WegeAusDerGewalt Flyer110925 becrima

Wege aus der Gewalt: Wichtige Hilfen auf einen Blick

Bündnis „FrauenSchutz“ gibt für Rhein-Lahn-Kreis Flyer mit Rufnummern und Beratungsstellen heraus

 RHEIN-LAHN. (24. Oktober 2025) „Wege aus der Gewalt – Hilfe für Frauen und deren Angehörige aus dem Rhein-Lahn-Kreis“. Das ist der Titel eines Flyers, den das Bündnis „FrauenSchutz“ Rhein-Lahn jetzt herausgegeben hat. Das Info-Blatt, das auch im Internet heruntergeladen werden kann, listet in kompakter Form die wichtigsten Telefonnummern und Institutionen auf, an die sich Betroffene wenden können. Hier können Sie den Flyer herunterladen.

Zwei Dutzend hilfreiche Kontaktdaten finden sich in dem sechsseitigen Flyer. Das reicht von der „110“ in akuten Bedrohungssituationen über das Hilfetelefon „116016“, an das sich von Gewalt betroffene Frauen auch anonym in verschiedensten Sprachen rund um die Uhr wenden können, bis hin zu regionalen Kontakten der Fachberatungsstellen und Frauenhäuser. Opferschutz-Adressen, vertrauliche Hilfen nach Vergewaltigungen, Kinderinterventionsstellen sowie Beratung für Frauen mit Flucht- und Migrationserfahrung finden sich darin. Aber auch Hilfsangebote für von Gewalt betroffene Männer gibt es in der Publikation. „Das war uns wichtig“, sagte Ann-Kristin Fangmann während der Präsentation. Die Studentin für Sozialwesen gestaltete im Rahmen eines Praktikums im Haus der Familie der Verbandsgemeinde Aar-Einrich den Flyer. Ein eigenes Logo fürs „Bündnis FrauenSchutz“ in Orange steuerte das Kulturhaus Kreml bei.

„Durch die regionale Aufteilung des Flächenlandkreises Rhein-Lahn und unterschiedliche Bereichszugehörigkeiten sind die Expertinnen und Experten der Beratung untereinander wenig vernetzt. Ziel ist es, betroffenen Frauen schnell, kompetent und koordiniert Hilfe aufzeigen zu können und die Zusammenarbeit der Beratungsstellen sowie aller Fachkräfte, die mit dem Thema befasst sind, nachhaltig zu stärken“, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte Dorothee Milles-Ostermann. „Wir haben hier kein Frauenhaus, und auch die zuständigen Beratungs- und Interventionsstellen befinden sich entweder in Koblenz oder Westerburg.“ Aus dieser Situation heraus entstand als Arbeitskreis des Frauennetzwerks Rhein-Lahn das Bündnis „FrauenSchutz“, das sich 2024 dem Thema „Nein zu Gewalt an Frauen“ verschrieben hat mit entsprechendem Austausch und Aufklärungsarbeit. Gewaltsame Übergriffe, gerade im häuslichen Umfeld, seien auch an Rhein, Lahn und Aar an der Tagesordnung, so Milles-Ostermann. Wie weltweit stiegen auch im Landkreis die Zahlen von Gewalt in engen sozialen Beziehungen. „Die Formen sind dabei vielfältig und reichen von leichter körperlicher, psychischer, digitaler und ökologischer Gewalt bis hin zu schwerer physischer Gewalt, die in extremen Fällen bis zur Tötung der Frau geht“, informiert der Flyer.

Dass mit der Publikation in gedruckter wie digitaler Form eine große Lücke des Informationsbedarfs im Rhein-Lahn-Kreis geschlossen wird, bekräftigt Beate Schmittel, Referentin für Gesellschaftliche Verantwortung und Bildung im evangelischen Dekanat Nassauer Land: „Der Flyer unterstützt Frauen in sehr belastenden Situationen und gibt auch den Beratenden im Kreis Handlungssicherheit“. Das Info-Blatt sei neben einer Reihe anderer gemeinsamer Veranstaltungen ein sichtbares und wirksames Instrument für den Anspruch des FrauenNetzes Rhein-Lahn. Das bildete sich bereits nach der Corona-Pandemie und entwickelte Jahresthemen wie etwa „Nein zu Gewalt an Frauen“ 2024. Dieses Jahr wurden „Familie und Beruf“ in den Fokus gerückt, im kommenden Jahr die Persönlichkeitsentwicklung. „Der Aufbau von unterstützenden, gemeinwohlorientierten Netzwerken ist ein Ausdruck gelebter Nächstenliebe“, so Schmittel.

