
Freude statt Angst und Freiheit statt Zwang
Evangelische Kirchengemeinden erinnern an Reformation – Dekanin Janott: Von Ängsten nicht bestimmen lassen

RHEIN-LAHN. (28. Oktober 2022) Am Montag, 31. Oktober, feiern die evangelischen Christen im Rhein-Lahn-Kreis Reformationsfest. Die Erinnerung an Martin Luther und seine befreienden Gedanken wird zwischen Eppenrod und Lahnstein mit Festen am Tag selbst und Gottesdiensten am Vortag oder am darauf folgenden Sonntag wach gehalten. In einer Zeit zunehmender Ängste sei das wichtiger denn je, meint die Dekanin des evangelischen Dekanats Nassauer Land Kerstin Janott.
Die Theologin kann sich noch gut an einen Reformationstag in der Esterau erinnern, wo sich die Kirchengemeinden schon traditionell zum gemeinsamen Feiern in Eppenrod treffen. „Am Abend haben wir mit Kindern und Eltern einen Laternenumzug auf den Straßen gemacht und an einigen Häusern geklingelt“, erzählt Janott. Diejenigen, die geöffnet haben, hätten mit gruselig verkleideten Kindern gerechnet, die „Süßes“ verlangen und sonst „Saures“ androhen, eben in Halloween-Tradition.
„Das Erstaunen war groß, als sie stattdessen von uns Bonbons geschenkt bekamen und wir Ihnen noch ein Lied vorgesungen haben“, berichtet sie. „Tragt in die Welt nun ein Licht, sagt allen: Fürchtet Euch nicht, Gott hat Euch lieb, Groß und Klein, seht auf des Lichtes Schein“, lautete der Vers, der vor den Häusern erklang. An diesem Abend hätten sich viele Menschen über dieses „Alternativprogramm“ gefreut und für Janott wurde spürbar, um was es beim Reformationsfest geht: „Freude statt Angst. Freiheit statt Zwang. Das sind für mich zentrale Gedanken, die Martin Luther zu seiner Zeit stark gemacht hat.“
Auch heute halte sie es für wichtig, als Kirche einen Blick dafür zu haben, „welche Zwänge und Ängste uns umtreiben und uns nicht von ihnen bestimmen zu lassen“. Vielmehr gelte es, immer wieder neu gemeinsam den weiten Raum zu entdecken, „in dem wir durch das Vertrauen auf Gott unser Leben als freie Menschen gestalten können“.
In diesem Sinn bieten in diesem Jahr Kirchengemeinden an unterschiedlichen Orten vielfältige Reformationsfeste an. Einige Beispiele:
In Eppenrod erwartet die Gäste am Montag, 31. Oktober nach dem Gottesdienst in der Marienkirche, der um 18 Uhr beginnt, wieder ein buntes Markttreiben im Pfarrgarten. Neben verschiedenen Marktständen werden die Besucher mit Suppe und Würstchen, Waffeln sowie warmen und kalten Getränken und hausgemachtem Bier verköstigt. Für einen klassischen Gottesdienst mit Reformationsgedanken und unter Mitwirkung des Kirchenchores öffnet sich am Reformationstag um 19 Uhr die evangelische Kirche von Miehlen. Für die Orte im Einrich gibt es um 19 Uhr außerdem einen Gottesdienst in der evangelischen Kirche Kördorf.
„Futter mit Luther“ heißt es am gleichen Tag um 19 Uhr beim Reformationsfest in Lahnstein im Gemeindehaus in der Wilhelmstraße 53. Pfarrer Benjamin Graf wird dort als „Luther in die Bütt“ steigen, um auf Reformwürdiges aufmerksam zu machen. Die dichterisch abgewandelten Luther-Worte, Gebete und gemeinsam gesungene Lieder begleiten „Speis und Trank“ in gemütlicher Runde. Damit davon genug da ist, wird um eine Anmeldung beim Pfarramt unter Telefon 02621-2236 gebeten.
