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„Gemeinsam unterwegs!“ ist Motto in Herbsttagung der Synode

Speed-Dating der Arbeitsbereiche des evangelischen Dekanats Nassauer Land – Wahl für Kirchensynode

 RHEIN-LAHN/NASSAU. (15. September 2025) Ein Speed-Dating der besonderen Art steht im Mittelpunkt der Herbsttagung der Synode des evangelischen Dekanats Nassauer Land am Samstag, 27. September ab 9.30 Uhr im Versammlungsraum der Stiftung Scheuern in Nassau. Dabei werden sich etwa ein Dutzend haupt- und ehrenamtlich organisierter Arbeitsfelder des Dekanats vorstellen. Außerdem wird erläutert, wer was in welchen Gremien und Ausschüssen macht und um Mitarbeit in diesen geworben.

Auf der Tagesordnung des mit dem Kreistag vergleichbaren kirchlichen Gremiums stehen außerdem die Wahl einer Person und dessen Stellvertretung, die künftig das Dekanat in der Landessynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vertreten, sowie Anträge aus Kirchengemeinden.

Der Vormittag beginnt mit einer Andacht und endet mit einem Mittagessen.

Hier können Sie sich für die Tagung anmelden.

FUNDUS 1594 Gottesdienst Corona ekhn Bongard

„Gottesdienste“ in Corona-Zeiten mit gespaltenen Gefühlen

Im Evangelischen Dekanat Nassauer Land lassen Kirchenvorstände auch zu Pfingsten Vorsicht walten

 RHEIN-LAHN. (29. Mai 2020) Zehn Wochen lang keine Gottesdienste im üblichen Sinn, verschobene Konfirmationen – die Kirchengemeinden im Evangelischen Dekanat Nassauer Land setzen auch nach der seit Mai geltenden Lockerung für Gottesdienste in Kirchen und im Freien vor allem auf Vorsicht. Die Infizierungen mit Covid 19 während eines  Gottesdienstes in Frankfurt verunsichern zusätzlich. Begrenzte Besucherzahl, Teilnahme-Listen, Maskenpflicht in Räumen und Singeverbot prägen das bevorstehende Pfingstfest, für das etwa die Hälfte der 55 Kirchengemeinden ein reales Andachts-Angebot macht. Die anderen setzen weiterhin auf kreative Alternativen.

Durchweg positive Erfahrungen mit den Corona geschuldet abgespeckten Gottesdiensten hat die evangelische Kirchengemeinde St. Peter zu Diez gemacht, wo sich die Kirche bereits seit dem 10. Mai wieder sonntags öffnet. Neben Liturgie und Predigt kommt aufgrund der Hygieneschutz-Regeln der Musik von Orgel, Klavier oder von Solisten große Bedeutung zu. Für Pfingsten ist eine Orgelkantate geplant. Die etwa 40 Personen, die in die Kirche dürften, entspreche der Besucherzahl an normalen Sonntagen. Anders sieht das bei den Konfirmationen aus, die verschoben wurden. „Wir planen jetzt aber für Mitte August die Konfirmation an zwei Tagen für vier Gruppen“, sagt Gemeindepfarrer Adi Tremper. Dazu soll der Gottesdienst auch nach draußen auf die Wiese übertragen werden, um mehr Verwandten eine Teilnahme zu ermöglichen. „Die Eltern bekommen dazu konkrete Informationen“, so Tremper.

Insgesamt acht Konfirmationsandachten plant die Kirchengemeinde Nassau bereits am Samstag, 13. und Sonntag, 14. Juni. Die Eltern wurden über die Schutz- und Hygienemaßnahmen informiert; in einer Liste können sie zehn Personen eintragen, die pro Konfirmandin oder Konfirmand teilnehmen möchten, damit alles reibungslos funktioniert. Die Johanniskirche öffnete sich am 17. Mai erstmals wieder für einen Gottesdienst mit Desinfektionsmittel und Gesichtsmasken, aber ohne Gesang. Um die zwei Dutzend Personen durften zuletzt daran teilnehmen, doch so viele Leute zog es an den zwei Sonntagen und Himmelfahrt nicht ins evangelische Gotteshaus von Nassau.

