
Zahl der Gemeindepfarrstellen sinkt bis 2025 von 39 auf 34
Dekanatssynode Nassauer Land beschließt in Buch Einrichtung von Springer- und Jugendpfarrstelle
RHEIN-LAHN. (29. März 2019) Die Synode des evangelischen Dekanats Nassauer Land hat in ihrer Frühjahrtagung die Bemessung der Pfarrstellen für den Zeitraum zwischen 2020 bis Ende 2024 beschlossen. Deren Zahl sinkt von 39 auf 34. Außerdem beschloss sie die Einrichtung einer vollen übergemeindlichen Springer-Pfarrstelle und einer halben Dekanatsjugend-Pfarrstelle.
Das war spannend. Und zwar nicht nur der Themen wegen, über die die Dekanatssynodalen bei ihrer Frühjahrstagung in Buch abzustimmen hatten. Sondern insbesondere auch wegen der Frage, ob es überhaupt dazu kommen würde. Rund zwei Stunden lang war die Synode des evangelischen Dekanats Nassauer Land mangels in ausreichender Zahl anwesender Mitglieder nicht beschlussfähig. Was den Tagungsteilnehmern unter anderem zu „verfrühten“ kulinarischen Genüssen verhalf: Der Verein der Bucher Backesfreunde hatte ein ausgesprochen leckeres Abendessen vorbereitet, sodass hier also schnell eine solide Grundlage geschaffen war.
Zuvor allerdings hatte Anja Beeres als Leiterin der Dekanatssynode zwecks Zeitüberbrückung bereits Top 8 nach vorne geholt: Gabriele Scholz, Geschäftsführerin der evangelischen Kitas in Dekanatsträgerschaft, kurz evKid, zog Zwischenbilanz. Zum 1. Januar 2018 hat das Dekanat die Trägerschaft für 14 von insgesamt 32 innerhalb der Dekanatsgrenzen gelegenen evangelischen Kindertagesstätten übernommen, davon betroffen sind 255 Arbeitsverhältnisse und 837 Betreuungsverträge. „Wir hatten den Anspruch, dass die Kinder und Eltern vom Trägerwechsel möglichst wenig mitbekommen, was uns weitgehend auch gelungen ist“, sagte Gabriele Scholz, die einen umfassenden Einblick in die zu meisternden Aufgaben und Herausforderungen gab.
In diesem ersten Jahr habe die Aufbau- und Netzwerkarbeit logischerweise Vorrang vor der konzeptionellen Weiterentwicklung der Kinderbetreuung gehabt, so die evKid-Geschäftsführerin. So sei zum Beispiel die Zusammenarbeit mit dem Kreis-Jugendamt vom Start weg sehr konstruktiv gewesen, während sie sich mit der Regionalverwaltung, durch dortige Personalengpässe bedingt, anfangs etwas schwierig gestaltet habe: „Das wurde inzwischen aber behoben.“ Die eine oder andere Herausforderung hätten auch die teils sehr unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen in den Kitas mit sich gebracht. „In Kitas, in denen eine externe Essensversorgung erforderlich ist, liegt die Kitagebühr zwangsläufig höher als in Einrichtungen, die über eine eigene Küche verfügen, was manchmal aber schwierig zu vermitteln ist“, nannte Gabriele Scholz ein Beispiel und fügte hinzu, die Zusammenarbeit mit den Kitaleitungen und Kirchengemeinden sei anfangs teils etwas holprig gewesen: „Die Zuständigkeiten waren nicht immer klar, und für jemanden, der gewohnt ist, selbstständig zu arbeiten, bedeutet solch ein Trägerwechsel natürlich eine ziemlich große Umstellung. Dieser Veränderungsprozess war aber immer von gutem Willen begleitet.“
Was das mit der Einführung der Dekanatsträgerschaft verfolgte Ziel, die Kirchenvorstände zu entlasten, betrifft, sei man jedenfalls auf einem guten Weg, betonte Scholz, die unter anderem die Personalbindung als zentrale Aufgabe für 2019 und darüber hinaus nannte. Allerdings sei der für die Bewältigung der Aufgaben vorgesehene Stundenumfang in Höhe von insgesamt 55 Wochenstunden bei Weitem nicht ausreichend: „Wenn man davon noch die Fahrzeiten abzieht, bleiben im Durchschnitt gerade einmal zweieinhalb Stunden Zeit pro Einrichtung.“
Dann war die Tagung endgültig gerettet. Nachdem der letzte eilends herbeitelefonierte Synodale eingetroffen war, konnte man einen anderen wichtigen Tagesordnungspunkt in Angriff nehmen: die Abstimmung über die Pfarrstellenbemessung, die es auf dem Hintergrund des Rückgangs der Gemeindemitglieder-Zahl um derzeit 1,4 Prozent pro Jahr mit sich bringt, dass die Zahl der Pfarrstellen im Zeitraum Anfang 2020 bis Ende 2024 von 39 auf 34 sinken wird.