Schon tags zuvor am Sontag, 30. Oktober erinnern andere Gemeinden an die Reformation. Beispielsweise lädt die Nachbarschaft der Kirchengemeinden rund um die Loreley um 10.45 Uhr zu einem Gottesdienst nach Niederwallmenach ein, in dem der Posaunenchor Bornich mitwirkt und die Jungschar das Programm ausrichtet. Dazu zählen nach dem Gottesdienst Aktionen für groß und klein; auch fürs leibliche Wohl ist gesorgt.
An das „Septembertestament“ wird in einem gemeinsamen Gottesdienst der Kirchengemeinden Burgschwalbach, Flacht, Hahnstätten/Kaltenholzhausen und Oberneisen am 30. Oktober um 17 Uhr im evangelischen Gemeindehaus von Flacht erinnert. Dabei handelt es sich um den Urdruck von Luthers Übersetzung des Neuen Testaments in die frühneuhochdeutsche Sprache, die er auf der Wartburg fertigte. Vor 500 Jahren, am 21. September 1522, wurde es publiziert. Was es mit diesem Testament auf sich hat und was daraus wurde, erfahren die Besucher; anschließend sind sie zum Kirchenkaffee eingeladen. Alle Jahre wieder tun sich auch die Diezer Gemeinden zusammen und feiern diesmal um 18 Uhr am Vorabend das Reformationsfest in der Jakobuskirche Diez-Freiendiez. Bernd-Christoph Matern
Zu den Fotos:
Süßes statt Saures: Im Gegensatz zu den gruselnden Halloween-Gepflogenheiten bieten die evangelischen Kirchengemeinden im Dekanat vielerorts Reformationsfeiern, die an Luthers Gedanken zur Freiheit und Freude erinnern. Fotos: Matern
Reformationsfest mit Kirchenpräsident, Bischof und Sportmoderatorin
Feier für Hessen-Nassau in Mainz – Claudia Neumann spricht zur Fußball-WM in Katar
MAINZ. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) feiert den 505. Jahrestag des Thesenanschlags von Martin Luther in diesem Jahr in Mainz. Bei dem zentralen Festakt der hessen-nassauischen Kirche zum Reformationstag 2022 werden am 31. Oktober um 18 Uhr in der Christuskirche (Kaiserstraße 56) unter anderem der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung und der Bischof des Bistums Mainz, Peter Kohlgraf, erwartet. In einem Gastbeitrag will zudem die ZDF-Sportmoderatorin Claudia Neumann die umstrittene Fußball-WM in Katar wenige Tage vor dem Anpfiff einem kritischen sportethischen Blick unterziehen.
Gäste in der Christuskirche am 31. Oktober willkommen
Die Veranstaltung ist öffentlich und Besucherinnen und Besucher sind herzlich willkommen. An den Gottesdienst schiließt sich ein Empfang im Landesmuseum Mainz (Große Bleiche 49) an. Zum Festakt haben Gäste aus Gesellschaft, Kirche und Politik bereits ihr Kommen zugesagt. Der 31. Oktober 1517 gilt als Beginn der Reformation. Der damalige Mönch Martin Luther hatte an diesem Datum seine 95 glaubenskritischen Thesen veröffentlicht und in der Folge die Reformation ausgelöst.