„Wir wagen uns“, sagt Friedrich Kappesser, Gemeindepfarrer der Kirchengemeinde Oberlahnstein, wo sich an Pfingsten erstmals wieder die Christuskirche öffnen soll, wenngleich ihn die grundsätzliche Frage beschäftigt, ob angesichts der Auflagen überhaupt der Begriff „Gottesdienst“ angebracht ist. 27 Plätze dürften besetzt werden. Im Mitteilungsblatt wird um eine telefonische Anmeldung gebeten. „Die Ereignisse in Frankfurt haben die Leute noch einmal verunsichert“, so der Theologe, der trotzdem davon ausgeht, dass das Kontingent ausgeschöpft wird. Ihn plagt eher der Gedanke, Personen eventuell ausschließen zu sollen, wenn sie sich nicht oder zu spät anmelden. Froh ist er indes über das rührige Kindergottesdienst-Team und den Kindergarten, die auf kreative Weise seit Wochen den Kontakt mit ihren Schützlingen halten.

„Das Leben ist immer lebensgefährlich“, sagt rheinaufwärts Pfarrerin Janina Franz aus St. Goarshausen. Aber ein Gottesdienst ohne Gesang ist auch für sie und den Kirchenvorstand nicht das Optimale, zumal sich viele Menschen in den vergangenen Wochen am gedruckten Angebot „Gottesdienst am Küchentisch“ erfreuen. „Die Rückmeldungen sind durchweg positiv“, so Franz. In der nächsten Kirchenvorstandssitzung wird beraten, wie es weitergehen soll. Gespannt ist die Pfarrerin, welche Lösung die Konfi-Eltern für die Konfirmation ihrer Kinder präferieren. Alternativen stehen zur Auswahl: Lieferando-Feiern im kleinen Kreis; eine Konfirmation in Kleingruppen am 1. November oder das Verschieben aufs nächste Jahr.

Sonntags bleibt auch der „Einrichdom“ in Singhofen für Gottesdienste weiterhin geschlossen. „Ich habe mit vielen unserer regelmäßigen Kirchgänger telefoniert“, berichtet Gemeindepfarrer Harald Peter Fischer. „So richtig eilig hatte es keiner, unter diesen Umständen wieder zum Gottesdienst in die Kirche zu gehen.“ Nach Pfingsten soll es aber als neues Format dienstags eine musikalisch-meditative Andacht geben. Sie beginnt um 19.10 Uhr und geht dann in das bereits seit Wochen praktizierte Gebet über, zu dem täglich um 19.30 Uhr die Glocken einladen. „Meinem Gefühl nach werden wir noch öfter in Situationen kommen, wo das Gebet lauter wird“, sagt Fischer; die Krise schaffe ein neues Bewusstsein fürs Beten. Eine lieb gewonnene Alternative zum Sonntagsgottesdienst sind nicht nur für Christen in Singhofen die von der Evangelischen Gemeinschaft aus Miehlen übertragenen Live-Gottesdienste im Internet, an denen auch Fischer schon mitwirkte. Und eine tolle Idee für Pfingsten sieht er in dem in Nastätten geplanten Autokino-Gottesdienst.

Ökumenisches Pfingsten im Internet

Das evangelische Dekanat selbst hatte zusammen mit dem katholischen Bezirk Rhein-Lahn ursprünglich eine Neuauflage des ökumenischen Pfingstgottesdienstes geplant, der vergangenes Jahr mit rund 500 Gästen erfolgreiche Premiere im Limeskastell hatte. Daraus kann dieses Jahr nichts werden. Allerdings soll die Verbundenheit trotzdem mit einer Pfingstandacht zum Ausdruck kommen, die Dekanin Renate Weigel und Dekan Armin Sturm auf der Loreley feiern und die als Aufzeichnung dann unter dem Motto „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit!“ über die Website des Dekanat im Internet zu sehen ist. Bernd-Christoph Matern

 

Aufgrund der sich ständig verändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Vielfalt an Angeboten fragen Sie immer beim zuständigen Pfarramt nach, welche Gottesdienste in welcher Form aktuell angeboten werden. Eine Übersicht über die Pfarrämter und Kirchengemeinden finden Sie hier. Sollten Sie unsicher sein, zu welchem Pfarramt ihr Wohnort gehört, finden Sie hier eine Übersicht.

