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Wilfried Steinke freut sich nach 35 Jahren auf „Unruhestand“

Bornichs Gemeindepfarrer zieht in den Westerwald, will aber der Seelsorge auch im Rhein-Lahn-Kreis treu bleiben

RHEIN-LAHN. (5. Januar 2020) Nach 35 Dienstjahren tritt Bornichs Gemeindepfarrer Wilfried Steinke mit Jahresbeginn in den Ruhestand. Die ursprünglich geplanten Abschiedsgottesdienste wurden aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt und auf Frühjahr oder Sommer verschoben, wenn sich die Lage – hoffentlich – etwas entspannt hat. Der 63-Jährige hätte sich zwar einen schöneren Abschied vorgestellt, schaut aber trotzdem mit großer Dankbarkeit auf seine Amtsjahre, von denen er die meisten im Westerwald und im Rhein-Lahn-Kreis absolvierte. Außerdem will er von seinem neuen Wohnort aus Seelsorge und Verkündigung auch als Pensionär treu bleiben.

„Ich würde diesen Beruf immer wieder ergreifen“, sagt Steinke, wenngleich er an seinen Wirkungsstätten durchaus Höhen und Tiefen begleitet hat und weiß, dass ein Pfarrersleben nicht nur eitel Sonnenschein bedeutet. „Freude gemacht hat mir am allermeisten die Begleitung von Menschen in zahlreichen seelsorgerlichen Zusammenhängen, vor allem in Trauerfällen, aber auch bei Taufen, Hochzeiten und Konfirmationen. Diese Begegnungen waren für mich Highlights, die ich nicht missen möchte.“ Der Konfirmandenunterricht, der ihm ausgerechnet in jungen Jahren „eher lästig“ war, wurde mit zunehmendem Alter und mit zunehmenden Verständnis für die Jugendlichen zur Freude, „wenn es auch hin und wieder schwierige Konfirmandenjahrgänge gab“.

Aufgegangen ist er in der Vorbereitung und der Feier von Gottesdiensten aller Art. Umso schmerzlicher die Corona-Pandemie: „Es war schrecklich, keine Osternachtsfeier und keinen Gottesdienst zu Ostern halten zu dürfen, ebenso erging es mir an Weihnachten.“ Aber der Besuch hat in den vergangenen Jahrzehnten ohnehin drastisch abgenommen. Steinke hofft, dass die Gemeindeglieder durch die Krise wieder merken, wie wertvoll Gottesdienste eigentlich sind.

Nach dem Theologiestudium in Frankfurt, Göttingen und Marburg war Langenhain, ein Stadtteil von Hofheim im Taunus, seine erste Pfarrstelle, wo er Hermann Alves kennen lernte, den er als pensionierten Dekan später in Bad Ems wieder traf. Es folgte ein fünfjähriger Dienst in Groß-Gerau, bis er schließlich 1995 nach Selters wechselte. Elf Jahre blieb er dort. „Diese Zeit war für mich sehr prägend“, blickt Steinke zurück. „Da ist mir insbesondere die Zusammenarbeit mit den beiden Kitas in guter Erinnerung geblieben.“ Highlights waren dort das wertschätzende zehnjährige Dienstjubiläum und natürlich die kirchliche Trauung mit seiner Frau Christa Wennhak, mit der er jetzt an seinem neuen Wohnsitz in Großholbach den neuen Lebensabschnitt genießen will. Nach einem vierjährigen Dienst in Bad Ems, wo er sich gern stärker in den Erhalt der Kaiser-Wilhelm-Kirche eingebracht hätte, führte ihn sein Weg Ende 2009 zurück in den Westerwald nach Wirges. Dort begleitete er die Renovierung des in die Jahre gekommenen Gemeindezentrums zu einem attraktiven Treffpunkt für die lebendige Gemeinde.

In Bornich betrat Steinke mit der Bildung einer Gesamtkirchengemeinde Loreley noch einmal kirchliches Neuland, über das er sehr froh ist. Es erhöhe nicht nur die Chance auf eine Wiederbesetzung der Pfarrstelle, wenn es statt fünf nur noch zwei Kirchenvorstände gibt, die Verantwortung für die ganze Region übernehmen. Es tut ihm etwas leid, dass er den Weg der Zusammenarbeit der Rheingemeinden nur aus der Ferne beobachten kann. „Mir war und ist die Kooperation der Gemeinden ganz wichtig. Es ist ein guter Weg für die Zukunft. Kirche in der Region wird dadurch sichtbar“, war er bereits überzeugt, als er von 2011 bis 2016 als stellvertretender Dekan im damaligen Dekanat Selters an entsprechenden Zukunftsweichen mitarbeitete.