Wichtig ist den Initiatorinnen, dass die Informationen des Flyers jetzt breit im Kreis gestreut werden. So bei eigenen Veranstaltungen wie dem kommenden Tag „Nein zu Gewalt an Frauen“ am 25. November im Kreml in Zollhaus oder auch unter Rettungskräften, vor allem aber im öffentlichen Raum wie Gaststätten oder Clubs. Bernd-Christoph Matern

Zum Foto:

Das Bündnis FrauenSchutz hat erstmals einen Flyer herausgebracht, der betroffenen Frauen und Angehörigen im Rhein-Lahn-Kreis Wege aus der Gewalt aufzeigt. Von rechts: Ann-Kristin Fangmann, die den Flyer gestaltete, Beate Schmittel (Dekanat Nassauer Land), Manja Al Refai (Verbandsgemeinde Aar-Einrich), Dorothee Milles-Ostermann (Kreisverwaltung Rhein-Lahn) und Silke Löhr (Kulturhaus Kreml). Foto: Matern

A HCG270119Feature becrima  

Israel-Sonntag macht Hoffnung wider alle Hoffnung

Ökumene-Referentin des Dekanats erinnert in Frücht an jüdischen Dichter – Lieder, Gebete und Segen in hebräischer Sprache

FRÜCHT/RHEIN-LAHN. (25. August 2020) „Freunde, dass der Mandelzweig“ heißt ein Lied im evangelischen Gesangbuch, das Schalom Ben Chorin (1913 - 1999) gedichtet hat. Es stand im Mittelpunkt eines christlich-jüdischen Gottesdienstes zum diesjährigen Israel-Sonntag, zu dem Pfarrerin Antje Müller, Ökumene-Referentin des evangelischen Dekanats Nassauer Land, gemeinsam mit der Gesamtkirchengemeinde Frücht-Friedrichssegen nach Frücht eingeladen hatte.

Müller, die schon seit einigen Jahren mit Vertretern jüdischen Glaubens wie Wolfgang Dorr, Christoph Simonis und dem Musikerduo Odelia Lazar/Michael Wienecke Gottesdienste zu Israelsonntagen und Holocaustgedenken feiert, erinnerte daran, dass in diesem Jahr der 1700-jährigen Geschichte jüdischen Lebens in Deutschland gedacht wird. „Die Geschichte des jüdisch-christlichen Zusammenlebens war im Laufe der Jahrhunderte sehr wechselhaft. Dunkle Epochen der Verfolgung und Pogrome wechselten mit hellen Epochen des Dialogs und der Zusammenarbeit ab“, so die Theologin.

Der Münchner Journalist und Religionswissenschaftler, von dem die Liedverse stammen und der bereits 1935 nach Jerusalem geflohen war, hieß Fritz Rosenthal und gab sich später den hebräischen Namen Schalom Ben Chorin (Friede, Sohn der Freiheit). Er wurde zu einem Wegbereiter des jüdisch-christlichen Dialogs. Mitten im Zweiten Weltkrieg und in der Nazi-Zeit schrieb er 1942 das Gedicht „Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, ist das nicht ein Fingerzeig, das die Liebe bleibt“, um damit ein Zeichen der „Hoffnung wider alle Hoffnung“ zu setzen und deutlich zu machen, dass es auch in schrecklichen Zeiten „Vorboten des Frühlings, den Schimmer von Licht am Ende des Tunnels geben kann“, berichtete Müller. Inspiriert wurde er zu diesem Gedicht, zu dem dann erst viel später Fritz Baltruweit die Melodie schrieb, durch einen blühenden Mandelzweig im eigenen Garten und einen Bibelvers aus dem Buch des Propheten Jeremia.

Die Gottesdienstbesucher waren einmal mehr sehr angerührt, im Gottesdienst das Gebet des Herrn, also das „Vater Unser“ von Wolfgang Dorr in der Muttersprache Jesu zu hören als auch den Abschlusssegen auf Hebräisch zu empfangen. Das jüdische Musiker-und Gesangsduo Odelia Lazar und Michael Wienecke begeisterte zudem mit hebräischen Lieder, die passend zum Thema gewählt worden waren; Organistin Hannelore Syre hatte sich noch ein besonderes „Bonbon“ einfallen lassen und ließ zur Überraschung aller am Ende des Gottesdienstes die israelische Nationalhymne, die „ha Tikwa“ auf der Orgel erklingen.