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Statt Gesangbüchern: Zurzeit gehören Desinfektionsmittel und Mundschutzmasken zu wichtigen Requisiten beim Gottesdienstbesuch in den Kirchen des Kreises. Foto: Peter Bongard

Kirchentagsbeauftrage Nürnberg mit Plakat Foto DEKT

„Jetzt ist die Zeit“: Einstimmung auf Kirchentag in Nürnberg – Infos zur Teilnahme

Dekanat Nassauer Land informiert in Dausenau über großes Christentreffen und Gruppenfahrt

RHEIN-LAHN. (6. März 2023) Der Countdown für den Deutschen Evangelischen Kirchentag von Mittwoch, 7. bis Sonntag, 11. Juni in Nürnberg unter dem Motto „Jetzt ist die Zeit“ hat begonnen. Das Evangelische Dekanat Nassauer Land bietet am Sonntag, 12. März um 14 Uhr im Gemeindehaus in Dausenau einen Vorbereitungs-Gottesdienst zu dem Christentreffen an und informiert anschließend über die Möglichkeiten, dabei zu sein; so wird es eine Gruppenfahrt des Dekanats in die Franken-Metropole geben.

Im evangelischen Gemeindehaus in Dausenau (Bergstraße 12) wird über Unterbringung und Kosten für Einzelpersonen und Familien in Privatquartieren, Gemeinschaftsunterkünften oder Campingmöglichkeiten informiert. Auch ein Blick auf das Programm für das lange Fronleichnam-Wochenende wird es geben. Die Kirchentagsbeauftragten stehen am Sonntag bereit, weitere Fragen zu beantworten.

Zum 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg werden mehr als 100.000 Menschen erwartet, die sich zusammen im Glauben stärken und über wichtige Zukunftsthemen und Fragen der Zeit austauschen wollen. Der Kirchentag verwandelt die Gastgeberstadt traditionell in ein buntes Glaubens-, Kultur- und Musikfestival.Feste feiern, Podiumsdiskussionen, Konzerte für jeden Musikgeschmack, Workshops und Bibelarbeiten, Ausstellungen und jede Menge Mitmach-Kultur für alle Generationen stehen auf dem fünftägigen Programm.

Wer an dem Infonachmittag in Dausenau nicht teilnehmen kann, erhält nähere Informationen zur Gruppenfahrt und Anmeldung bei den Kirchentagsbeauftragten des Dekanats:

Heidi Jung (Telefon 02603-6640, E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!), Matthias Metzmacher (02603-5099244), Ralf Skähr-Zöller (02603-5099241) sowie im Dekanatsbüro (02603-509920 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).

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Vorfreude: „Jetzt ist die Zeit“ lautet das Motto des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Nürnberg. Ralf Skähr-Zöller, Heidi Jung und Matthias Metzmacher (von links) laden zu einem Informationstreffen am kommenden Sonntag nach Dausenau ein und natürlich zum Glaubensfest selbst. Foto: DEKT

Evangelische Gemeinschaft Roemer Foto Mller

„Kirchlein in der Kirche“ hat Jesus zum Freund

Ökumene-Pfarrerin des Dekanats lud zum Besuch der Evangelischen Gemeinschaft nach Bad Ems ein

 RHEIN-LAHN. (22. November 2023) In der Reihe „Christliche Vielfalt im Nassauer Land“ hatte die Ökumene-Pfarrerin des evangelischen Dekanats Nassauer Land Antje Müller zu einem interessanten Vortragsabend ins Haus Shalom in Bad Ems eingeladen. Die Anwesenden, zu denen auch einige freikirchliche Pastorinnen und Pastoren gehörten, wurden zu Beginn von Rainer Zins, der dem Vorstand der Evangelischen Gemeinschaft angehört, herzlich begrüßt.    

Nach einem für die Gemeinschaftsbewegung typischen Lied „Welch ein Freund ist unser Jesus“ erläuterte Pastor Benjamin Römer in einem sehr lebendigen Vortrag Geschichte und Bedeutung der evangelischen Gemeinschaftsbewegung und des Gnadauer Verbands. Bereits Martin Luther hatte in seiner Vorrede zur Deutschen Messe 1526 konstatiert, dass es eine Sammlung derer, „die mit Ernst Christen sein wollen“ geben müsse, und der lutherische Theologie Philipp Jacob Spener (1635-1705), einer der wichtigsten Vertreter des Pietismus, hatte in seinem Hauptwerk „Pia Desideria“ zur Reform der Evangelischen Kirche von innen und zur Bildung von Hauskreisen (collegia pietatis) aufgerufen sowie von der „Ecclesiola in Ecclesia“ (Kirchlein in der Kirche) gesprochen.