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Foto: © ZDF/Thorsten Silz

Reformationsfest 2023: Die Freiheit steht im Fokus
Evangelische Kirchengemeinden erinnern an 31. Oktober – Dekanin Janott: Kahn Kirche auf Kurs bringen
RHEIN-LAHN. (18. Oktober 2023) Am Vorabend vor Allerheiligen im Jahr 1517 brachte Martin Luther seine 95 Thesen in Umlauf und legte damit den Grundstein für die evangelische Kirche. Am 31. Oktober jeden Jahres erinnert der Reformationstag an dieses Ereignis. „Das Reformationsfest jedes Jahr wieder zu feiern, ist für mich auch eine Erinnerung daran, dass es sich lohnt, den altehrwürdigen Kahn Kirche immer wieder neu auf Kurs zu bringen“, sagt die Dekanin des evangelischen Dekanats Nassauer Land Kerstin Janott. „Denn wir Menschenkinder segeln immer wieder gerne wild drauf los und verlieren dabei manchmal Gottes Wind aus den Segeln“, so die Theologin. Neuorientierung sei daher öfter notwendig. „Das galt zu Martin Luthers Zeiten genauso wie heute.“
In neun Bundesländern ist der Reformationstag ein arbeitsfreier Feiertag; nicht so in Rheinland-Pfalz. Aber auch dort laden viele evangelische Kirchengemeinden im Rhein-Lahn-Kreis zu Reformationsgottesdiensten ein, am Tag selbst sowie an den Wochenenden davor und danach. Dabei stehen Luthers Worte zur Freiheit eines Christenmenschen im Fokus und in diesem Jahr auch dessen Ehefrau.
„Liebe Frau Käthe Lutherin“ heißt ein Reformationsspiel, das die Dekanin im Ruhestand Renate Weigel geschrieben hat. Es ist zum diesjährigen Reformationsfest in Gottesdiensten einmal am Samstag, 28. Oktober um 17 Uhr in der evangelischen Kirche von Bornich, wo auch der Posaunenchor mitspielt, sowie am Dienstag, 31. Oktober um 18.30 Uhr in Holzhausen im Gemeindehaus zu erleben. Im Anschluss gibt es an beiden Orten „Speis und Trank“. In dem Stück geht es um die Lebensgeschichte von Martin Luthers Ehefrau Katharina von Bora. Wie ist sie aufgewachsen, wann und unter welchen Umständen dem Reformator begegnet? Wie war die Ehe? Wie ist es der Familie ergangen? Auf diese Fragen gibt es Antworten. „Wir lernen eine eigenständige tüchtige Frau kennen und dürfen neue Seiten an Martin Luther entdecken“, schreibt Weigel zu ihrem Spiel. Nicht zuletzt zeigt es auch, wie eine Frau vor 500 Jahren die evangelische Freiheit in Anspruch genommen und gelebt hat.
„Futter mit Luther“ heißt es am Dienstag, 31. Oktober um 19 Uhr in Lahnstein im evangelischen Gemeindehaus in der Wilhelmstraße 53, wohin die Kirchengemeinden Oberlahnstein, Niederlahnstein, Friedland und Braubach gemeinsam einladen. Lieder und dichterisch abgewandelte Luther-Worte rahmen das gemeinsame Essen in gemütlicher Atmosphäre. Um eine Anmeldung bis zum 20. Oktober wird gebeten unter 02621-2236 Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Reformationsgottesdienste gibt es auch an anderen Orten im Dekanat Nassauer Land. So laden die Kirchengemeinden an der unteren Aar am Reformationstag zum gemeinsamen Gottesdienst um 19 Uhr in die Nikolauskirche in Hahnstätten ein. In der Stiftskirche in Diez wird um 19 Uhr Reformationsgottesdienst gefeiert. Ebenso gibt es in Kördorf um 19 Uhr einen Gottesdienst. In der evangelischen Martinskirche Bad Ems wird um 19 Uhr ebenfalls Reformation gefeiert, anschließend gibt es einen Stehempfang. In Miehlen beginnt der Reformationsgottesdienst unter Mitwirkung des Kirchenchores um 19 Uhr.
Das Thema Reformation steht außerdem am Sonntag vor oder nach dem Reformationstag im Mittelpunkt der Gottesdienste. Unter anderem wird in Nassau in der Johanniskirche am Sonntag, 5. November um 10.15 Uhr in einem Kunterbunt-Gottesdienst an Luthers Wirken erinnert.
Zu den Fotos:
Auf der Wartburg in Eisenach übersetzte Luther die Bibel. Renate Weigel beleuchtet in einem Reformationsspiel das in Bornich und Holzhausen zu sehen ist, das Leben von Katharina von Bora, der Ehefrau Luthers. In Lahnstein wird zum Essen mit Lutherworten eingeladen. Fotos: becrima