Wie lieblich ist der Maien

Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt,
des sich die Menschen freuen,weil alles grünt und blüht.

RHEIN-LAHN. (1. Mai 2021) „Wie lieblich ist der Maien!“ Martin Behm dichtete dieses Lied 1604 auf eine 1575 komponierte Melodie von Johannes Steuerlein. Es ist im Evangelischen Gesanguch unter der Nummer 501 zu finden. Gerade in diesen trostlos scheinenden Tagen mag es uns als eine Aufforderung vorkommen, hinaus in die Natur zu gehen, zu sehen und zu spüren, wie neues Leben erblüht, wenn auch nicht in großen Gruppen und zu gut bevölkerten Grillplätzen, wie es sonst am 1. Mai Tradition ist. Einmal mehr bleibt trotzdem der Spaziergang in der Natur eine sichere Variante, um sich an der Schöpfung zu erfreuen und neue Kräfte zu tanken.

Zudem folgt morgen der Sonntag Kantate (zu deutsch: „Singet!“), an dem viele Chöre und Gemeinden dieses Lied gerne anstimmen würden und nicht nur das. „Die beste Zeit im Jahr ist mein“, ein Loblied auf die „Frau Musica“ mit dem Text von Martin Luther, ist ein anderes beliebtes geistliches Loblied auf die Musik als Gabe Gottes. Eine Version Arnold Mendelssohns von 1905, interpretiert von der Kantorei Bad Ems finden Sie hier. Und natürlich gehört der Psalm 98 „Singet dem Herrn ein neues Lied!“ zum Pflichtprogramm am Sonntag Kantate.

Zurück zu den Worten Behms: Sich in diesen Tagen freuen, weil alles grünt und blüht? Wenngleich das gemeinschaftliche Singen dieser froh machenden Weisen in Gottesdiensten oder an Rastplätzen dieses Jahr abermals verwehrt bleibt, bietet es doch die Chance, sich des Sinns und Ursprungs solcher Lieder zu besinnen. Denn der Text von Martin Behm bezieht sich ja nicht nur aufs Grünen und Blühen in der Natur, sondern will, dass sich davon auch Herz und Gemüt anstecken lassen, und dass wir nicht müde werden in der Hoffnung und dem Vertrauen in eine von Gott begleitete gute Zukunft. 

Besonders deutlich wird das im dritten Vers des Frühlingsliedes:

„Herr lass die Sonne blicken ins finstre Herze mein, damit sich‘s möge schicken, fröhlich im Geist zu sein, die größte Lust zu haben allein an deinem Wort, das mich im Kreuz kann laben und weist des Himmels Pfort.“

Genug der Worte. Hier eine Version des beliebten Mai-Schlagers auf YouTube. Bernd-Chr. Matern

 

VandalismusKanzel Norbert Schreiner

Wiederholter Vandalismus: Kirche bleibt geschlossen

Evangelischer Kirchenvorstand Nastätten sieht schweren Herzens keine Alternative mehr

VadalismusAussenwand Norbert Schreiner NASTÄTTEN (22. Juni 2022) Schon zum dritten Mal  innerhalb weniger Monate wurde die evangelische St. Salvatorkirche in Nastätten durch Vandalismus beschädigt. Dieses Mal traf es die Kanzel, an deren Unterseite Pfarrerin Constanze Reif Brandschäden entdeckte, als sie mit einer Schulklasse die Kirche besuchte. 

Erst vor kurzem waren an der Außenmauer über ein Meter hohe Spuren einer stark rußenden Verbrennung entdeckt worden, und wenige Monate vorher hatte die Kirchengemeinde eine eingeschlagene Scheibe am Vorbau des Kirchenportals reparieren lassen. Im Jahr zuvor war der Sandsteinaltar auf dem Außengelände beschmiert worden und musste von einer Fachfirma aufwändig gereinigt werden.

Auch im Inneren des Gotteshauses hatten Unbekannte in jüngster Zeit  unschöne Dinge getrieben. Mitarbeiter entdeckten Spuckflecke auf dem Steinboden, beschädigte Konfirmandenkerzen sowie leere Teelichter auf dem Querbalken des Kruzifixes. 

„Jetzt reicht's“, war nun die entsetzte Reaktion des Vorsitzenden des Kirchenvorstandes, Torsten Hartmann. „Wir können die Kirche nicht länger werktags offen lassen. Es tut uns im Herzen weh um die Menschen, die regelmäßig zur Einkehr und zum Gebet in unsere Kirche gekommen sind.“ Diesen werde man anbieten, sich für die Dauer des Besuchs im benachbarten Schuhhaus einen Kirchenschlüssel auszuleihen. 