Auch wenn ihn stört, dass Kirche oft zu viel Zeit mit Strukturdebatten und Ressourcenverwaltung verbringt – wie sie sich in gesellschaftspolitischen Fragen einbringt und Position bezieht, gefällt ihm sehr gut. So engagierte er sich selbst 1998 vehement um den Erhalt des Buß- und Bettags, wenn auch vergeblich. Erfolgreicher sein Einsatz für Hilfsbedürftige. 2015 gewährte er mit großer Unterstützung in Wirges einem syrischen Flüchtling Kirchenasyl, mit dessen Familie er heute noch guten Kontakt hat, und 2017 fand in Niederwallmenach ein Flüchtling aus Eritrea Kirchenasyl; Beispiele, wie christliche Nächstenliebe über das Wort hinaus zur Tat wird.

Drei Konstanten gibt es im Rückblick auf die 35 Dienstjahre. Erstens ist da die wohltuende Zusammenarbeit mit den evangelischen Kindertagesstätten an all seinen Stationen, für Steinke eine der wichtigsten Zukunftsinvestitionen evangelischer Kirche. Zweitens empfand er Seelsorge sowohl im Pfarramt als auch mit Sonderdiensten immer als elementare Stärke für sich und Kirche insgesamt. Im Jahr 2000 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Notfallseelsorge (NFS) im Westerwaldkreis. „Erste Hilfe für die Seele – die muss erhalten bleiben.“ So sprang er vorübergehend als Vertreter für die erkrankte Leiterin ein, etwa beim Absturz der German Wings-Maschine 2015, die den Westerwald hart traf. Mit dem Wohnsitz nahe am Rhein-Lahn-Kreis will er im NFS-Team Rhein-Lahn weiter mitarbeiten. Kontakt hat Steinke schon mit der Telefonseelsorge Koblenz aufgenommen, um dort künftig ein offenes Ohr für Hilfesuchende zu haben. Und wenn auf der Kanzel oder bei Kasualien Not am Prediger und Seelsorger ist, steht der Pensionär ebenfalls bereit.

Drittens hat er an seinen Dienstorten zusammen mit seiner Frau immer gern in den örtlichen Chören mitgesungen aus Liebe zur Kirchenmusik und den Menschen in den Chorgemeinschaften. Und dieses Hobby soll auch im kommenden (Un-)Ruhestand nicht zu kurz kommen. Bernd-Christoph Matern

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In der evangelischen Kirche von Bornich entstand das Abschiedsfoto von Wilfried Steinke. Der Theologe hofft, im Frühjahr oder Sommer dort auch einen Abschiedsgottesdienst nachholen zu können. Foto: Matern

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Willkommenskreis Diez freut sich über Brückenpreis

Malu Dreyer lobt bei Video-Verleihung Integrations-Ansatz und Engagement nicht nur während Coronakrise

DIEZ/MAINZ. (14. Januar 2021) Lob von höchster Stelle gab es für den Diezer Willkommenskreis und sein großartiges Engagement auch während der Corona-Krise. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer zeichnete die Initiative zzum Ende des vvergangenen Jahres während einer Video-Konferenz für ihr bürgerschaftliches Engagement von Deutschen und Migrantinnen und Migranten mit dem Brückenpreis 2020 aus und freute sich sehr über die Entscheidung der Jury.

Insgesamt 70 Bewerbungen gingen für den letztjährigen Wettbewerb ein. Der Willkommenskreis hatte sich auf die entsprechende Ausschreibung im Sommer 2020 mit dem Projekt „Nachbarschaftshilfe Willkommenskreis und Foodsharing Diez/Limburg“ beworben und dabei in ihrer Kategorie den mit 1000 Euro dotierten ersten Preis bekommen. „Wir sind überglücklich und freuen uns mit allen ehrenamtlichen Helfern und Foodsharing. Denn nur durch sie ist dieser Preis zustande gekommen“, freute sich die Leiterinn des Kreises Christiane Beule während der außergewöhnlichen Preisverleihung, die per Live-Stream übertragen wurde.

