
Vize-Kirchenpräsidentin Scherf erinnert in Frankfurt an Mitverantwortung aller Menschen
FRANKFURT/RHEN-LAHN. (1. September 2019) Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat am 1. September mit zahlreichen Gottesdiensten und Veranstaltungen auch im Rhein-Lahn-Kreis an den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren erinnert. In dem zentralen Gedenkgottesdienst in der Frankfurter Lutherkirche appellierte die Stellvertretende Kirchenpräsidentin der EKHN Ulrike Scherf am Sonntag an die Mitverantwortung aller für den Frieden. Sie wies darauf hin, dass auch der Zweite Weltkrieg „nicht vom Himmel fiel und über Nacht kam“. Er sei „vor aller Augen“ und mit großer Unterstützung der Bevölkerung vorbereitet worden.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg und seinen verheerenden Folgen habe ein Umdenken stattgefunden, so Scherf. Auch die Kirchen hätten sich mit ihrer Schuld und dem eigenen Versagen im Krieg auseinandersetzen müssen. Zudem hätten sich neue Fragen gestellt, wie der Positionierung zur Gewalt oder dem Verhältnis zum Staat Israel. Vor allem durch den Ökumenischen Rat der Kirchen, der nach dem Ende des Krieges 1945 gegründet wurde, seien Impulse für eine friedlichere und gerechtere Welt ausgegangen. Als Beispiel nannte sie etwa die von den Kirchen getragene „Aktion Sühnezeichen“, die jungen Menschen eine Auseinandersetzung mit den Folgend es Krieges ermögliche.
Nach Ansicht Scherfs bestimmt der Zweite Weltkrieg noch immer das Leben von vielen Menschen. Dazu gehörten Kriegskinder und Kriegsenkel hierzulande ebenso wie „Kriegs-Betroffene“ auf der ganzen Welt. Sie habe die Hoffnung, dass Gott an der Seite dieser Menschen stehe. Scherf: „Gott will den Krieg nicht. Aber er will doch die Menschen, jede und jeden Einzelne und steht ihnen bei. Gott richtet auf und ruft zur Umkehr. Gott schenkt Frieden und Versöhnung. Auch wenn wir es selbst kaum spüren und manchmal nur seine Ferne wahrnehmen können: Gott bleibt da – bei uns Menschen.“ In dem Gedenkgottesdienst unter dem Titel „80 Jahre sind ein Menschenleben“ kamen auch Zeitzeugen sowie jüngere Menschen zu Wort, die sich heute in Freiwilligendiensten für den Frieden engagieren.
Wanderausstellung „Verstehen-Vergeben-Versöhnen“
Anlässlich des Jahrestags des Kriegsbeginns am 1. September hatten Gemeinden, Dekanate und Einrichtungen in der EKHN zu zahlreichen Veranstaltungen eingeladen. So stellt das Dekanat Bergstraße ab jetzt die Wanderausstellung „Verstehen-Vergeben-Versöhnen“ zur Verfügung. In der Schau werden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen des Krieges eindrucksvoll porträtiert. (https://dekanat-bergstrasse.ekhn.de/startseite/einzelansicht/news/verstehen-vergeben-versoehnen.html)
Arbeitsmaterial „80 Jahre sind ein Menschenleben“
Für Gemeinden und Interessierte hat das Frankfurter evangelische Zentrum Oekumene in Kooperation mit den Zentren Verkündigung, Seelsorge und Bildung der EKHN Arbeitsmaterial unter dem Titel „80 Jahre sind ein Menschenleben (1939-2019)“ entwickelt. Die Handreichung soll Gemeinden vor allem dabei unterstützen, den Krieg und seine Folgen in Gottesdiensten, Veranstaltungen oder Gesprächen auch in den kommenden Wochen zu thematisieren. Das Material soll zugleich dazu anregen, sich mit aktuellen friedenspolitischen Herausforderungen auseinanderzusetzen. (http://www.zentrum-oekumene.de/fileadmin/content/Materialien/Dokumentationen/Broschueren/80_Jahre_zweiter_Weltkrieg.pdf)
Studientag „Kriegskinder und Kriegsenkel“
Im Herbst will die EKHN das Thema Friedensethik vertiefen. So ist am 16. November der Studientag „Kriegskinder-Kriegsenkel“ in der Evangelischen Akademie Frankfurt geplant. Die langen Folgen des Krieges sollen unter anderem in Workshops für kirchliche Mitarbeitende in Seelsorge, Besuchsdiensten, Altenarbeit und Erwachsenenbildung besprochen werden. Zudem plant die Synode der EKHN auf Ihrer Tagung ab dem 27. November die Weiterarbeit an einem umfassenden friedensethischen Positionspapier. (vr)