„Die Kirchenleitung hat eindeutig gesagt, dass Gemeinden mit weniger als 1000 Mitgliedern keine ganze Pfarrstelle mehr haben können“, betonte Anja Beeres. Konkret bedeutet dies für die Pfarrstellen Weisel-Dörrscheid, St. Goarshausen, Kaub/Lorch, Nochern und Oberlahnstein II, dass sie von 100 auf 50 Prozent schrumpfen werden. Die Pfarrstellen Bad Ems II (bisher ganze Stelle), Dienethal (halbe Stelle) und Bornich II (halbe Stelle) entfallen ganz. Wichtig zu wissen: Fünf der acht betroffenen Pfarrstellen sind zurzeit vakant. „Nochern, Kaub und Weisel sollten fröhlich der Halbierung entgegen gehen“, sagte Dekanin Renate Weigel. Um diese Pfarrstellen besetzen zu können, muss etwas passieren, und das ist erst möglich, wenn sie halbiert sind.“
Während zu diesem Lösungsvorschlag, den der Dekanatssynodalvorstand (DSV) in drei großen Vorbereitungstreffen für alle Kirchenvorstände erarbeitet hatte, offensichtlich kein Diskussionsbedarf mehr bestand, verhielt es sich mit zwei weiteren, nicht an eine bestimmte Gemeinde gebundenen Pfarrerstellen deutlich anders: Künftig werden im Dekanat Nassauer Land mit einem Gesamtumfang von anderthalb Stellen eine Springerstelle für Vakanzen und eine Jugendpfarrstelle geben. Die Gretchenfrage lautete: Wer bekommt die ganze und wer nur die halbe Stelle? Der DSV habe mehrheitlich beschlossen, die Variante „ganze Springer- und halbe Jugendpfarrerstelle“ vorzuschlagen, berichtete Anja Beeres, woraufhin ein Synodaler beantragte, genau den umgekehrten Fall zu diskutieren.
Es schloss sich ein reger Meinungsaustausch an, der für beide Varianten nachvollziehbare Argumente enthielt. Das Dekanat Nassauer Land habe die meisten Vakanzen, so die einen. Eine volle Springerstelle sei deshalb nicht nur wichtig, um die Pfarrer, die bereits ihren Dienst tun, vor Überlastung zu schützen, sondern auch, um das Dekanat attraktiver für Bewerber zu machen. Denn diese müssten weniger Angst davor haben, zusätzlich zu ihrer Pfarrstelle eine Vakanz übernehmen zu müssen. „Das Dekanat ist bereits attraktiv und wird noch attraktiver, wenn wir etwas für die Zukunft tun und nicht nur Löcher stopfen“, hieß es von anderer Seite. Den Schwerpunkt auf die Jugendpfarrerstelle zu legen, sei sinnvoller, weil dies auf längere Sicht hin angelegt sei: „Wenn man die Jugendarbeit aufbauen will, muss man es richtig machen.“ Kurzum, beide Sichtweisen schienen sich die Waage zu halten. Doch am Ende stimmten die Synodalen mit deutlicher Mehrheit dafür, die volle Stelle dem Springer zukommen zu lassen.
Auch die Landessynode im Mai hatte man in Buch im Blick. So votierte die Dekanatssynode einstimmig dafür, dort einen Antrag auf Änderung der Kindertagesstättenverordnung, kurz KiTaVo, zu stellen – dahingehend nämlich, dass der Berechnungsfaktor für die Arbeitsstunden der Geschäftsführung bei gemeindeübergreifenden Dekanatsträgerschaften für Kitas von derzeit 0,8 auf 1,2 angehoben wird. Falls der Antrag durchgeht, würde dies für evKid-Geschäftsführerin Gabriele Scholz die gewünschte und für dringend erforderliche Aufstockung ihres Stundenkontingents bedeuten.
