Abenteuer Tansania: Armut und Reichtum in Mabira

David Metzmacher schildert Eindrücke und Erfahrungen vom dreiwöchigen Besuch einer Dekanats-Delegation in Text und Bildern – Junge Leute können sich an Jugendaustausch beteiligen

 MABIRA/RHEIN-LAHN. (18. Februar 2019) Drei Wochen verbracht eine Delegation des evangelischen Dekanats Nassauer Land in Mabira. Der evangelisch-lutherische Partnerdistrikt im Norden Tansanias lebt von den gegenseitigen Begegnungen seit mehr als 38 Jahren. Journalismus-Student David Metzmacher gehörte zur Delegation und war bereits zum dritten Mal in dem Distrikt. Nach seiner Rückkehr hat er die Eindrücke und Erfahrungen der Gruppe in Text und Bildern zusammengefasst, die Sie hier lesen.

Als der wuchtige Toyota Land Cruiser in den schmalen Feldweg einfährt, tanzt ihm zwischen den Bäumen eine große Gruppe Frauen entgegen. Sie tragen um den Körper geschlungen buntgemusterte Stoffe, die Kangas heißen. Sie singen dem Fahrzeug entgegen. Ein Kind spielt nur mit den Händen auf einer schweren Trommel zum Takt des Liedes. Schon während sie aussteigen, schütteln die Besucher aus dem fernen Deutschland viele Hände, schauen in freundliche Gesichter und werden begrüßt auf Kisuaheli: „Karibu, habari gani?“ – Herzlich Willkommen, Wie geht’s? „Asante, mzuri sana“ – Danke, sehr gut.

Fast drei Wochen hat die Delegation des evangelischen Dekanats Nassauer Land in Mabira verbracht, einem ländlichen Kirchendistrikt im Nordwesten Tansanias, in dem die meisten Menschen ohne fließendes Wasser in einfachen Häusern oder Lehmhütten leben. Unter den sechs Reisenden ist Dekanin Renate Weigel, die zum ersten Mal in Tansania ist. Auch Berthold Krebs, der Vorsitzende des Arbeitskreises Mabira, gehört zur Delegation. „Bei diesen Reisen sind die Begegnungen mit den Menschen das Entscheidende“, sagt Krebs, der bereits zum sechsten Mal Mabira besucht. „Eine Partnerschaft wie diese wird dadurch lebendig, dass man sich sieht, immer besser kennenlernt und voneinander lernt.“ Mabira gehört zur lutherisch-evangelischen Karagwe-Diözese. Die Partnerschaft zwischen dem Dekanat Nassauer Land und dem Kirchendistrikt besteht seit 38 Jahren. Gerade jetzt ist sie so aktiv wie nie.

Die 24-jährige Katharina Matern ist zum dritten Mal in Mabira. Zur Partnerschaft ist sie durch die erste Jugendbegegnung im Jahr 2013 gestoßen. „Man lernt einfach Land und Leute lieben“, sagt Matern. „Die Menschen wiederzusehen und die Entwicklung in der Region zu beobachten, ist wirklich überwältigend.“ Diesmal wollte sie sich besonders mit dem Frauenprogramm des Arbeitskreises beschäftigen, über das sie schon ihre Bachelorarbeit geschrieben hat. Das Frauenprogramm ermöglicht einzelnen Frauen den Bezug von Kleinkrediten gegen einen geringen Zins. Sie sind in Gruppen organisiert, in denen sie sich austauschen, gemeinsam singen und beten. „Man merkt, wie viel Kraft die Frauen aus den Gruppen ziehen. Das verändert etwas in ihnen. Der Zusammenhalt, das gegenseitige Unterstützen der Frauen – das ist beeindruckend.“

Viele Frauen in Mabira haben es schwer. Eine Familie hat im Durchschnitt acht Kinder, erklärt der Bischof der Karagwe-Diözese, Benson Bagonza, bei einem Treffen mit der Delegation. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Kinderzahl in Deutschland lag im Jahr 2017 bei 1,57 Kindern je Frau. Viele Frauen heirateten in Mabira bereits mit 16 Jahren, so Bagonza, zudem kämen Kinder- und Müttersterblichkeit noch immer häufig vor und die Polygamie sei weit verbreitet.