Eine Blütezeit erlebte die evangelische Gemeinschaftsbewegung aber dann erst im 19.Jahrhundert. Die persönliche Herzensfrömmigkeit, eine lebendige Christusnachfolge, die Jesus als Freund ansieht, wie das gleichnamige Lied bereits zum Ausdruck brachte, sowie ein Glaube, der sich an der Bibel orientiert und Auswirkungen auf die gelebte Lebenspraxis und den Alltag hat, war – wie überhaupt im gesamten Pietismus – sehr wichtig. Die „innere Verwandlung“ des von Gottes Botschaft ergriffenen Menschen sollte sich dann nach außen durch Werke der Liebe zeigen.

Auch wenn es im Pietismus separatistische Tendenzen gab, die zur Gründung von Freikirchen führten, so war doch zunächst einmal das Hauptanliegen der pietistisch geprägten Gemeinschaftsbewegung, die Kirche von innen zu reformieren. Die Bibelstunde war ein „Zusatzangebot“, das nicht in Konkurrenz zum Sonntagsgottesdienst treten sollte.

Heute haben die meisten Landeskirchlichen Gemeinschaften die Rechtsform eines eingetragenen Vereins und finanzieren sich über Spenden. Viele stellen mittlerweile einen hauptamtlichen Prediger oder Gemeinschaftspastor an und haben eigene Personalgemeinden innerhalb der Landeskirche gebildet mit eigenen Gottesdiensten und Amtshandlungen, die aber in die Kirchenbücher eingetragen werden.

Die Beziehungen zur örtlichen Kirchengemeinde sind je nach theologischer Ausrichtung der jeweiligen Pfarrpersonen mal gut und mal weniger gut. Pastor Römer konnte von einem sehr guten Verhältnis der Gemeinschaft in Katzenelnbogen zur Kirchengemeinde in Klingelbach berichten, auch in Miehlen sei das Verhältnis zur örtlichen Kirchengemeinde gut, was sich zum Beispiel in gemeinsamen Glaubenskursen und Gottesdiensten zeige.

Der Dachverband der landeskirchlichen Gemeinschaften ist der sogenannte „Gnadauer Verband“ mit Sitz in Kassel. Name und Gründung 1897 gehen auf eine Pfingstkonferenz in Gnadau bei Magdeburg zurück. Der Verband hat heute etwa 300.000 Mitglieder; ihm gehören 34 regionale Gemeinschaftsverbände, sechs Jugendverbände, 13 theologische Ausbildungsstätten und 16 Diakonissenmutterhäuser an. Er sieht sich als innerkirchliches Missionswerk. Sowohl der frühere Präses Michael Diener als auch der jetzige Präses Steffen Kern sind evangelische Pfarrer, die Mitglied im Rat der EKD waren und sind.

Der nächste Abend in der Reihe „Christliche Vielfalt“ führt am Sonntag 14. Januar 2024 in die Klostermühle nach Obernhof, wo Heiner Eberhardt im Rahmen des dortigen Neujahrsempfang ab 14 Uhr die Missionsgemeinschaft der Fackelträger vorstellen wird.

Mehr Informationen gibt Pfarrerin Antje Müller unter Telefon 0160-6368503 oder E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Der Referent Pastor Benjamin Römer mit Gitarre beim – für die Gemeinschaftsbewegung typischen - Lied „Welch ein Freund ist unser Jesus“ , Foto: Antje Müller

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„Nie-wieder“ ist zerbrechlich: Erinnerung als Mahnung

Gedenkorte und -veranstaltungen an jüdisches Leben stellen persönliche Schicksale und Erfahrungen in Focus

01 2021 911 Gedenkfeier Bad Ems 1 CMetzmacherRHEIN-LAHN. (12. November 2021) An 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland wird im Jahr 2021 erinnert. Doch rund um den 9. November steht der Holocaust im Mittelpunkt. Zu welchen Gräueltaten Deutsche an Deutschen ab 1938 fähig waren, wurde zu Beginn dieses Monats mit neuen Gedenkorten sowie einer Reihe von Gedenkveranstaltungen ins Bewusstsein gerufen. Sowohl die persönliche Betroffenheit als auch die Mahnung vor aufkeimendem Hass in der Gesellschaft samt eines zunehmenden Antisemitismus wurden dabei unter anderem in Bad Ems, Diez, Frücht, Lierschied, Miehlen und Ruppertshofen in den Fokus gerückt.

