
Flüchtlinge engagieren sich im Willkommenskreis als ehrenamtliche Unterstützer
DIEZ/RHEIN-LAHN. (26. August 2019) Der Diezer Willkommenskreis hat sowohl seine Kleiderstube als auch die Essensausgabe des Foodsharings nun für alle Interessierten geöffnet. Darauf wies dessen Koordinatorin Christiane Beule noch einmal ausdrücklich während eines Tags der offenen Tür im Wilhelm-von-Nassau-Park hin.
Ursprünglich trug der Tag der offenen Tür den Namen „Bei mir...“. Dann erzählten Menschen aus Syrien, Afghanistan und anderen Ländern, wo Bürgerkriege und Gewalt ganze Familien zur Flucht treiben, wie bei ihnen beispielsweise Feste gefeiert werden oder wie die traditionelle Küche aussieht. Von solch kleinen Leckereien konnten die Besucher auch dieses Mal wieder kosten. Aber es hat sich manches im Engagement der Initiative geändert. So berichtete Christiane Beule von Flüchtlingen, die sich mittlerweile selbst in der Betreuung und den Angeboten des Willkommenskreises engagieren, etwa bei Sprachkursen. Einmal mehr konnten während des Nachmittags die – auch sonst geöffneten – Angebote in den Räumen in Augenschein genommen werden, die vom Willkommenskreis, der Fachstelle für Flüchtlinge und Migranten des Diakonischen Werks Rhein-Lahn und dem AWO-Fachdienst für Integration und Migration im Wilhelm-von-Nassau-Park unter einem Dach untergebracht sind.
Dazu zählt eine kleine Bibliothek, die etwa Bücher in arabischen Sprachen bereit hält und vor allem die Kleiderstube sowie die Fair-Teiler-Station des Foodsharing. Immerhin nutzen sowohl dienstags (15 bis 17 Uhr) wie samstags (10 bis 12 Uhr) zwischen
30 und 60 Personen das Angebot, sich von den Waren zu bedienen, um den eigenen Hunger zu stillen und Lebensmittel vor der Vernichtung zu retten. Im April 2018 wurde die Fair-Teiler-Station in Zusammenarbeit mit dem Verein Foodsharing gestartet; freiwillige Kräfte sammeln die Waren bei Geschäften in der Region dafür regemäßig ein. „Die Kooperation mit Märkten und Bäckereien funktioniert sehr gut“, sagte Rebecca Lefèvre.
Christiane Beule wies ausdrücklich darauf hin, dass sowohl die Kleiderstube als auch die Fair-Teiler-Station mittlerweile von allen Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden können. „Es gibt beispielweise ja leider auch viele Senioren, die wenig Geld zum Leben haben“, nannte Beule nur ein Beispiel. „Bei uns gibt es keine Bedürftigkeitsprüfung.“ Will heißen: Wer kommt, bekommt.
Auf Spenden ist nach wie vor die gut sortierte Kleiderkammer angewiesen, die dafür in der Regel dienstags von 17 bis 17.30 und samstags von 12 bis 12.30 Uhr zur Annahme geöffnet ist. „Vor allem Frauengrößen von 38 bis 46 und Männergrößen von M bis XL können wir gut gebrauchen“, sagte Anneli Fix, die mit Christa Kirchberg den Gästen der offenen Türen erklärte, dass Schuhe und Spielsachen ebenso willkommen sind wie kleinere Haushaltsgegenstände, Küchengeräte oder Geschirr. Zum Stöbern öffnet die Kleiderstube dienstags von 15 bis 17.30 Uhr und samstags von 10 bis 12.30 Uhr. Außerdem wiesen die beiden engagierten Helferinnen auf eine Möbel-App hin. Sie ermöglicht die Vermittlung von Einrichtungsgegenstände, die noch brauchbar sind und statt im Sperrmüll zu landen, Besitzer finden, die sich darüber freuen. „Zur Lagerung wäre bei uns kein Platz“, so Fix.
„Gut, dass wir diesen Willkommenskreis in unserer Stadt haben“, lobte die neue Diezer Stadtbürgermeisterin Annette Wick das ehrenamtliche Engagement der vielen
Menschen, die sich im Willkommenskreis insgesamt und insbesondere in der arbeitsintensiven Organisation wie der Kleider- und der Lebensmittelausgabe engagieren. Es sei wichtig Menschen zu haben, die andere an die Hand nehmen, die Integration ermöglichen und eine gute Arbeit machen.