Zwei weitere Anträge werden, falls angenommen, den Verwaltungsfachkräften in den Dekanaten zugutekommen. Zum Einen fordert die Synode eine Überprüfung und Anpassung der Bemessungsgrundlagen für ihre Anzahl. „Die heutige Regelung beruht auf einem Gesetz von 2001, als noch keine Rede von einer Fusion der Dekanate war. Seither sind Aufgabenumfang und -vielfalt enorm gestiegen“, argumentierte Anja Beeres. Antrag zwei zielt darauf ab, für langjährige Verwaltungsfachkräfte bei der Bezahlung mindestens eine Höhergruppierung zu ermöglichen. „Dass das Votum dafür so eindeutig ausgefallen ist, tut den Beschäftigten mit Sicherheit gut“, so die DSV-Vorsitzende. Ulrike Bletzer
Finanzen, Ortsgemeinde und Andacht
Auch die Jahresrechnungen 2017 und der Haushaltsplan 2019 standen auf der Agenda – ausgesprochen nachvollziehbar vorgestellt von Bärbel Goerke, der Vorsitzenden des Kirchenvorstands der evangelischen Kirchengemeinde Reichenberg. Außerdem erwähnenswert: Ortsbürgermeister Norbert Hißnauer stellte die Gemeinde Buch vor, die im Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ sowohl die Gold- als auch die Silbermedaille gewonnen hat. Pfarrer Kristian Körver aus Nastätten hielt die Andacht, in der er unter anderem auf den Klimaschutz und die Bedeutung der Schülerdemonstrationen „Fridays for Future“ einging. (ub)

Zahlenmensch im Talar pendelt zwischen Schwarzwald und Nassauer Land
Pröpstin Henriette Crüwell ordiniert Sabine Rettinghaus in Kördorf zur Pfarrerin im Ehrenamt
KÖRDORF/RHEIN-LAHN. (24. März 2025) Es ist höchst selten und etwas Besonderes, was da in der evangelischen Kirche von Kördorf jetzt passierte: Sabine Rettinghaus wurde dort von Pröpstin Henriette Crüwell zur Pfarrerin im Ehrenamt ordiniert. Das ist im Dekanat einzigartig, und im ganzen Gebiet der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau gibt es das nur 15-mal. Üblicherweise ist mit einer Ordination nicht nur im Rhein-Lahn-Kreis die Einführung in die pfarramtliche Betreuung einer Kirchengemeinde oder neuerdings einer evangelischen Nachbarschaft verbunden, nicht so bei Sabine Rettinghaus, die weiter ihrem Hauptberuf nachgeht.
Als hauptamtlich arbeitende kirchliche Verwaltungsleiterin in Baden-Württemberg fungiert sie nun im Ehrenamt als Pfarrerin und wird an den Wochenenden, wenn sie Familie und Freunde in Fachingen und der Region besucht, in Kördorf und der Nachbarschaft Lahn-Taunus Dienst tun. Ihre Bereitschaft, in ihrem Amt dort zu sein, wo Lücken sind, um Gottesdienste und Abendmahl zu feiern, griff Pröpstin Crüwell in ihrer Ordinationsansprache auf.
Kirche ist kein „Closed Shop“
Keineswegs sollte sich die neue Pfarrerin und andere auch nicht wie eine Lückenbüßerin vorkommen, sagte Crüwell und überreichte ihr eine Buchstütze mit einem Luther-Konterfei. So eine zusammenhaltende Stütze sei fürs Bücherregal hilfreich. Doch Kirche dürfe nie zum „closed shop“ werden. Crüwell: „Es ist auch gut, wenn Lücken da sind, ein Platz für Menschen, die wir noch nicht im Blick haben und die viele andere Perspektiven mitbringen“. Dazu zählte die Pröpstin auch Vita und den Beruf, den Rettinghaus als ein „Zahlenmensch“ ausübt. Das sei eine Weisheit, die das Pfarramt in einem anderen Licht betrachtet. Die Kirche brauche eine gute und unterstützende Verwaltung. Und bei Rettinghaus sei sie mit theologischer Begeisterung gepaart, sagte Crüwell vor dem Ordinationsakt. Den begleiteten mit Segensworten Dekanin Kerstin Janott, Pfarrer Klaus Gölz aus der Kirchengemeinde Schwenningen, Barbara Straub von der Gesamtkirchengemeinde Mühlacker, Tatjana Lapp-Witt vom Kirchenvorstand Kördorf sowie dessen Gemeindepfarrerin Antje Dorn. Organistin Anke Scheurer sorgte für eine brillante musikalische Umrahmung des Festgottesdienstes an Orgel und Querflöte.