„Wir wollen nicht anklagen und verurteilen, sondern mahnen“, sagte Ursula Strack während der Einweihung eines Gedenksteins für die Familie Grünebaum in Lierschied. Zusammen mit Regina Watkin-Kolb hatte sie sich für das sichtbare Denkmal eingesetzt. Ihre Mutter sei eine Schulkameradin der beiden siebenjährigen Zwillingsmädchen gewesen, die deportiert und im KZ Theresienstadt ermordet wurden. Wir wollen mit diesem Gedenkstein ein Mahnmal setzen, um zu zeigen, dass man sie nicht vergessen hat.“ Ähnlich bewegend schilderte in Ruppertshofen Jürgen Redert, wie es dort zur Errichtung eines Gedenksteins gekommen ist. Ellen Stein hatte bereits vor vielen Jahren zum Schicksal der ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner jüdischen Glaubens recherchiert und ein Buch zusammen gestellt. „Nach einer Erinnerung an diese Zeit, etwa in der Dorfchronik habe ich vergeblich gesucht“, sagte Redert. Es sei bewegend, dass jetzt ein blinder Fleck in der Geschichte des Dorfes verschwindet.

JGLier311021GaesteR becrima Das Unrecht könne durch Totschweigen nicht ungeschehen gemacht werden, betonten an beiden Orten die zuständigen Pfarrpersonen Nicole Wiehler (Ruppersthofen) und Andreas Pohl (Lierschied). „Das Nie-wieder ist zerbrechlich geworden“, sagte Pohl; nur mit dem Erinnern, das den einstigen Nachbarn ihre Würde zurückgebe, habe es eine Chance. „Danke für Ihren Mut und Ihre Klarheit und für die Arbeit“ hatte Renate Weigel, Dekanin des evangelischen Dekanats Nassauer Land in einem verlesenen Grußwort formuliert. „Die Menschen, deren Namen auf ihm zu lesen sind, haben einmal hier gewohnt. Sie gehörten dazu. Unter der Nazi-Herrschaft entschied man, dass sie nicht wert seien zu leben. Sie wurden abtransportiert und ermordet“, so Weigel. „Und dann begann das große Schweigen. In dem großen Schweigen wurden sie noch einmal für nichtig erklärt. Gut, dass das ein Ende hat! Wir geben heute denen, die so großes Unrecht erlitten, einen Platz. Wir nehmen sie wieder auf in unsere Gemeinschaft. Wir bergen die Erinnerung, auch wenn sie schmerzt.“

JGLier311021BgmLo becrima JGLier311021Landrat becrima Als offene Frage bleibe zwar das „Warum?“, sagte Landrat Frank Puchtler, umso wichtiger sei aber das Erinnern, um dazu zu lernen, achtsamer zu sein und zu schauen, wie es den anderen geht. Die Steine seien eine Mahnung, solche Wege nicht wieder zu beschreiten. Und es freue ihn, dass junge Mensschen am Gedenken teilnehmen. Mit Blick auf das Welterbe könne man auf die Initiatoren und die beiden Orte stolz sein, dass sie zur Geschichte stehen. Den Bezug zur Gegenwart stellten unter anderem auch die Verbandsgemeindebürgermeister Jens Güllering und Mike Weiland her. Letzterer erinnerte an den Fußballer Jérome Boateng, der den zunehmenden Rassismus beklagt. Wieder sei die Gesellschaft dabei, Menschen in Schubladen zu stecken. „Wir sollten stolz sein auf die Vielfalt der Kulturen in unserem Land.“ Es brauche des Gedenkens, damit die Zukunft besser wird und nicht dieselben Fehler gemacht werden.