Zuvor wurden von den Gewinnern in den sieben Kategorien Imagefilme gezeigt, um die Arbeit vorzustellen. Den sehenswerten Beitrag über den Diezer Willkommenskreis finden Sie hier. Ministerpräsidentin Malu Dreyer konnte sich darüber hinaus aber auch noch gut an ihren Besuch in Diez erinnern, als sie im Mai unter strengen Hygiene-Regeln auf ihrer Ehrenamtstour den Willkommenskreis besuchte. Schon damals zeigte sich Dreyer beeindruckt von der Vielfalt und dem Herzblut, mit dem sich die Menschen im Willkommenskreis engagieren. „Ich finde den Ansatz ihres Projekts noch heute ebenso überzeugend wie damals“, so die Ministerpräsidentin. Dass Flüchtlinge auch etwas zurückgeben und sich in die Gesellschaft einbringen können, sei eine Win-Win-Situation, die Integration möglich mache.

Gerade das soziale Engagement und Durchhaltevermögen während der Corona-Krise sowie die Nachhaltigkeit des Tuns wurden gewürdigt. So halfen etwa Geflüchtete den einheimischen Senioren, die sich keine Lebensmittel im Markt kaufen konnten, und so entstanden Freundschaften. „Das Miteinander unter den Migrantinnen und Deutschen ist so super gelaufen, dass der Preis auch wirklich verdient ist“, betonte Beule voller Stolz und er sei eine wichtige Wertschätzung aller ehrenamtlichen Hilfe, die dort velfältig geleistet werde. „Diese Ehrenamtlichen, die wir da haben, das funktioniert einfach genial.“ Und dabei spiele die Herkunft und Nationalität überhaupt keine Rolle.

Der Willkommenskreis Diez startete 2013 als ehrenamtliche Organisation zur Integrationshilfe für ankommende Flüchtlinge und hat sich inzwischen regional etabliert und weiterentwickelt. „Mittlerweile helfen wir dort, wo Hilfe benötigt wird. Aus den ehemals hilfebedürftigen Flüchtlingen sind, gerade während der Corona-Pandemie, wichtige Helfer geworden, die nun Hand in Hand mit anderen Ehrenamtlichen anpacken“, so Beule. Es entstand gerade in den vergangenen Corona-Monaten eine unglaubliche Nachbarschaftshilfe: Es wurden Lebensmittel an Bedürftige, Corona-Kranke, Senioren, Risikopatienten ausgeliefert, insgesamt 3000 belegte Brötchen für Obdachlose geschmiert. Nach der Schließung der Tafeln Diez und Limburg, die erst im Sommer wieder öffneten, wurden die komplette Lebensmittelverteilung gemeinsam mit foodsharing übernommen, 1500 Masken genäht, online-Hausaufgabenhilfen angeboten, ein Krisentelefon eingerichtet und eine „Herzenspost“-Aktion ins Leben gerufen, bei der sich Kinder und Senioren gegenseitig Briefe schreiben konnten, um nur einen Teil des vielfältigen Engagements zu nennen, das mit dem Brückenpreis ausgezeichnet wurde. (bcm)

Die Preisverleihung kann hier noch einmal angeschaut werden.

Einen Bericht über den Besuch von Malu Dreyer vom Mai 2020 finden Sie hier.

Mehr Infos zum Diezer Willkommenskreis finde Sie hier.

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Willkommenskreis sorgt für schöne Osterüberraschung

Mehr als 40 Kinder stürmten Diezer Stadtwald zur fröhlichen Suche

DIEZ/RHEIN-LAHN. (11. April 2023) Mehr als 40 Kindern unterschiedlichster Nationen bereitete der Diezer Willkommenskreis eine große Osterfreude. Sie schwirrten in den Diezer Stadtwald Hain aus und machten sich auf die Suche nach süß gefüllten Ostertaschen.

Schon Wochen vorher hatten Frauen aus allen Ländern in den Räumen des karikativen Secondhandladens „Wiedergeliebt“ Ostertaschen aus Stoffresten für die Kinder genäht. Die Kinder selbst bastelten Namensschilder, damit sie ihre Tasche im Hain wiederfinden, dann allerdings mit Inhalt. Die Vorfreude auf die gefüllten Taschen war riesig. Entsprechend begeistert stürmten die Kinder los, ihre Taschen zu finden. Wer sich damit schwertat, bekam Unterstützung von den anderen, bis jedes Kind mit strahlenden Augen einen Osterhasen in Händen hielt.