Fast täglich liegen neuer Müll und Scherben auf dem Gelände. Schon öfter hat Mario Steeg, Inhaber des Schuhhauses, junge Menschen auf dem Kirchengelände beobachtet, die dort Alkhohol getrunken, Bierflaschen zerschlagen und viel Müll auch auf seinem Grundstück hinterlassen haben. Und er sieht Menschen, die sich „einfach mal die Kirche anschauen“ oder dort Ruhe finden und beten wollen. Der Kirchenvorstand sieht ebenfalls die andere Seite: „Wir freuen uns über alle Menschen, die auf unserem Gelände einen Rückzugsort und Geborgenheit finden. Und wir sehen, dass die meisten sich hier wohlfühlen, keine Schäden anrichten und ihren Müll in den Papierkorb werfen“, so Pfarrerin Reif.

Vandalismus allerdings werde die Kirchengemeinde nicht dulden. Wie bei den anderen Sachschäden wurde auch der jüngste Vorfall angezeigt. Die Polizei hat ihn vor Ort aufgenommen und Spuren gesichert. 

 

Zu den Fotos:
Die evangelische St.-Salvatorkiche in Nastätten ist so häufig von Vandalismus betroffen, das die bislang auch werktags geöffneten Kirchentüren nun verschlossen bleiben. Fotos: Schreiner

WS241120Quer becrima  

Wilfried Steinke freut sich nach 35 Jahren auf „Unruhestand“

Bornichs Gemeindepfarrer zieht in den Westerwald, will aber der Seelsorge auch im Rhein-Lahn-Kreis treu bleiben

RHEIN-LAHN. (5. Januar 2020) Nach 35 Dienstjahren tritt Bornichs Gemeindepfarrer Wilfried Steinke mit Jahresbeginn in den Ruhestand. Die ursprünglich geplanten Abschiedsgottesdienste wurden aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt und auf Frühjahr oder Sommer verschoben, wenn sich die Lage – hoffentlich – etwas entspannt hat. Der 63-Jährige hätte sich zwar einen schöneren Abschied vorgestellt, schaut aber trotzdem mit großer Dankbarkeit auf seine Amtsjahre, von denen er die meisten im Westerwald und im Rhein-Lahn-Kreis absolvierte. Außerdem will er von seinem neuen Wohnort aus Seelsorge und Verkündigung auch als Pensionär treu bleiben.

„Ich würde diesen Beruf immer wieder ergreifen“, sagt Steinke, wenngleich er an seinen Wirkungsstätten durchaus Höhen und Tiefen begleitet hat und weiß, dass ein Pfarrersleben nicht nur eitel Sonnenschein bedeutet. „Freude gemacht hat mir am allermeisten die Begleitung von Menschen in zahlreichen seelsorgerlichen Zusammenhängen, vor allem in Trauerfällen, aber auch bei Taufen, Hochzeiten und Konfirmationen. Diese Begegnungen waren für mich Highlights, die ich nicht missen möchte.“ Der Konfirmandenunterricht, der ihm ausgerechnet in jungen Jahren „eher lästig“ war, wurde mit zunehmendem Alter und mit zunehmenden Verständnis für die Jugendlichen zur Freude, „wenn es auch hin und wieder schwierige Konfirmandenjahrgänge gab“.

Aufgegangen ist er in der Vorbereitung und der Feier von Gottesdiensten aller Art. Umso schmerzlicher die Corona-Pandemie: „Es war schrecklich, keine Osternachtsfeier und keinen Gottesdienst zu Ostern halten zu dürfen, ebenso erging es mir an Weihnachten.“ Aber der Besuch hat in den vergangenen Jahrzehnten ohnehin drastisch abgenommen. Steinke hofft, dass die Gemeindeglieder durch die Krise wieder merken, wie wertvoll Gottesdienste eigentlich sind.