Auch wenn vieles in Mabira fremd und ungewohnt ist, mit dem Essen haben die Besucher keine Probleme. Die Menschen zeigen ihre Gastfreundschaft durch großzügige Mahlzeiten: Kochbananen, Süßkartoffeln, Reis, Spagetti, Gemüse, Avocados, Erdnüsse, Fleisch und Fisch. Frische Lebensmittel von den fruchtbaren Äckern in Mabira, die Shambas heißen, gibt es reichlich. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft, baut Kochbananen und Kaffee an, aber auch mehr und mehr alternative Kulturen wie Kartoffeln oder die mehlige Maniok. Andere betreiben Viehzucht, halten Hühner, Ziegen und Kühe mit langen Hörnern.

„Die Entwicklung in Mabira ist deutlich spürbar, geht aber nur schrittweise“, sagt Dietmar Menze, Mitglied des Arbeitskreises, „wie die Tansanier sagen „pole pole“, also langsam, langsam.“ Neben der Ernährung sei das vor allem an der Infrastruktur festzustellen: Jetzt gebe es vermehrt ausgebaute Straßen sowie erste Stromleitungen, die einige Menschen in Mabira schon bald mit Strom versorgen sollen. Derzeit stammt dieser in privaten Haushalten, wenn überhaupt, von kleinen Solarpanels, die kaum für die Beleuchtung reichen. „Mehr und mehr Menschen nutzen jetzt außerdem einfache Handys und fahren Motorrad statt Fahrrad“, so Menze, der 2013 erstmals in Mabira war, „Das war vor sechs Jahren noch nicht so.“

Auf den Straßen in Mabira ist einiges los: Motorräder, genannt „Pikipiki“ aus China für etwa 800 Euro beherrschen die Straßen. Sie werden als Taxis genutzt und transportieren neben mehreren Personen auch etwa Ziegen und Hühner, große Bananenstauden, Möbel oder sogar mal eine Leiche, festgebunden an eine große Holzplanke. Mangels Geldes müssen die meisten Menschen jedoch laufen. Am Nachmittag säumen Kinder mit gelben Wasserkanistern die Straßenränder. Auf ihrem Heimweg von der Schule bringen sie Wasser mit nach Hause – ein kostbares Gut.

In der kleinen Kirchengemeinde Nyabirazi beispielsweise legen die Menschen in der Regenzeit knapp fünf Kilometer zur nächsten Wasserquelle zurück. „Am Ende der Trockenzeit müssen wir bis zu 15 Kilometer gehen“, erklären die Gemeindemitglieder beim Besuch der Dekanats-Delegation. Auf Initiative der örtlichen Frauengruppe bauen sie derzeit an einem Wassertank neben der sich ebenfalls im Bau befindlichen Kirche.

Dekanin Renate Weigel zieht ein positives Resümee ihrer ersten Reise nach Mabira. „Ich wollte das Wirken des Arbeitskreises Mabira besser verstehen und würdigen sowie Land und Leute kennenlernen. Diese Erwartungen haben sich uneingeschränkt erfüllt.“ Ihr waren besonders die Gespräche mit den Frauengruppen und die Auseinandersetzung mit der Rolle der Frau in Familie und Gesellschaft und dem Glauben wichtig.

Auf ihrer Reise hat die Delegation zahlreiche Kirchengemeinden in Mabira besucht und sich intensiv mit den Projekten des Arbeitskreises befasst: In welchem Zustand befinden sich die durch die Partnerschaft finanzierten Wassertanks? Wie geht es weiter mit dem Frauenprogramm? Wie steht es um den Kampf gegen die Bananenkrankheit? Welche Probleme haben junge Erwachsene im Kirchendistrikt? So vergehen fast drei Wochen ziemlich schnell. Bei den Teilnehmern der Delegation bleiben tiefe Eindrücke und neue Anstöße zurück sowie ist ein optimistischer Blick in die Zukunft der Partnerschaft und für Mabira. „Kwaheri“ – Auf Wiedersehen. David Metzmacher

 

Frauenprogramm wächst dank großzügiger Spenden

Die Projekte des Arbeitskreises Mabira – ein Überblick

Seit 38 Jahren gibt es die Partnerschaft zwischen dem evangelischen Dekanat Nassauer Land und dem Kirchendistrikt Mabira der evangelisch-lutherischen Karagwe-Diözese in Tansania.

