich mit Oliver Krebs telefonisch in Verbindung setzen unter Telefon 06432-7282
Zum Foto:
Der Diezer Tafel-Koordinator Oliver Krebs freut sich über die Unterstützung von Werner Schreiner und Rudolf Schmidt (von links), damit besonders bedürftige Kunden der geschlossenen Tafeln Lebensmittel-Spenden erhalten. Fotos: Matern/Krebs
Nastätten hofft auf Spenden für alternative Hilfe für Tafel-Kunden
NASTÄTTEN. Wie in Diez startete jetzt auch in Nastätten eine Spendenaktion, um die bedürftigsten Tafel-Kunden nicht im Stich zu lassen. Dort wurden sowohl im Rewe- als auch im Aldi-Markt Sammelboxen für Lebensmittel aufgestellt. „Bisher haben wir mit einmaligen Beihilfen sowie Warengutscheinen versucht, etwas zu helfen“, sagt Marion Moll vom Diakonischen Werk Rhein-Lahn in Bad Ems. „Jetzt hoffen wir, dass noch mehr Lebensmittel-Spenden zusammenkommen, um sie dann in Paketen ausliefern zu können.“ Sowohl fürs Einpacken als auch das Ausfahren hätten sich bereits einige neue ehrenamtliche Personen gefunden, die nicht zur Risikogruppe gehören, jetzt braucht es entsprechender Lebensmittel-Spenden. Die Tafel in Nastätten versorgte zuletzt 65 Haushalte mit Lebensmitteln, in denen 69 Kinder und 96 Erwachsene leben.
Viele Lebensmittelspenden im Bereich der Bad Emser Tafel
BAD EMS/NASSAU. Im Bereich der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau ist ein Spendenprojekt bereits vor drei Wochen sehr erfolgreich angelaufen. Im Rewe-Markt von Kaufmann Ulrich Pebler in Nassau ist ein Tisch aufgebaut mit der Bitte, die dort allesamt haltbaren Waren zugunsten der Tafelkunden zu kaufen und zu spenden. In Nassau hatte sich ein junger Mann des Jugendtreffs angeboten, die dort gesammelten Lebensmittel auszufahren. Solange die Tafeln aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen bleiben müssen, will Ulrich Pebler auch die Spendeaktion fortführen. (bcm)

Mein Arbeit hilf vollbringen
zu Lob dem Namen Dein,
und lass mir wohl gelingen,
im Geist fruchtbar zu sein;
die Blümlein lass aufgehen
von Tugend mancherlei,
damit ich mög bestehen
und nicht verwerflich sei.
Martin Behm
Tag der Arbeit: Weltweite Krise zeigt schmerzhaft weltweite Verantwortung
RHEIN-LAHN. (1. Mai 2020). Einen solch ruhigen 1. Mai hat es seit Generationen nicht gegeben. Er geht zurück auf die Arbeitsverhältnisse und -bedingungen, die 1886 in Nordamerika herrschten und dort Massenstreiks auslösten. Die Coronakrise sorgt mit ihrem derzeitigen Versammlungsverbot für einen Feiertag, wie es ihn seit 1946 noch nie gab: ohne Kundgebungen, Mai-Märsche und auch ohne gemeinschaftliches Wandern. „Mein Arbeit hilf vollbringen“ – das ist dieser Tage keine Selbstverständlichkeit.
Und doch bietet gerade die Ausnahmesituation Gelegenheit, sich den eigentlichen Sinn dieses weltlichen Feiertags in Erinnerung zu rufen. Covid-19 sorgt für einen radikalen Stopp des Wirtschaftswachstums. Der Blick auf andere Länder zeigt: Es ist keine Selbstverständlichkeit, in einem Staat zu leben, dessen Gesetze selbst in dieser Krise noch ein finanzielles Netz bieten etwa durch Arbeitslosengeld und Kurzarbeiter-Regelungen; das ist ein bisschen Sicherheit, selbst wenn sie die Sorgen von Selbständigen, Arbeitnehmern und Arbeitgebern vor der nahen Zukunft nicht nehmen. Aber es sind Rechte, deren Basis in der Arbeiterbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelegt wurde.
Und auch die Frage, wie gerecht heute einzelne Berufsgruppen, wie zum Beispiel im Pflegebereich, bezahlt werden oder nicht, sie tritt dieser Tage deutlicher ins Bewusstsein als bei jeder Kundgebung in den vergangenen 75 Jahren. Die Coronakrise zwingt dazu, sich nicht nur mit der deutschen Sozial- und Arbeitspolitik auseinandersetzen, sondern vor allem mit globalem Handeln und Wirtschaften. Die weltweite Krise führt – leider sehr schmerzhaft – die weltweite Verantwortung für Gerechtigkeit und Gesundheit der Menschen vor Augen.
Eine detaillierte Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen sowie ethischen Fragen und Konsequenzen, die sich aus der Covid-19-Pandemie ergeben, bietet das Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Das Mainzer Zentrum hat eine Sonderausgabe ihrer Zeitschrift „Perspektiefe“ in digitaler Form herausgegeben, die Sie hier lesen können.
Der oben zitierte Vers stammt aus dem Frühlingslied „Wie lieblich ist der Maien“ (EG 501) von Martin Behm (1557 - 1622). Christen wissen sich zu allen Zeiten geborgen in Gottes Händen. Und immerhin können die Menschen im ländlich geprägten Rhein-Lahn-Kreis trotz Kontaktbeschränkungen auch noch die kurzen Wege in die Natur und dessen Wachstum und Blühen genießen. Bernd-Christoph Matern
Hier die drei ersten Strophen des Liedes:
1. Wie lieblich ist der Maien
aus lauter Gottesgüt,
des sich die Menschen freuen,
weil alles grünt und blüht!
Die Tier sieht man jetzt springen
mit Lust auf grüner Weid,
die Vöglein hört man singen,
die loben Gott mit Freud.
2. Herr, dir sei Lob und Ehre
für solche Gaben Dein.
Die Blüt zur Frucht vermehre,
lass sie ersprießlich sein.
Es steht in Deinen Händen,
Dein Macht und Güt ist groß,
drum wollst Du von uns wenden
Mehltau, Frost, Reif und Schloss.
3. Herr, lass die Sonne blicken
ins finstre Herze mein,
damit sich’s möge schicken,
fröhlich im Geist zu sein,
die größte Lust zu haben
allein an Deinem Wort,
das mich im Kreuz kann laben
und weist des Himmels Pfort.
Zum Foto:
Auf der Politik – das Foto zeigt das Bundeskanzleramt – lastet derzeit eine große Verantwortung. Die Corona-Krise macht die weltweiten Abhängigkeiten deutlich. Fotos: Matern