Anschließend gab es noch tolle Spenden. Willkommenskreis-Koordinatorin Christiane Beule bedankte sich bei den Diezer Lions, bei Foodsharing sowie den fleißigen Nähmüttern für die Unterstützung.

Hier finden Sie mehr Informationen zum Diezer Willkommenskreis.

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Hübsche Osterhasentaschen fanden die Kinder im Diezer Hain. Foto: Willkommenskreis

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Winterkirche: Gemeinde- statt große Gotteshäuser heizen

Viele Kirchengemeinden wollen mit Verlagerung bis zum Frühlingsbeginn Energie einsparen

 NASSAU/RHEIN-LAHN. (30. Januar 2023) In vielen evangelischen Kirchengemeinden im Rhein­-Lahn-Kreis gibt es zum Beginn des neuen Jahres einen Ortswechsel für die Gottesdienste von den Kirchen in die leichter beheizbaren Gemeindehäuser. So soll angesichts des durch den Krieg in der Ukraine ausgelösten Gasmangel Energie gespart. Unabhängig vom akuten Energiemangel wird darüber hinaus auch die Bewahrung der Schöpfung vorangetrieben. Dafür hatte die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) bereits vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine das Förderprogramm „Energiemission“ aufgelegt.

Ein Beispiel von vielen: Die evangelische Kirchengemeinde Nassau. Dort hat Mitte Januar die Saison der „Winterkirche“ begonnen. Konkret werden die Gottesdienste, die eigentlich in der Johanniskirche gefeiert worden wären, bis zum 26. März ins Gemeindehaus Haus Beielstein in Nähe des Bahnhofs verlegt oder auch in den Versammlungsraum der Stiftung Scheuern. „Auch wir müssen in diesen Zeiten Energie sparen – und trotzdem sollen Sie nicht frieren“, informierte der Kirchenvorstand im Gemeindebrief über den winterlichen Ortswechsel zwischen Januar und Ostern. Die beiden Alternativen zur Kirche lassen sich besser und sparsamer heizen als das große Gotteshaus.

So wird beispielsweise der Gottesdienst „Kunterbunt“ im Februar und März in der Stiftung Scheuern gefeiert. Alle anderen Gottesdienste, die zwischen 22. Januar und 26. März normalerweise in der Kirche stattfinden, werden ins Haus Beielstein verlegt. „Hier kann nach dem Gottesdienst auch ein Kaffee angeboten werden“, informiert der Kirchenvorstand. Der Gottesdienst am 4. Sonntag im Monat wird gemeinsam mit dem Kindergottesdienst begonnen, der dann in den oberen Räumen fortgesetzt wird.

Doch das ist nicht der einzige Weg für die Kirchengemeinde einen Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung zu leisten. Sie beteiligt sich außerdem an dem Projekt Energiemission der evangelischen Landeskirche. Ziel der Energiemission ist es, unnötige Verbräuche von Heizung, Strom und Warmwasser zu erkennen und zukünftig zu vermeiden. Dazu erhält die Kirchengemeinde eine professionelle Energieberatung und wird vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung in Mainz begleitet. Im Rahmen des zweijährigen Projekts wird eine Maßnahmen- und Prioritätenliste erstellt, um den Energieverbrauch – und nebenbei auch die Energiekosten – zu reduzieren. Zudem gibt es einen 50-Prozent-Zuschuss in Höhe bis zu 2000 Euro für die Umsetzung der Sparmaßnahmen.

Im Herbst vergangenen Jahres hatte die EKHN ihre Gemeinden angesichts der Gasknappheit zum Energiesparen aufgerufen. In einem Rundschreiben, das an mehr als 1000 Kirchengemeinden und EKHN-Einrichtungen ging, wurde darum gebeten, aufgrund der „besonderen Lage und in Solidarität mit der Ukraine in allen Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen Energie einzusparen und so einen Beitrag zur Energieversorgungssicherheit zu leisten“. 