Nicht nur mit Musik, die in Konzentrationslagern komponiert wurde, umrahmten Odelia Lazar und Michael Wienecke die Gedenkstunden, sondern auch mit dem Volkslied „Kein schöner Land“, das deutlich machte, dass der Holocaust deutsche Menschen und Nachbarn ermordet hat.

MMW2019GedenktafelBlume becrima Sehr persönliche Erinnerungen standen in diesem Jahr am 9. November in Miehlen im Focus, wohin seit Jahren gemeinsam von der evagelischen und der katholischen Kirchengemeinde zu einer Mahnwache eingeladen wird. Der Theologe Dr. Marc Fachinger vom Bistum Limburg zeigte in seinem Vortrag „…denn sie hatten einen Namen: Bertha (1901-1944) und „Fritz“ Fred Strauss (1926-2013), geboren in Miehlen.“ sehr eindrückliche Bilder und das Video eines Zeitzeugen. In diesem berichtet der in Miehlen („a small town called Miehlen“) geborene Fred Strauss, der einen Freund namens Hermann hatte, wie er durch zunehmende Anfeindungen und sogar Steinwürfe auf ihn aus seiner unbeschwerten Kindheit gerissen wurde. Strauss, der 1941 mit dem Schiff nach Amerika kam, starb 2013, das Video stammt von 1996. Im Anschluss an den berührenden Vortrag wurde auf dem Marktplatz während einer Mahnwache wieder der ermordeten Miehlener jüdischen Glaubens gedacht. Lieder der jüdischen Widerstandskämpferin Channah Senesh, gesungen von Gemeindepfarrer Michael Wallau mit Klavierbegleitung von Lisa Dohr und zionistische Lieder gespielt von Conner Sorensen und Rudolf Raab umrahmten den Vortrag im Gemeindehaus und die Mahnwache an der Gedenktafel.

03 2021 911 Gedenkfeier Bad Ems 13 CMetzmacher02 2021 911 Gedenkfeier Bad Ems 5 CMetzmacherZum Gebet und Gedenken hatte die Ökumene-Pfarrerin des Dekanats Nassauer Land Antje Müller nach Bad Ems eingeladen. Treffpunkt war in diesem Jahr der Bahnhofvorplatz unweit des Wohnhauses von Ruth Cohn, an deren Leben in der Mainzer Straße 7 ein Stolperstein erinnert. 

Auch Schülerinnen und Schüler des Goethe-Gymnasiums und der Realschule plus wirkten beim Gedenken mit ihren Lehrern David Schmidl und Elisabeth Knopp mit, verlasen mit den Dekanatsmitarbeitenden Claire Metzmacher, Matthias Metzmacher und Ralf Skähr-Zöller etwa die Namen der Opfer, für deren Seelen die Kerzen in der Mitte dess Platzes brannten. Schüler des  Goethe-Gymnasiums hielten ein Referat über das Schicksal von Ruth Cohn. Besonders bewegend war der hebräische Gesang des Projektchores „Schir“ unter Leitung von Jochen Liefke und der gesungene Psalm von Schwester Jerusalem, einer griechisch-orthodoxen Nonne jüdischer Abstammung, die jetzt im Kloster Arnstein lebt.
Dr. Christoph Simonis von der jüdischen Kultusgemeinde Koblenz trug einen Psalm in hebräischen Sprache vor und betete das jüdische Gebet „El Male rachamim“, bevor Antje Müller zum gemeinsamen Vaterunser einlud und die Anwesenden mit dem Aaronitischen Segen verabschiedete.

Mit der Veranstaltungsreihe „Gegen das Vergessen“ erinnerte einmal mehr der Rhein-Lahn-Kreis vor der Kreisverwaltung in Bad Ems an die Geschehnisse am 9. November 1938 – der Reichspogromnacht. Landrat Frank Puchtler dankte allen Beteiligten und betonte die Bedeutung des Erinnerns, Mahnens und Verzeihens. Dekanin Renate Weigel erzählte von einer Begegnung mit einem Mann in Israel, dessen Familie zwar rechtzeitig aus Deutschland fliehen konnte, aber durch den Suizid des Großvaters und das Schweigen rund um die Ereignisse sehr litt. Sie betete mit den Anwesenden für die Verstorbenen und ihre 

GdV091121 KVFamilien. Kulturreferentin Marietta Hartwig hatte die Veranstaltung organisiert und bedankte sich bei den Teilnehmenden für ihr Interesse und freute sich, dass trotz der Pandemie die wichtige Gedenkfeier angeboten werden konnte. Die Solisten des Yachad Chamber Orchestra - Alexander Morogovski, Klarinette; Michael Kibardin, Violine; Lev Gordin, Cello und Dr. Roman Salyutov, Klavier – trugen mit Werken von Maurice Ravel, Mordechaj Gebirtig und Ernest Bloch ebenfalls zum Erinnern und Gedenken bei.

