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„Gottesdienste“ in Corona-Zeiten mit gespaltenen Gefühlen

Im Evangelischen Dekanat Nassauer Land lassen Kirchenvorstände auch zu Pfingsten Vorsicht walten

 RHEIN-LAHN. (29. Mai 2020) Zehn Wochen lang keine Gottesdienste im üblichen Sinn, verschobene Konfirmationen – die Kirchengemeinden im Evangelischen Dekanat Nassauer Land setzen auch nach der seit Mai geltenden Lockerung für Gottesdienste in Kirchen und im Freien vor allem auf Vorsicht. Die Infizierungen mit Covid 19 während eines  Gottesdienstes in Frankfurt verunsichern zusätzlich. Begrenzte Besucherzahl, Teilnahme-Listen, Maskenpflicht in Räumen und Singeverbot prägen das bevorstehende Pfingstfest, für das etwa die Hälfte der 55 Kirchengemeinden ein reales Andachts-Angebot macht. Die anderen setzen weiterhin auf kreative Alternativen.

Durchweg positive Erfahrungen mit den Corona geschuldet abgespeckten Gottesdiensten hat die evangelische Kirchengemeinde St. Peter zu Diez gemacht, wo sich die Kirche bereits seit dem 10. Mai wieder sonntags öffnet. Neben Liturgie und Predigt kommt aufgrund der Hygieneschutz-Regeln der Musik von Orgel, Klavier oder von Solisten große Bedeutung zu. Für Pfingsten ist eine Orgelkantate geplant. Die etwa 40 Personen, die in die Kirche dürften, entspreche der Besucherzahl an normalen Sonntagen. Anders sieht das bei den Konfirmationen aus, die verschoben wurden. „Wir planen jetzt aber für Mitte August die Konfirmation an zwei Tagen für vier Gruppen“, sagt Gemeindepfarrer Adi Tremper. Dazu soll der Gottesdienst auch nach draußen auf die Wiese übertragen werden, um mehr Verwandten eine Teilnahme zu ermöglichen. „Die Eltern bekommen dazu konkrete Informationen“, so Tremper.

Insgesamt acht Konfirmationsandachten plant die Kirchengemeinde Nassau bereits am Samstag, 13. und Sonntag, 14. Juni. Die Eltern wurden über die Schutz- und Hygienemaßnahmen informiert; in einer Liste können sie zehn Personen eintragen, die pro Konfirmandin oder Konfirmand teilnehmen möchten, damit alles reibungslos funktioniert. Die Johanniskirche öffnete sich am 17. Mai erstmals wieder für einen Gottesdienst mit Desinfektionsmittel und Gesichtsmasken, aber ohne Gesang. Um die zwei Dutzend Personen durften zuletzt daran teilnehmen, doch so viele Leute zog es an den zwei Sonntagen und Himmelfahrt nicht ins evangelische Gotteshaus von Nassau.

„Wir wagen uns“, sagt Friedrich Kappesser, Gemeindepfarrer der Kirchengemeinde Oberlahnstein, wo sich an Pfingsten erstmals wieder die Christuskirche öffnen soll, wenngleich ihn die grundsätzliche Frage beschäftigt, ob angesichts der Auflagen überhaupt der Begriff „Gottesdienst“ angebracht ist. 27 Plätze dürften besetzt werden. Im Mitteilungsblatt wird um eine telefonische Anmeldung gebeten. „Die Ereignisse in Frankfurt haben die Leute noch einmal verunsichert“, so der Theologe, der trotzdem davon ausgeht, dass das Kontingent ausgeschöpft wird. Ihn plagt eher der Gedanke, Personen eventuell ausschließen zu sollen, wenn sie sich nicht oder zu spät anmelden. Froh ist er indes über das rührige Kindergottesdienst-Team und den Kindergarten, die auf kreative Weise seit Wochen den Kontakt mit ihren Schützlingen halten.

„Das Leben ist immer lebensgefährlich“, sagt rheinaufwärts Pfarrerin Janina Franz aus St. Goarshausen. Aber ein Gottesdienst ohne Gesang ist auch für sie und den Kirchenvorstand nicht das Optimale, zumal sich viele Menschen in den vergangenen Wochen am gedruckten Angebot „Gottesdienst am Küchentisch“ erfreuen. „Die Rückmeldungen sind durchweg positiv“, so Franz. In der nächsten Kirchenvorstandssitzung wird beraten, wie es weitergehen soll. Gespannt ist die Pfarrerin, welche Lösung die Konfi-Eltern für die Konfirmation ihrer Kinder präferieren. Alternativen stehen zur Auswahl: Lieferando-Feiern im kleinen Kreis; eine Konfirmation in Kleingruppen am 1. November oder das Verschieben aufs nächste Jahr.

Sonntags bleibt auch der „Einrichdom“ in Singhofen für Gottesdienste weiterhin geschlossen. „Ich habe mit vielen unserer regelmäßigen Kirchgänger telefoniert“, berichtet Gemeindepfarrer Harald Peter Fischer. „So richtig eilig hatte es keiner, unter diesen Umständen wieder zum Gottesdienst in die Kirche zu gehen.“ Nach Pfingsten soll es aber als neues Format dienstags eine musikalisch-meditative Andacht geben. Sie beginnt um 19.10 Uhr und geht dann in das bereits seit Wochen praktizierte Gebet über, zu dem täglich um 19.30 Uhr die Glocken einladen. „Meinem Gefühl nach werden wir noch öfter in Situationen kommen, wo das Gebet lauter wird“, sagt Fischer; die Krise schaffe ein neues Bewusstsein fürs Beten. Eine lieb gewonnene Alternative zum Sonntagsgottesdienst sind nicht nur für Christen in Singhofen die von der Evangelischen Gemeinschaft aus Miehlen übertragenen Live-Gottesdienste im Internet, an denen auch Fischer schon mitwirkte. Und eine tolle Idee für Pfingsten sieht er in dem in Nastätten geplanten Autokino-Gottesdienst.

Ökumenisches Pfingsten im Internet

Das evangelische Dekanat selbst hatte zusammen mit dem katholischen Bezirk Rhein-Lahn ursprünglich eine Neuauflage des ökumenischen Pfingstgottesdienstes geplant, der vergangenes Jahr mit rund 500 Gästen erfolgreiche Premiere im Limeskastell hatte. Daraus kann dieses Jahr nichts werden. Allerdings soll die Verbundenheit trotzdem mit einer Pfingstandacht zum Ausdruck kommen, die Dekanin Renate Weigel und Dekan Armin Sturm auf der Loreley feiern und die als Aufzeichnung dann unter dem Motto „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit!“ über die Website des Dekanat im Internet zu sehen ist. Bernd-Christoph Matern

 

Aufgrund der sich ständig verändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Vielfalt an Angeboten fragen Sie immer beim zuständigen Pfarramt nach, welche Gottesdienste in welcher Form aktuell angeboten werden. Eine Übersicht über die Pfarrämter und Kirchengemeinden finden Sie hier. Sollten Sie unsicher sein, zu welchem Pfarramt ihr Wohnort gehört, finden Sie hier eine Übersicht.

Zum Foto:

Statt Gesangbüchern: Zurzeit gehören Desinfektionsmittel und Mundschutzmasken zu wichtigen Requisiten beim Gottesdienstbesuch in den Kirchen des Kreises. Foto: Peter Bongard