Für viele Kirchengemeinden im Evangelischen Dekanat Nassauer Land stellt sich nicht erst seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine die Frage, wie sie Energie sparen und damit den eigenen Etat entlasten und die Schöpfung bewahren können. In Singhofen wird bereits seit vielen Jahren im Winter mit Ausnahme von Advent und Weihnachten vom Einrichdom ins Gemeindehaus umgezogen, um Heizkosten zu sparen. Corona-Pandemie und explodierende Heizkosten bringen nun zusätzlich Bewegung in Sachen Winterkirche innerhalb des Dekanats. Bernd-Christoph Matern

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Die Nassauer Johanniskirche, hier im winterlichen Ensemble mit Burg und Regionalverwaltung, braucht mehr Energie, um geheizt zu werden als das Gemeindehaus. Deshalb werden nicht nur in der Freiherr-vom-Stein-Stadt bis zum Frühlingsbeginn die Gottesdienste in Gemeindesäle verlagert. Foto: Matern

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Zu Advent und Weihnachten 2021

Wir bleiben mit- und füreinander auf dem Weg

Gedanken von Dekanin Renate Weigel

R Weigel 15RHEIN-LAHN. (21. Dezember 2021) Noch drei Tage, bis die Weihnachtszeit beginnt. In einem vom Corona-Virus geprägten Alltag hat die Dekanin des evangelischen Dekanats Nassauer Land Renate Weigel die folgenden Zeilen geschrieben:

Solange ich denken kann, habe ich die Hoffnung, dass der morgige Tag besser wird. Nächste Woche wird es ruhiger! Und im neuen Jahr werde ich weiser, gelassener und besser leben! Offensichtlich irritiert es mich nicht nachhaltig, dass diese Hoffnung im Alltag regelmäßig auf der Strecke bleibt. Wie ein Steh-Auf-Frauchen ist sie immer wieder da.

Das Corona-Virus stört diese Hoffnungsdynamik. Wir versuchen schon so lange alles dafür zu tun, dass es zurückweicht. Aber Corona entzieht sich, entwickelt neue Varianten, durchbricht unsere Sicherungssysteme. Das macht müde.

Abends lese ich das Buch „Oliven und Asche“ (2017). International renommierte Schriftstellerinnen und Schriftsteller sind für eine Zeit in die Gebiete der Palästinenser gegangen und haben anschließend aufgeschrieben, was sie erlebt haben. Die Situation der Menschen hinter der Mauer in Israel bewegt sich schon seit Jahren nicht mehr. Alltägliche Demütigungen machen mürbe und oder aggressiv. Kinder und Jugendliche haben keine Perspektive. Die Welt blickt, wenn überhaupt, relativ gleichgültig auf die Situation. Was soll man auch tun?

Neben den Motiven von Banksy – gelobt sei er! – findet sich auf Häuser- und Grenzmauern häufiger das arabische Wort „sumud“. „Sumud“ bedeutet: Wir weichen nicht! Wir bleiben hier! Trotz allem bleiben wir hier!

Heb in den Himmel co Renate WeigelDen Gedanken kennen wir auch aus der Bibel: „Dennoch bleibe ich stets an dir.“ (Psalm 73). Angesichts von Corona gilt „sumud“: Wir bleiben! Wir bleiben Christenmenschen. Wir bleiben in der Kirche. Wir bleiben beauftragt. Wir bleiben miteinander und füreinander auf dem Weg. Wir bleiben im Gebet. Ob es Lockdowns, Durchbrüche, Triagen geben wird, ob die Stimmen der Unzufriedenen im Land immer lauter werden, wir bleiben.

Und wir feiern Weihnachten. Ja, mit Gottes Hilfe!

Gestern entdeckte ich beim Spazierengehen Gänseblümchen am Wegrand. Ein wenig zerzaust blühen sie doch.

Dass wir so verletzlich und kränkbar und vergänglich sind, wussten wir schon. Es gibt nichts festzuhalten. Was ich festhalten kann, ist vergänglich. Was unvergänglich, kann ich sowieso nicht festhalten. Im Übrigen haben wir in den vergangenen Monaten gelebt, geliebt, gearbeitet, gelacht, gebetet … Danke, Gott!

Ich danke auch allen, die in den vergangenen Monaten an irgendeiner Stelle verlässlich da waren, unterstützt und mitgeholfen haben. Danke Ihnen, dass Sie das Handtuch nicht geworfen haben! Wir brauchen einander doch!

Für die nächsten Tage und Wochen wünsche ich Ihnen stille Engel an die Seite.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie Segen erfahren.

Ich wünsche Momente, in denen es genug ist, einfach nur da zu sein.

Gott lasse sein Angesicht leuchten über Ihnen!

Und wer weiß, vielleicht wird es morgen besser… !

Renate Weigel, Dekanin Nassauer Land

 

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