Zur ökumenischen Gedenkfeier unter dem Titel „Gegen das Vergessen“ hatte sonntags zuvor bereits der Arbeitskreis Stolpersteine Diez auf den dortigen Marktplatz eingeladen. Neben dem Gedenken folgte im Sophie-Hedwig-Gymnasium ein Konzert mit Daniel Kempin unter dem Titel „mir lebn ejbik!“ (Wir leben ewig!). Wie ein Amerikaner die Erinnerungskultur der Deutschen in Form der Stolpersteine schätzt, sehen Sie in diesem YouTube-Beitrag „I Really Respect Germany For This“. Bernd-Chr. Matern

Auch in der evangelischen Kirche Frücht feierten Pfarrerin Antje Müller und Wolfgang Elias Dorr gemeinsam einen christlich-jüdischen Gottesdienst im Gedenken an die Vielzahl jüdischer Opfer. Begleitet wurden sie von Odelia Lazar, Michael Wienecke und Christine Münch. Schülerinnen des Goethe-Gymnasiums Bad Ems stellten ihre Recherchen zu jüdischem Leben in Frücht und Nievern vor. Die jeweils kleinen Religionsgemeinschaften waren noch vor Beginn des Krieges aufgelöst worden. Einige waren ausgewandert, andere jedoch hatten Ausgrenzung und Pogrome erleben müssen. Die Flucht in die Anonymität der nahen Großstadt Frankfurt hatte den jüdischen Familien Strauß, Roos, Mainzer oder Bär keinen Schutz geboten. Von Frankfurt führte ihr Weg über Deportation und Qual im Konzentrationslager in den gewaltsamen Tod.

Odelia Lazar, deren Vorfahren ebenfalls den Tod in den Gaskammern fanden, und Michael Wienecke untermalten das Schicksal der sechs Millionen ermordeten Juden mit sehr passend ausgewählten Liedern. Aus einem stammt die Zeile der Überschrift: „Freue dich nicht, Kind. Dein Lachen könnte uns verraten.“ Das Lied, das die massenhafte Erschießung von Juden in Vilnius (Litauen) im April 1943 zum Hintergrund hat, zeigt deutlich die Angst entdeckt, verschleppt und getötet zu werden. Es ging jedoch auch darum, Hoffnung und Zivilcourage aufzuzeigen. Pfarrerin Müller hob das couragierte Eintreten des christlichen Vikars Willi Göttert hervor, der sich als Pfarrer der Bekennenden Kirche für Verfolgte einsetzte und Unrecht öffentlich anklagte. Dorr und Müller waren sich einig, dass der Gott Israels und Jesu Christi für alle Menschen eine Weisung gegeben hat, die man sich wie Willi Göttert auch heute angesichts wieder erstarkendem Antisemitismus ins Gedächtnis rufen sollte: Die innere Zuwendung zu Gott ist wichtig. Aus ihr fließt die Liebe zum Mitmenschen als Antwort auf die Liebe, mit der Gott dem einzelnen Menschen begegnet. So bedingen sich letztlich Zivilcourage und Glaube. (M. Nörtershäuser)

Zu den Fotos:
An vielen Orten im Rhein-Lahn-Kreis wurde in den vergangenen zwei Wochen an den Holocaust erinnert. Gedenksteine in Lierschied und Ruppertshofen wurden als Mahnung für die Zukunft eingeweiht und geben den Ermordeten ein Stück ihrer Würde zurück. In Bad Ems erinnerte das „Gebet und Gedenken“ an das Schicksal der Bad Emserin Ruth Cohn; vor dem Kreishaus wurde unter dem Motto „Gegen das Vergessen“ betont, dass Schweigen ein doppeltes Morden für die Opfer des Holocaust bedeutet. Fotos: Matern/Metzmacher/Kreisverwaltung/Nörtershäuser