Froher und bunter Start für neue evangelische Kirchengemeinde
In Ruppertshofen feiern Evangelische aus acht Orten mit Pröpstin Crüwell ein Fusionsfest
RUPPERTSHOFEN/RHEIN-LAHN. (12. Februar 2024) Mit Ausnahme hoher Feiertage sind die Kirchen im evangelischen Dekanat Nassauer Land eigentlich überdimensioniert. Nicht so beim Fusionsfest für die neue evangelische Kirchengemeinde Ruppertshofen-Gemmerich. Da waren Kirchenschiff, Altarraum und die beiden Emporen bestens besetzt mit gut gelaunten Personen jeden Alters, die sich darüber freuten, dass nun auch formal besiegelt ist, was schon seit vielen Jahren geübte Praxis ist, seit Pfarrerin Nicole Wiehler die beiden evangelischen Kirchengemeinden Trinitatis Gemmerich und Ruppertshofen betreut.
„Willkommen in meiner Kirche!“, begrüßte Annelie Gemmer als „Hausherrin“ die Menschen im voll besetzten Gotteshaus, um gleich von Sandra Wagner (Ruppertshofen) und Horst Winterwerber (Trinitatis Gemmerich) korrigiert zu werden: „U n s e r e Kirche muss das jetzt heißen“. Bei den vielen Stimmen, die in der neuen Gemeinde sowie im folgenden Gottesdienst zu Gehör kommen, solle Gottes Stimme nicht vergessen werden, mahnten die drei zum Auftakt des Fusionsfestes. Beide Stimmen verschafften sich an diesem Nachmittag Gehör. „Meine Kirche lebt von dir und mir“, sang unter Leitung von Dieter Breiden der eigens fürs Fest auf die Beine gestellte Projektchor voller Begeisterung, teilweise mit Begleitung von Organist Martin Wagner und Michael Schmitter an der Gitarre. Dafür gab es kräftigen Beifall, ebenso für den Posaunenchor. Der zeigte unter Leitung von Dörte Schneider schon mal, wie schön es klingt, wenn die Chöre aus Ruppertshofen und Weyer-Eschbach gemeinsam musizieren und den Gesang begleiten.
Die Pröpstin für Rheinhessen und Nassauer Land Henriette Crüwell erinnerte daran, dass Kirche schon immer eine große Gemeinschaft gewesen sei. Während sie sich früher als „Feste Burg“ verstanden habe, könne sie heute eine Weggemeinschaft sein. „Dieser Gottesdienst ist ein Fest am Wegesrand“, sagte Crüwell. Heute mache sich eine „transzendentale Obdachlosigkeit“ breit, leerer Himmel und leere Kirchen. „Wir wollen herausfinden, wie wir künftig Kirche sein können“, sagte sie mit Blick auf den Zukunftsprozess der Landeskirche „ekhn.2030“. In dem lebendigen Gottesdienst sei zu spüren, mittendrin in einer Kirche als Weggemeinschaft zu sein. Und sie ermutigte, vor möglichen Sackgassen keine Angst zu haben und mehr zu fragen und zu hören anstatt immer schon fertige Antworten parat zu haben. Gleichzeitig warb sie für Gastfreundschaft. Dazu gehöre nicht nur offene Kirchen zum Einkehren, sondern sich bewusst zu machen, dass man selbst Gast sein darf. Als symbolische Erinnerung an den Tag hatte sie ein Zelt mitgebracht, unter dem viele Menschen Platz finden.
Von einer lebendigen Kirche und Gastfreundschaft zeugten noch andere Bestandteile des unterhaltsamen Nachmittags, zu dem die Gäste schon vor Beginn zu einem Glas Saft oder Sekt eingeladen waren. Bunte Regenbogen-Bilder der Gottesdienst-Kinder symbolisierten die Vielfalt der Menschen, die in der neuen Kirchengemeinde gemeinsam unterwegs sind. Und während sich die Besucher in den Kirchenbänken vom Schiff bis zur hohen Empore mit Kaffee und Kuchen bedienen ließen, meldeten sich in einem Filmbeitrag viele aktive Menschen von Jung bis Alt zu Wort, um unter dem Motto „Ich gehöre zu dieser Kirchengemeinde“ von dem zu erzählen, wie und warum sie sich darin einbringen und – so etwa die Ortsbürgermeister der Dörfer – was sie ihr wünschen.
Nicht nur diesen Film hatte Mehrdad Gahlandari zusammen geschnitten. Für seine technische Unterstützung, mit der er schon während der Corona-Pandemie für Liveübertragungen sorgte, dankte ihm Gemeindepfarrerin Nicole Wiehler. Der war es zudem eine große Freude, sich bei Hilde Werner für ihren 20 Jahre währenden Einsatz rund um die Gemeindefinanzen zu bedanken. Feierlich wurde ihr der „Goldene Klingelbeutel am Bande“ und ein Blumenstrauß verliehen. Sehr dankbar war Wiehler für die vielen Menschen in der Gemeinde, die mitmachen und für einen „tollen Kirchenvorstand, der trägt“.
„Ihr habt das schlau gemacht“, lobte die Vorsitzende der Synode des evangelischen Dekanats Nassauer Land Anja Beeres die Kirchenvorstände, die schon vor zehn Jahren begannen, ganz eng miteinander zu arbeiten. Im Grunde sei dies die Zukunft und trotz manchem Abschiedsschmerz eine Chance. Sie zitierte eine Geschichte des Theologen Fulbert Steffensky, in der ein Kind vor einem Neugeborenen staunt „Es hat so schöne unabgelaufene Füße!“. Der neuen Gemeinde wünschte sie auch die nötige Hornhaut für den gemeinsamen Weg und Gottes Segen. Einen Lego-Baum überreichte Eschbachs Ortsbürgermeister Carsten Göller im Namen aller acht Ortschaften, die zur neuen Kirchengemeinde gehören: Bogel, Endlichhofen, Eschbach, Gemmerich, Hainau, Himmighofen, Kasdorf und Ruppertshofen. Von den dort lebenden rund 2700 Einwohnern sind etwa 1800 evangelisch. Ein echter Baum soll im Frühjahr gemeinsam gepflanzt werden. Und wenn denn schon ein Viertel aller 32 Ortsgemeinden der Verbandsgemeinde Nastätten unter der Verwaltung eines „Kirchendachs“ feiert, zählte auch deren Bürgermeister Jens Güllering zu den Festgästen. Am Ende des Gottesdienstes sangen sich Projektchor und Gemeinde zuversichtlich in die gemeinsame Zukunft „Weise uns den Weg, Gott geh mit!“. Bernd-Christoph Matern
Zu den Fotos:
Bestens besucht war die Kirche von Ruppertshofen beim Fusionsfest der neuen evangelischen Kirchengemeinde. „Weise uns den Weg“, stimmte der Projektchor unter Leitung von Dieter Breiden unter anderem an. Selten: Mit Kaffee und Kuchen wurden die Festgäste vom fleißigen Festteam in den Kirchenbänken bedient. Am Eingang gab es schon Sekt und Saft zur Begrüßung. Mit dem „Goldenen Klingelbeutel am Bande“ wurde Hilde Werner für ihr großes Engagement rund um die Gemeindefinanzen gedankt. Fotos: Matern