
Christi Himmelfahrt 2024
Auf Erden den siebten Himmel erleben
RHEIN-LAHN. (8./9. Mai 2024) Am Donnerstag ist Christi Himmelfahrt. Ein gerade für jüngere Ohren seltsam anmutender Name für einen Feiertag. Für Christen bedeutet dieser Tag die Rückkehr Jesu zu seinem Vater als Sohn Gottes. Was Jahrhunderte im Glaubensbekenntnis traditionsgemäß heruntergebetet wurde, lässt heutige Generationen eher amüsiert als ungläubig die Nase rümpfen. Dem heutigen „Vatertag“ bei einem Ausflug ins Grüne zu huldigen, klingt da doch wesentlich verständlicher und einladender. Das Eine muss das Andere nicht ausschließen. Das zeigen etwa viele Gottesdienste im Grünen, die unten aufgeführt sind.
„Aufgefahren in den Himmel“ – so beten Christen in jedem Gottesdienst und erinnern damit an den Feiertag. Aber welcher Himmel ist damit gemeint? Der über uns, den längst Flugzeuge und Raumschiffe erobert haben? Vielleicht eher jener Himmel auf Erden, den zum Beispiel Sportler nach einem Sieg empfinden, frisch Verliebte, die sich begegnen oder den ein Lieblingslied beschert? Ganz im Sinne der aus der Bibel stammenden Redensart, die vom „Siebten Himmel“ spricht oder auf „Wolke Sieben“ schweben lässt? Warum tut sich selbst manch gläubiger Christ mit dieser Zeile des Glaubensbekenntnisses so schwer, wo doch die mehr als 2000-jährige Tradition dieses Feiertages ungleich größer ist als die eines „Vatertages“, der erst in jüngster Zeit eher als gastronomisches Marketingprojekt ersonnen wurde?
Der Mensch neigt dazu, transzendente Erfahrungen und Wahrnehmungen aus seiner unmittelbaren und rationalen Umgebung in eine für ihn nicht mehr sichtbare Region zu verlagern. Das „Übersinnliche“, der Glaube, wird ins Reich, das über dem Menschen liegt, bugsiert. Da kommt ihm der Himmel gerade recht, denn der war über Jahrhunderte unerreichbar weit weg. Mit dem Beginn der Luftfahrt, ganz zu schweigen von Weltraummissionen, hat sich das schlagartig verändert, was verständlich macht, dass der Begriff von „Christi Himmelfahrt“ heute ganz andere Assoziationen hervorruft als noch vor 200 Jahren.
Umso wichtiger, dass die Christenheit ihren Gott nicht als alten Mann mit weißem Bart oder Frau mit Locken beschreiben, die im weit entfernten Himmel wohnen oder thronen. Nein, für Christen wohnt Gott auf der Erde, mitten unter uns. Vielleicht in einer unserer schönen Kirchen, die teilweise auch auf evangelischer Seite an Rhein und Lahn im Sommer wieder für einen Besuch offen stehen. Aber hoffentlich wohnt er nicht nur dort, sondern auch als Begleiter in unseren Häusern, auf Straßen und Plätzen, wo sich Menschen begegnen, oder in der Natur, die sich jetzt wieder von seiner blühenden Seite zeigt und zu vielen Ausflügen nicht nur Väter einlädt. Gott wohnt im Miteinander von Menschen. Er mag auch an einem wolkenfreien Abend beim Blick in den Kosmos begreifbar werden, nicht weil er mit einem Teleskop zu erkennen wäre, sondern weil er im Betrachter wirkt. Das vermag er sicher auch während eines Spaziergangs durch seine wundervolle Schöpfung, deren Schutz gerade im Mittelpunkt der aktuellen Impulspost der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau „Die Erde braucht Talente“ steht. Das klappt dann am besten, wenn man hinaus geht, sie entdeckt, kennen und lieben lernt. Denn für das, was man schätzt, setzt man zum Schützen auch gern seine Talente ein.
Sicher waren viele Menschen mit der Drohung, dass ihnen ein unbekanntes göttliches Wesen von einem unbekannten – himmlischen – Ort aus strafend auf die Finger schaut, einzuschüchtern. Die Geburt, das Leben, Leiden und die Auferstehung Jesu hat diesen Drohglauben beendet, hat die abstrakte Angst in die liebende Gegenwart des Schöpfers auf dieser Erde verwandelt. Diese letzte reale Begegnung Christi mit seinen Jüngern 40 Tage nach Ostern, an die der Feiertag erinnert, ist für Christen nicht mit der Vorstellung verbunden, dass der Auferstandene die Erde auf unerklärliche Weise ins Weltall verlassen hat. Vielmehr ist es die Überzeugung, dass er mit Gott und dessen Heiligem Geist weiterlebt – hier auf der Erde, in liebenden Herzen, im verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung, im gnädigen Dienst an Menschen, die Hilfe brauchen.