An den Wänden dokumentierte eine Ausstellung von Pro Asyl die Geschichte im Kampf um Menschenrechte seit dem Mittelalter sowie die Fluchtbewegungen, -wege und -entwicklung der vergangenen Jahre. Bewegend verstärkt wurden diese Texte, Bilder und Darstellungen durch Geflohene, die selbst in Lagern griechischer Inseln mit bis zu 20.000 Menschen untergebracht waren und dort teilweise blutige Auseinandersetzungen zwischen Arabern und Afrikanern miterlebten.
Wer sich für die Arbeit des Willkommenskreises interessiert, findet mehr Informationen sowie aktuelle Öffnungszeiten von Kleiderstube und Fair-Teiler-Station im Internet unter willkommenskreis-diez.de. Bernd-Christoph Matern
Zu den Fotos:
Einen Blick in die vielfältigen Angebote des Diezer Willkommenskreises konnte bei einem Tag der offenen Türen geworfen werden; Kleiderstube und Fair-Teiler-Station sind für alle Menschen geöffnet. Fotos: Bernd-Christoph Matern
Willkommenskreis trotzt Coronakrise mit vielseitiger Hilfe
Internationales Engagement: Diezer bieten Hilfe für Nachbarschaft, bei Hausaufgaben und Herzenspost
DIEZ/RHEIN-LAHN. (18. Mai 2020) Christiane Beule ist begeistert. Für die Koordinatorin des Diezer Willkommenskreises zeigt sich in der Coronakrise einmal mehr, wie Hilfsbereitschaft völlig unabhängig von Herkunft und Nationalität gelingen kann. Was der Kreis in den vergangenen Wochen auf die Beine gestellt hat, ist beachtlich.
Klar sei es sehr traurig gewesen, dass in Kleiderstube, Büro und beim Foodsharing, wo sonst jede Menge Betrieb war, plötzlich Ruhe herrschte, kein Austausch und keine Hilfe mehr möglich waren. „Aber es ist in dieser Krise auch viel Tolles entstanden“, erzählt Beule. Zusammen mit Rebecca Lefévre und Anne Olschewski wurde die Nachbarschaftshilfe Diez gegründet. „Dort haben sich sofort ganz viele Freunde mit Migrationshintergrund gemeldet, die uns unterstützen“, so die Koordinatorin. Über eine WhatsApp-Gruppe waren in Diez und Umgebung sofort Studenten, Ehrenamtliche und die Freunde aus dem Flüchtlingsrat zur Hilfe bereit, bis heute mehr als 70 Personen. Beule: „Jetzt fahren jeden Tag mindestens fünf Menschen in Diez und Umgebung los und beliefern die Senioren und Familien mit Lebensmitteln.“ Für Obdachlose werden Brötchen geschmiert und Tüten gepackt, die an die Verantwortlichen ausgehändigt werden. Und auch das Frauenhaus wird beliefert.
Darüber hinaus nähen mindestens 15 Frauen Atemschutzmasken für die Krankenhäuser, Altenheime und Ärzte in Diez und Umgebung. „Bis jetzt haben wir schon über 1000 Masken genäht und verteilt.“
Dann gibt es die Aktion „Herzenspost“. Dabei malen Kinder Bilder oder schreiben Briefe an Senioren in Diez und in den Altenheimen. „Das ist eine schöne Aktion, denn die Senioren freuen sich sehr darüber“, weiß Beule. Und für die Kinder sei dies ebenfalls eine wichtige Aufgabe. „Sie können nämlich ihre Ängste auf ein Bild bannen oder im Brief davon erzählen und jemand reagiert darauf.“
Zu den Hilfsmaßnahmen zählt auch die „Hausaufgabenhilfe“, die für die Kinder angeboten wird und es ermöglicht, per Video miteinander zu reden und zu arbeiten. Beule: „Das ist sehr hilfreich, denn die Eltern haben so viel Lernstoff für die Kinder bekommen. Das kann so manche Familie schon sehr belasten“.
Und schließlich gibt es noch das Krisentelefon, wenn die Ängste zu groß werden. An diesem haben Rochus Schneider als Berater und Coach sowie Christian Dolke als Pfarrer ein offenes Ohr und versuchen bei Problemen Hilfe zu vermittel. „Ich bin sehr stolz auf die vielen Helfer und Unterstützer“, sagt Beule und freut sich schon jetzt auf ein Wiedersehen nach Aufhebung der Kontaktbeschränkungen. „Nach Corona feiern wir alle zusammen ein großes Fest“, verspricht sie. (bcm)
Kontakt zum Willkommenskreis unter Telefon 0171-9649740, Krisentelefon 06432-9369994 (Rochus Schneider) oder 06432-9346770 (Pfarrer Christian Dolke).
Mehr Infos auf der Website des Willkommenskreises.