Der Arbeitskreis Mabira unterstützt eine Vielzahl von Projekten. „Die meisten davon setzen bei den Lebensgrundlagen der Menschen an“, erklärt der Vorsitzende des Arbeitskreises Mabira, Berthold Krebs, „Das betrifft die Ernährung, die Wasserversorgung, die Gesundheit, die Bildung sowie die Stellung der Frau – das sind, gemeinsam mit dem Glauben, die Kernthemen unserer Partnerschaft.“ Neben dem Frauenprogramm, dem Ausbildungsprojekt MAVEC, dem Landwirtschaftsprojekt und der Jugendbegegnung unterstützt der Arbeitskreis unter anderem den Bau von Wassertanks und von Wellblechdächern für neue Kirchen, den Betrieb einer Krankenstation sowie den Erwerb von Bibeln und Gesangbüchern. 

Das Kleinkredite-Programm für bedürftige Frauen

Frauen in Mabira eine sichere Lebensgrundlage für sich und ihre Familien zu ermöglichen, um dadurch unabhängiger und selbstbewusster zu werden – das ist das Ziel des Frauenprogramms. Je 20 bis 50 Frauen organisieren sich in Gruppen. Diese können sogenannte Mikrokredite gegen einen geringen Zins aufnehmen, um damit beispielsweise Material für Handarbeiten zu erwerben oder andere kleine Geschäftsideen zu entwickeln. „Die Frauen-Gruppen sind ein Ort der Begegnung zum gemeinsamen Singen, Beten und Austausch. Das gibt den Frauen wahnsinnig viel Kraft“, sagt Katharina Matern, die das Projekt in den vergangenen Jahren begleitet hat. Jetzt gibt es 50 Frauengruppen in Mabira und damit etwa 1500 Frauen, die direkt von dem Programm profitieren. Doch nicht alle von ihnen können einen Kredit bekommen. Dank Spenden von Teilnehmerinnen des Dekanatsfrauentags in Miehlen des Frauenfrühstücks in Nastätten, von der Kirchengemeinde Klingelbach im Rahmen der Aktion „10 Cent für Afrika“ und weiteren Zuwendungen kann das Programm nun ausgebaut werden: 4500 Euro sollen helfen, die Mikrokreditsummen für die Frauen zu vergrößern.

MAVEC

„Die Idee von MAVEC ist es, jungen Menschen aus Mabira eine qualifizierte Berufsausbildung zu ermöglichen, sodass sie in ihrer Heimat gut arbeiten und leben können“, sagt Projekt-Initiator Dietmar Menze. Zu MAVEC gehört die Finanzierung einer Ausbildung, etwa zum Näher, Maurer, Schreiner, Metallarbeiter oder Elektriker. „Nach dieser schulischen Qualifizierung leisten wir Starthilfe ins Berufsleben“, so Menze, „Wir geben den jungen Erwachsenen ihr erstes Arbeitsgerät und einen Ort zum Arbeiten in Mabira.“ Derzeit werden sechs junge Männer und sechs junge Frauen über MAVEC gefördert: Vier von ihnen haben ihre zweijährige Ausbildung bereits abgeschlossen, vier sind im zweiten Lehrjahr und vier weitere begannen Mitte Januar an der Berufsschule.

Das Landwirtschaftsprojekt

Das Landwirtschaftsprojekt startete 2016 zur Bekämpfung der Bananenkrankheit, die die Lebensgrundlage tausender Menschen in Mabira gefährdet. „Das ist eine echte Mammutaufgabe“, sagt Krebs, „Wir arbeiten mit den Landwirtschaftsexperten des dortigen Landkreises eng zusammen und fahren dabei eine zweigleisige Strategie: einerseits empfehlen wir den Bauern, Schritt für Schritt resistente Bananensorten anzubauen, anderseits setzen wir verstärkt auf den Anbau alternativer Kulturen wie der Sonnenblume oder der Süßkartoffel.“ Dazu haben die Projektpartner Demonstrationsfelder angelegt und bieten den Bauern vor Ort kostenlose Schulungen an, in denen sie unter anderem lernen, wie sie die Bananenkrankheit auf ihren Feldern eindämmen können.

 

Die Jugendbegegnung

„Die Partnerschaft lebt davon, dass sie von Generation zu Generation weitergegeben wird“, sagt Krebs, „engagierten Nachwuchs zu finden ist eine große Herausforderung für uns.“ Die Jugendbegegnung sei in diesem Sinne das Nachwuchsprogramm der Partnerschaft. Im Sommer 2013 waren erstmals acht junge Erwachsene aus dem Dekanat Nassauer Land im Alter von 18 bis 26 zu Gast in Mabira. Im Juli und August 2015 besuchten junge Erwachsene aus Tansania dann den Rhein-Lahn-Kreis. In diesem Sommer findet die Jugendbegegnung nun wieder in Deutschland statt. Der Arbeitskreis Mabira sucht dazu nach Teilnehmern ab 16 Jahren. Auch Gastfamilien, die junge Erwachsene aus Tansania für eine Woche bei sich aufnehmen möchten, werden gesucht. Die Jugendbegegnung findet zwischen dem 21. Juli und dem 10. August statt.