Das ist der Grund, warum (nicht nur) für Christen heute ein arbeitsfreier Feiertag ist, einer, an dem auch die meisten Väter nicht arbeiten müssen, sondern sich gut und gerne feiern lassen können, wenn ihnen denn danach ist. Das ist der Grund, um mit einem Lied aus dem Evangelischen Gesangbuch plus (EG+155) und im katholischen Gotteslob (GL 467), einem ehemaligen Weihnachtslied aus dem Jahr 1697, zu singen: „Auf Erden hier unten, im Himmel dort oben: Den gütigen Vater, den wollen wir loben“.
Bernd-Christoph Matern
Hier einige der Freiluftgottesdienste an Himmelfahrt im Rhein-Lahn-Kreis, die der evangelischen Öffentlichkeitsarbeit Rhein-Lahn mitgeteilt wurden:
Marienfels, ab 10 Uhr: Himmelfahrtsgottesdienst am Sauerbrunnen ab 10 Uhr
Weisel, ab 11 Uhr: „Gottesdienst im Freien“.
Weidenbach, ab 10.30 Uhr: ökumenischen Gottesdienst im Grünen an der Grillhütte
Klingelbach, ab 10.30 Uhr: „Open-Air-Gottesdienst“ an der Grillhütte.
Braubach, ab 11 Uhr: ökumenischer Freiluftgottesdienst in der „Scheune“ (Nähe Hif Bissingen) mit dem Posaunenchor.



Hiam Abu-Dayeh, eine christliche Palästinenserin aus Beit Jala bei Bethlehem in der Westbank, schilderte auf Einladung der Ökumene-Pfarrerin des evangelischen Dekanats Nassauer Land Antje Müller in der Brunnenhalle Bad Ems die aktuelle Situation in den palästinensischen Gebieten. „Ohne meinen Glauben an Gott könnte ich nicht weiterleben, wäre ich hoffnungslos“, zog sie am Ende ihres Vortrags Bilanz. „Aufgeben ist keine Lösung. Dazu gibt mir der Glaube Kraft.“ Die aus ihm zeugende Hoffnung müsse sie an die Kinder weitergeben, sagte Abu-Dayeh. Konkret sind das Kinder, die in „Abrahams Zelt“, einem Sozialprojekt in der Evangelisch-Lutherischen Reformationskirche in Beit Jala, betreut und unterrichtet werden. Sie stammen aus sozial benachteiligten Familien. Ihnen werden ohne Ansehen der Konfession und Religion Hausaufgaben-Betreuung, Lernhilfen und kindgerechte Aktivitäten angeboten. Die studierte Sozialarbeiterin und Psychologin, die auch einige Jahr als Reiseleiterin arbeitete, leitet das Projekt seit vier Jahren und weiß: „Bildung ist so wichtig“.
„Ich erinnere mich noch, wie wir 1993 vor Freude und Hoffnung gejubelt haben“, blickte sie zurück auf die Unterzeichnung eines Selbstverwaltungsabkommens, an der US-Präsident Bill Clinton und die später ermordeten Jitzchak Rabin als damaliger Ministerpräsident Israels und PLO-Führer Jassir Arafat teilnahmen. „Aber es hat uns nichts gebracht.“ Trotz der aktuell existenziellen Sorgen will sie aber die Hoffnung auf Verständigung und ein friedliches Miteinander von Juden, Christen und Muslimen nicht aufgeben. Es brauche eine Zwei-Staaten-Lösung, auch wenn der Platz für ein Palästina immer kleiner werde. „Wir brauchen einander. Israel braucht die Palästinenser, Palästinenser brauchen Israel“, beschrieb Abu-Dayeh die wirtschaftliche Abhängigkeit voneinander. „Das Glück des einen Volkes hängt vom Glück des anderen Volkes ab.“, zitierte sie die Vision von Pfarrer Jadallah Shihadeh, dem einstigen Gründer von Abrahams Herberge, einer Begegnungsstätte für überwiegend junge Christen, Muslime und Juden, von der auch Abrahams Zelt ins Leben gerufen wurde.
Drei Wochen vor Weihnachten stellte die Christin fest: „Bethlehem ist tot“. Sie bezog das vor allem auf den touristischen Einbruch, auf den die Menschen in der Geburtsstadt von Jesus wirtschaftlich angewiesen sind. Umso mehr liege ihr am Herzen, die christlichen Händler, die noch in der Stadt geblieben sind, durch den Verkauf von Schnitzereien zu unterstützen, wovon die Besucher in Bad Ems reichlich Gebrauch machten. An christliches Hoffen und die gegenseitige Abhängigkeit erinnerte Dekanin Kerstin Janott, die den Abend moderierte: „Wir sind als Menschen alle aufeinander angewiesen.“