Dass sie ein Mensch ist, der sich als „echter Hesse und Nassauer“ fühlt, wie die in Villingen-Schwenningen lebende Theologin mit einem Augenzwinkern feststellt, hat seinen Grund: Rettinghaus ist in Mainz geboren und dort sowie in Rüsselsheim und Fachingen aufgewachsen. Nach dem Studium von evangelischer Theologie und Betriebswirtschaft sowie einem Gemeindevikariat in Mörfelden und dem Spezialvikariat am früheren Rentamt Gernsheim führte ihr Berufsweg nicht ins hauptamtliche Pfarramt, sondern 2005 in den kirchlichen Verwaltungsdienst der württembergischen Landeskirche. Unter anderem oblag ihr die Geschäftsführung der Kindergartenverwaltung, seit 20 Jahren arbeitete sie als „Kirchenpflegerin“, was hierzulande der Tätigkeit eines kirchlichen Verwaltungsleiters entspricht.
Als Volltheologin war ihr aber wichtig, auch als Pfarrerin arbeiten zu können. Gottesdienste haben für sie als Zentrum des Gemeindelebens besondere Bedeutung. „Von dort heraus baut sich theologisch gesprochen das Gemeindeleben auf“, sagt die frisch gebackene Pfarrerin, auch wenn ihr bewusst sei, dass dies von Gemeindegliedern auch anders gesehen und gelebt werde. Schon im Religionsunterricht wuchs die Verbundenheit zur Kirche und sie engagierte sich unter anderem als Kindergottesdiensthelferin. „Das Faszinierende ist, dass es neben der Kategorie dieser Welt, die nach Leistung, Leistungsfähigkeit oder Status den Menschen beurteilt, im Juden- und Christentum der Mensch ein von Gott angenommener Mensch ist, unabhängig des Leistungsvermögens“, so Rettinghaus. Durch ihre Eltern habe sie erleben und erfahren können, aus der christlichen Zuversicht und Hoffnung auf Gnade leben zu können. Ihre Familie stammt aus Fachingen und Diez. Das Nassauer Land und Mainz sind für sie deshalb ebenso Heimat wie die EKHN: „Sie ist eine liberale Kirche sowohl im theologischen Denken als auch in der politischen Haltung, und sie ist offen für die gesellschaftliche Entwicklung“.
Über die theologische Verstärkung für Kördorf und die Region freute sich Pfarrerin Antje Dorn, die zu einem Empfang Gäste aus Baden-Württemberg und dem Nassauer Land begrüßte und zum Lachen brachte, als sie an eine Begegnung mit Rettinghaus während einer Studienreise in Israel erinnerte. Eigentlich wollte Dorn großzügig sein und die Getränke der Studienkollegin auf ihre Zimmernummer schreiben lassen, vertauschte aber die Zahlen 396 und 395. Doch die beiden Nummern passten zum Anlass, verbergen sich dahinter doch die Gesangbuchlieder „Vertraut den neuen Wegen“ und „In dir ist Freude“. Freude und Wertschätzung drückten unter anderem auch Dekanin Janott und die Vorsitzende der Synode Astrid Ellermann aus. Mit würzigem Senf erinnerte Janott ans Bibelwort „Ihr seid das Salz der Erde“.
Alle Getauften sind berufen
„In der evangelischen Kirche gibt es keinen eigenen Priesterstand wie in der katholischen Kirche. Alle Getauften sind zum Zeugnis und Dienst in der Welt berufen. Alle Ämter der Kirche dienen diesem Auftrag“, erklärt Pröpstin Henriette Crüwell den Grundsatz. Wenn einzelne zur öffentlichen Verkündigung und zur Verwaltung der Sakramente von der Kirche ordnungsgemäß beauftragt würden, geschehe dies im ehrenamtlichen Prädikantendienst in einem Beauftragungsgottesdienst und bei Pfarrpersonen mit der Ordination. Im Unterschied zur drei- bis vierjährigen Ausbildung von Prädikanten haben Pfarrpersonen ein abgeschlossenes Studium der Theologie und ein Vikariat absolviert. „Wie alle Pfarrerinnen und Pfarrer versprechen auch die im Ehrenamt mit ihrer Ordination unter anderem die Wahrung des Beichtgeheimnisses und der seelsorgerlichen Schweigepflicht“, so Crüwell.
Mit der Ordination von Pfarrpersonen ins Ehrenamt reagierte die EKHN auf eine Entwicklung in den 1980-er und 1990-er Jahren, als es mehr voll studierte und ausgebildete Theologinnen und Theologen gab als Stellen für den Pfarrdienst. Bernd-Christoph Matern
Zu den Fotos:
Bild oben: Sabine Rettinghaus (links) wurde in der evangelischen Kirche von Kördorf von Pröpstin Henriette Crüwell (Mitte) zur Pfarrerin im Ehrenamt ordiniert. Segensworte kamen von Pfarrerin Antje Dorn, Barbara Straub, Dekanin Kerstin Janott, Pfarrer Klaus Gölz und Tatjana Lapp-Witt (von rechts). Fotos: Matern