Seniorenbüro und Initiative 55plus-minus haben digitale Zukunft im Blick
Meilenstein: Aufnahme der „Brücke“ in Digital-Kompass – Künstliche Intelligenz als Hilfe im Alter
RHEIN-LAHN. (20. April 2021) Ältere fit fürs Internet zu machen – das hat sich die bundesweite Initiative „Digital-Kompass“ zur Aufgabe gemacht. Und was im Rhein-Lahn-Kreis vom Seniorenbüro „Die Brücke“ dazu bereits alles angeboten wird, gefiel der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) und deren Partnern so gut, dass sie das seit 26 Jahren aktive Kreisbüro als einen der 100 deutschen Standorte auswählten.
Damit gibt es im Rhein-Lahn-Kreis nun bereits zwei Kompass-Standorte, an denen ältere Menschen auf ihrem Weg ins Internet und in die digitalen Möglichkeiten unterstützt werden. Die Initiative 55plus-minus im Dekanat Nassauer Land war bereits im Dezember 2019 als Standort aufgenommen worden. Internet-Lotsen, Trainer, Helfer und Engagierte werden über den Kompass in ihrer Arbeit vor Ort unterstützt. Besonderer Clou: Die fitten Senioren aus dem Kreis testen Produkte Künstlicher Intelligenz (KI).
„Wir hätten so gerne und richtig doll unser 25-jähriges Bestehen gefeiert“, sagte Uschi Rustler mit Blick aufs Jahr 2020 zum offiziellen Start für den Digital-Kompass. Immerhin seien rund 200 hoch engagierte Menschen ehrenamtlich in den unterschiedlichsten Projekten des Kreis-Büros aktiv. Zudem gibt es 700 fördernde Mitglieder. Umso mehr freue sie sich jetzt über das Angebot, die Senioren auch fürs Internet optimal schulen zu können. Die Vorteile, sich im Umgang mit den digitalen Möglichkeiten auszukennen, seien nicht erst seit der Corona-Pandemie eine Chance, meinte die Leiterin des Büros. Passend zum Anlass saß sie vor dem Computer und hatte eine Vielzahl von „Kacheln“ mit gut gelaunten Gesichtern vor sich, die per Video-Konferenz an dem digitalen Startsignal teilnahmen.
Im Rhein-Lahn-Kreis werde nicht nur auf Prägendes in der Vergangenheit zurückgeschaut, sondern auch nach vorn geblickt, kommentierte Landrat Frank Puchtler von einer dieser Kacheln. Neue Wege würden nicht erst seit Corona gegangen, wie Internet-Cafés in den Dörfern zeigten und ein sich ständig bewegendes Ehrenamt. Kompass und Lotsen passten zum Rhein-Lahn-Kreis; der Kompass gebe Orientierung und Lotsen fürs Internet seien heute so wichtig wie damals am Mittelrhein. Puchtler und Verbandsgemeindebürgermeister Mike Weiland dankten gleichzeitig Dieter Zorbach von der Initiative 55plus-minus, die mit dem Seniorenbüro kooperiert und der verstehe, Menschen zu motivieren, die neuen Möglichkeiten zu erlernen und zu nutzen. „Und natürlich ist der heutige Tag eine Auszeichnung für unser Büro und deren Leiterin Uschi Rustler“, sagte Puchtler.
Welchen Nutzen allen älteren Menschen im Rhein-Lahn-Kreis die Aufnahme des Seniorenbüros in das Projekt bietet, wurde sehr anschaulich präsentiert. Statt der Musik eines Ensembles, wie das vielleicht bei einer realen Begegnung der Fall gewesen wäre, wurde am Bildschirm ein Stück eingespielt, das einem „irgendwie bekannt“ vorkam. Dabei handelte es sich um ein jazziges von einem Computer komponiertes Werk. Der sei dabei mit Musik der Beatles „gefüttert“ worden, wie Sabine Wolf von der BAGSO den Teilnehmenden später erläuterte. Bilder erkennen, Dialoge führen, Haushaltsgeräte oder den Staubsauger in Bewegung setzen, ein Fensterputzroboter, schlaue Kühlschränke, noch klügere Brillen und Gehstöcke mit vibrierenden Sensoren – das alles waren Beispiele, wie Künstliche Intelligenz den Alltag im Alter erleichtern hilft. Und damit es nicht bei der Theorie bleibt, kamen zwei Dutzend Projektbegleiter in den Genuss, die vor wenigen Jahren noch als futuristisch geltenden modernen Helfer auszuprobieren.
Mit wie viel Spaß die Testerinnen und Tester bei der Sache waren und von ihren ersten Erfahrungen berichteten, mache einmal mehr deutlich, warum von den 100 Digital-Kompass-Standorten in Deutschland mit dem Seniorenbüro des Kreises und der Initiative des Dekanats gleich zwei im Rhein-Lahn-Kreis ausgewählt wurden, meinte Katharina Braun, Projektleiterin des Digital-Kompass. „Gerade jetzt ist es enorm wichtig, in Kontakt zu bleiben“, so Braun. Die beiden eng zusammenarbeitenden Initiativen praktizierten schon lange, was fürs Verständnis neuer Medien unerlässlich sei: „Die sozialen Aspekte fürs digitale Lernen sind uns absolut wichtig.“ Dazu zähle, dass es sich in einer vertrauten Gruppe leichter lernen lasse als allein.
„Wichtig ist beispielsweise, dass man Fragen stellen darf, auch mehrmals“, so Braun. Ein solches Umfeld nehme Ängste, befähige und ermögliche Teilhabe. Und so gehört zum Nutzen, als Standort ausgewählt zu sein, nicht nur, in den Genuss von 200 Lernmaterialien zu kommen oder eben Produkte Künstlicher Intelligenz auszuprobieren. Die Lotsen nehmen die Senioren im digitalen Lernen auch telefonisch „an die Hand“, betonte Rustler. Digital-Kompass-Stammtische und Internet-Treffs gehören dazu.
Praktische Beispiele, wie vielseitig sich auf digitalem Weg Kontakte pflegen und Bildung teilen lassen, zeigte Dieter Zorbach, Sprecher der Initiative 55plus-minus, als er die wichtigsten Funktionen der MeinDorfApp vorstellte, die unterschiedlichsten Institutionen und Interessen im Kreis zur Heimat werden könne. Auch dort gelte: gemeinsam aktiv zu werden, sei es beim derzeit nur digitalen Yoga- oder Sprachkurs, aber auch real für Wanderungen oder gegenseitige Unterstützungsangebote. Und noch einen wichtigen Aspekt nannte Zorbach: Die individuelle Auswahl, wer, was über wen erfahren soll. Dass Sicherheit und Selbstbestimmung im Netz gewährleistet sind, ist auch dem Digital-Kompass wichtig, denn Künstliche Intelligenz fördere auch die digitale Souveränität älterer Menschen, so Sabine Wolf. Bernd-Christoph Matern
BUZ:
Landrat Frank Puchtler freute sich zusammen mit Uschi Rustler über die Aufnahme des Seniorenbüros „Die Brücke“ ins bundesweite Projekt „Digital-Kompass“. Foto: Kreisverwaltung