Informationen zum Jugendaustausch mit Mabira gibt Dekanatsjugendreferent Torsten Knüppel unter 0174 5752277 oder t.knueppel@yahoo.

Mehr Informationen über die Teilnahme an der Jugendpartnerschaft finden Sie auch hier.

 

„Wie in Watte spazieren gehen“

Dekanin Renate Weigel über Reiseerlebnisse, Frauen und Glaube in Mabira

Seit April 2016 ist Renate Weigel die Dekanin des Evangelischen Dekanats Nassauer Land. Im Rahmen eines Partnerschaftsbesuch war sie im Januar dieses Jahres erstmals im Kirchendistrikt Mabira in Tansania, der zur evangelisch-lutherischen Karagwe-Diözese gehört. Auf der fast dreiwöchigen Reise hat sie mit Mitgliedern des Arbeitskreises Mabira zahlreiche Gemeinden besucht und sich intensiv mit den Projekten des Arbeitskreises vor Ort befasst.  

Frau Weigel, hatten sie schon Gelegenheit ihre Eindrücke zu verarbeiten und zu sortieren?

Weigel: Auf keinen Fall! Ich bin gespannt, in welchen Portionen und wann das im Einzelnen hochkommt. Nach meiner Erfahrung läuft das ziemlich unberechenbar, ich rechne mit Nachklappen.

Sie waren überhaupt das erste Mal in Mabira. Warum sind Sie mitgefahren?

Weigel: Aus Pflichtgefühl, Neugier und Reiselust, in dieser Reihenfolge. Die Partnerschaft mit Mabira gibt es schon so lange, da ist viel gewachsen. Als Dekanin wollte ich das Wirken des Arbeitskreises Mabira wahrnehmen, besser verstehen und würdigen.

Haben sich diese Erwartungen an die Reise erfüllt?

Weigel: Ja, uneingeschränkt.

Wenn Sie jetzt an die vergangenen Wochen zurückdenken, welche Bilder schießen Ihnen in den Kopf?

Weigel: Viele Menschen. Und Kinder, Kinder, Kinder. Kinder, die in der Kirche stundenlag still dasitzen können und im nächsten Moment tanzen, springen, rumflitzen oder Wasserbehälter auf dem Kopf tragen. Frauen, die sehr selbstverständlich, schön und anmutig einfach da sind, völlig ohne Getue. Wie sie sich kleiden, wie sie lachen und singen, wie sie mit uns gesprochen haben – gerade die Frauen haben mich tief beeindruckt.

Jetzt fehlen in Ihrer Aufzählung nur noch die Männer. Die stehen in der tansanischen Gesellschaft und auch in den Gemeinden in Mabira meistens an der Spitze. Der Bishop und der Dekan sind Männer, sowie die meisten Pfarrer.

Weigel: Das ist richtig, in diesen Funktionen sind mir die Männer begegnet. Aber zu ihnen hatte ich bei unseren Begegnungen weniger Kontakt. Gegenüber den Frauen treten sie eher zurück. Die Frauen kochen, waschen, verdienen wenn möglich etwas Geld und sorgen für die Kinder. Die alltäglichen Verantwortungen liegen weitgehend bei den Frauen.

Der Arbeitskreis Mabira hat ein Programm, das speziell Frauen unterstützt, durch Mikrokredite und Gemeinschaft in selbstverwalteten Gruppen von 20 bis 50 Frauen. Sie haben mit diesen Frauen gesprochen, wie war das für Sie?

Weigel: Die Gespräche haben wir ohne die Männer geführt. Dadurch konnten wir offen sprechen: Wie verhüten deutsche Frauen? Was passiert, wenn junge Mädchen schwanger werden? Was ist, wenn ein Mann seine Familie verlässt? Von beiden Seiten wurde interessiert gefragt und geantwortet. Für die Mikrokredite sind die Frauen sehr dankbar. Davon kaufen sie Material für Handarbeiten, erwerben Hühner oder sogar eine Ziege. Aber für letzteres reicht das Geld meist einfach nicht aus. In den organisierten Frauen-Gruppen geht es aber noch um mehr: um Gemeinschaft im Singen, Tanzen, Reden und Bibellesen. Durch das Geld haben die Frauen mehr Gewicht in der Familie. Das stärkt die Frauen ungemein.