Nach dem Theologiestudium in Frankfurt, Göttingen und Marburg war Langenhain, ein Stadtteil von Hofheim im Taunus, seine erste Pfarrstelle, wo er Hermann Alves kennen lernte, den er als pensionierten Dekan später in Bad Ems wieder traf. Es folgte ein fünfjähriger Dienst in Groß-Gerau, bis er schließlich 1995 nach Selters wechselte. Elf Jahre blieb er dort. „Diese Zeit war für mich sehr prägend“, blickt Steinke zurück. „Da ist mir insbesondere die Zusammenarbeit mit den beiden Kitas in guter Erinnerung geblieben.“ Highlights waren dort das wertschätzende zehnjährige Dienstjubiläum und natürlich die kirchliche Trauung mit seiner Frau Christa Wennhak, mit der er jetzt an seinem neuen Wohnsitz in Großholbach den neuen Lebensabschnitt genießen will. Nach einem vierjährigen Dienst in Bad Ems, wo er sich gern stärker in den Erhalt der Kaiser-Wilhelm-Kirche eingebracht hätte, führte ihn sein Weg Ende 2009 zurück in den Westerwald nach Wirges. Dort begleitete er die Renovierung des in die Jahre gekommenen Gemeindezentrums zu einem attraktiven Treffpunkt für die lebendige Gemeinde.

In Bornich betrat Steinke mit der Bildung einer Gesamtkirchengemeinde Loreley noch einmal kirchliches Neuland, über das er sehr froh ist. Es erhöhe nicht nur die Chance auf eine Wiederbesetzung der Pfarrstelle, wenn es statt fünf nur noch zwei Kirchenvorstände gibt, die Verantwortung für die ganze Region übernehmen. Es tut ihm etwas leid, dass er den Weg der Zusammenarbeit der Rheingemeinden nur aus der Ferne beobachten kann. „Mir war und ist die Kooperation der Gemeinden ganz wichtig. Es ist ein guter Weg für die Zukunft. Kirche in der Region wird dadurch sichtbar“, war er bereits überzeugt, als er von 2011 bis 2016 als stellvertretender Dekan im damaligen Dekanat Selters an entsprechenden Zukunftsweichen mitarbeitete.

Auch wenn ihn stört, dass Kirche oft zu viel Zeit mit Strukturdebatten und Ressourcenverwaltung verbringt – wie sie sich in gesellschaftspolitischen Fragen einbringt und Position bezieht, gefällt ihm sehr gut. So engagierte er sich selbst 1998 vehement um den Erhalt des Buß- und Bettags, wenn auch vergeblich. Erfolgreicher sein Einsatz für Hilfsbedürftige. 2015 gewährte er mit großer Unterstützung in Wirges einem syrischen Flüchtling Kirchenasyl, mit dessen Familie er heute noch guten Kontakt hat, und 2017 fand in Niederwallmenach ein Flüchtling aus Eritrea Kirchenasyl; Beispiele, wie christliche Nächstenliebe über das Wort hinaus zur Tat wird.

Drei Konstanten gibt es im Rückblick auf die 35 Dienstjahre. Erstens ist da die wohltuende Zusammenarbeit mit den evangelischen Kindertagesstätten an all seinen Stationen, für Steinke eine der wichtigsten Zukunftsinvestitionen evangelischer Kirche. Zweitens empfand er Seelsorge sowohl im Pfarramt als auch mit Sonderdiensten immer als elementare Stärke für sich und Kirche insgesamt. Im Jahr 2000 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Notfallseelsorge (NFS) im Westerwaldkreis. „Erste Hilfe für die Seele – die muss erhalten bleiben.“ So sprang er vorübergehend als Vertreter für die erkrankte Leiterin ein, etwa beim Absturz der German Wings-Maschine 2015, die den Westerwald hart traf. Mit dem Wohnsitz nahe am Rhein-Lahn-Kreis will er im NFS-Team Rhein-Lahn weiter mitarbeiten. Kontakt hat Steinke schon mit der Telefonseelsorge Koblenz aufgenommen, um dort künftig ein offenes Ohr für Hilfesuchende zu haben. Und wenn auf der Kanzel oder bei Kasualien Not am Prediger und Seelsorger ist, steht der Pensionär ebenfalls bereit.

Drittens hat er an seinen Dienstorten zusammen mit seiner Frau immer gern in den örtlichen Chören mitgesungen aus Liebe zur Kirchenmusik und den Menschen in den Chorgemeinschaften. Und dieses Hobby soll auch im kommenden (Un-)Ruhestand nicht zu kurz kommen. Bernd-Christoph Matern

Zum Foto:
In der evangelischen Kirche von Bornich entstand das Abschiedsfoto von Wilfried Steinke. Der Theologe hofft, im Frühjahr oder Sommer dort auch einen Abschiedsgottesdienst nachholen zu können. Foto: Matern