Was hat sie an diesen Gesprächen erstaunt?

Weigel: Sehr überrascht hat mich, dass Polygamie so ein wichtiges Thema in Mabira ist. Die Frauen haben gesagt, in solch einer Ehe sei keine Freude für die Frau. Wie die Praxis der Polygamie mit dem christlichen Glauben zusammengeht, hat sich mir nicht erschlossen. Ich glaube aber, das ist tief verankert und lässt sich nicht mal eben durch ein paar Jahrhunderte Christentum verändern.

Die Kirchen in Mabira erleben im Moment einen enormen Zulauf, es werden neue Gemeinden gegründet und immer größere Kirchen gebaut. Was unterscheidet den Glauben im Nassauer Land von dem in Mabira?

Weigel: Die Kirche ist in Mabira der vorrangige Ereignisort. Dort sind die Menschen mit anderen zusammen und es passiert etwas. Die Musik in den Kirchen ist die Musik, mit der die Menschen leben. In Deutschland klafft da etwas auseinander, gesellschaftliches Leben spielt sich für viele abseits der Gemeinden ab. Ich glaube aber nicht, dass wir das, was in den Kirchen in Mabira passiert, einfach zu uns holen können. Wir sind anders und wir sind woanders mit der Kirche in unserem Land. Das Differenzierte und die kritische Auseinandersetzung in unserer Theologie möchte ich nicht missen.

Sie haben in Mabira zwei Gottesdienste mitgestaltet, gepredigt, einer Trauung beigewohnt und sogar Kinder getauft. Wie war es für Sie mit Menschen aus einem völlig fremden Kulturkreis als Pfarrerin Gottesdienste zu feiern?

Weigel: Wie in Watte spazieren gehen. Ich wusste nicht, ob ich während der Predigt mit den Menschen in Kontakt bin. Nach dem ersten Gottesdienst habe ich gedacht, das war vielleicht komplett deutsch und völlig an den Leuten vorbei. Von der Gemeinde habe ich aber auch starkes Wohlwollen und Sympathie gespürt. Auf den zweiten Gottesdienst bin ich dann anders zugegangen. Ich habe mich freier und wohler gefühlt und gelernt, dass ich sehr einfach und klar predigen muss, weil ja auch alles, was ich auf Englisch gesagt habe, in Kisuaheli übersetzt werden musste. Ich bin dankbar und fühle mich geehrt, dass ich in Mabira predigen und taufen durfte – das war großartig.

Werden Sie ein weiteres Mal nach Mabira fahren?

Weigel: Bei der nächsten Delegationsreise in vier Jahren bin ich keine Dekanin mehr. Dann gehört dieser Platz einer anderen Person. Dass ich mich in Zukunft im Arbeitskreis engagieren werde, kann ich mir so im Moment nicht vorstellen. Aber es ist eine Beziehung entstanden und ich weiß noch nicht, was daraus wird. Ich will das abwarten und werden lassen.

Durch die Reise haben Sie die Projekte der Partnerschaft in Mabira besser als bisher kennengelernt. Wie bewerten Sie nach diesen Erfahrungen das Schaffen des Arbeitskreises?

Weigel: Ich sehe, dass sich Menschen hüben und drüben engagieren, zusammengefunden haben und offenbar beide Seiten von der Partnerschaft profitieren. Ich habe bei allem aber auch immer die Frage in mir gehabt: Wie treten wir auf? Wir sind die Weißen, denen die Kinder auf der Straße hinterherlaufen, die besonders begrüßt werden. Bringen wir etwas aus dem Gleichgewicht? Stören wir mit den Projekten die Entwicklung eigener Wege oder fördern wir sie? Ich sehe, dass der der Arbeitskreis unglaublich handfeste Projekte in allen Lebensbereichen fördert, dass da Menschen mit viel Sinn fürs Praktische am Werk sind und das das gut ist, was sie machen. Das finde ich unterm Strich unterstützenswert.

Frau Weigel, ich danke Ihnen für das Gespräch.

(Das Gespräch führte David Metzmacher kurz vor der Rückreise in einem Hotel in Entebbe, Uganda.)