Am Boden vor dem Haus markierten ein Strauß weißer Rosen und vier Kerzen die vier Stolpersteine für Adolf und Fanny Königsberger, für Louis und Flora Jessel, die dort lebten. Lebendig und eindrücklich wurde deren leidvolles Schicksal von Schülerinnen und Schüler des Goethe-Gymnasiums und der Realschule plus ins Bewusstsein gerückt. Die einen zeigen Bild-Biografien, die anderen erzählen, wie sich der Alltag der Familie Königsberger ganz konkret mit der systematischen Verfolgung veränderte, wie etwa ärztliche Behandlung verweigert wurde, in der Stadtverordnetenversammlung kein Platz mehr für engagierte Politiker jüdischen Glaubens war; wie sie deportiert oder in den Suizid getrieben wurden.
Bewegend etwa die Schilderungen der Gymnasiasten über das Schicksal von Fanny Königsberger. Deren ganze Verzweiflung kommt in ihrem Abschiedsbrief zum Ausdruck, den die Schüler zitieren. Sie schrieb ihn im Arbeitslager Friedrichssegen drei Tage, bevor sie ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurde. Ein „Pechvogel“ sei sie, weil es ihr nicht gelungen sei, sich das Leben zu nehmen, um in Bad Ems begraben zu werden, wo sie fast 75 Jahre gelebt hatte.
Die musikalische Begleitung des ökumenischen
Gedenkens in der Römerstraße hatte das Klezmer-Duo „Klezfluentes“ mit einfühlsamen jüdischen Liedern übernommen. Die Schülerinnen und Schüler zündeten zusammen mit dem katholischen Gemeindereferenten Ralf Cieslik von der der Pfarrei St. Martin-St. Damian für die einst in Bad Ems lebenden und ab 1938 systematisch verfolgten Bürger eine Kerze an und nannten ihre Namen. Lothar Knothe und Wolfgang Elias Dorr sprachen als Vertreter des jüdischen Glaubens Gebete in Hebräisch; ein Vater Unser und ein Segen beendeten die Gedenkstunde.

RHEIN-LAHN/AAR. (22. Oktober 2021) Samstagmorgen in der Backstube von Niko Zorn in Katzenelnbogen. Der Bäckermeister hat ein Dutzend neugieriger Teenager um sich geschart, die „Brot für die Welt“ backen möchten. Die Konfirmanden-Aktion „5000 Brote“ hat schon Tradition. In der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) vor neun Jahren ins Leben gerufen, knetet der evangelische Nachwuchs mittlerweile bundesweit und alljährlich für den guten Zweck, auch im Dekanat Nassauer Land.
Kirchengemeinde Klingelbach, was es sonst noch an Backtechnik und gesunden Körnern in seiner Backstube zu entdecken gibt. Leinsamen, Sonnenblumenkerne, Sesam, Kürbiskerne und Haferflocken gilt es etwa zu erkennen. Etwas später geht's dann an den Teig. Mit viel Liebe werden die Laiber geformt, bevor sie in den Ofen geschoben werden. Die 60 Exemplare werden tags darauf im Gottesdienst in der Klingelbacher Kirche verkauft. Mehr als 250 Euro kommen allein dort zusammen.

SINGHOFEN/RHEIN-LAHN. (1. Oktober 2019) Drei Wochen lang verbringen junge Menschen aus Mabira in Tansania, dem Partnerdistrikt des evangelischen Dekanats Nassauer Land im Rhein-Lahn-Kreis. Während eines Abends der Begegnung in Singhofen lernten sich Jung und Alt aus Süd und Nord noch näher kennen und verbrachten bei Essen, Liedern, Bildern und Tanz schöne Stunden miteinander.
„Seit ich in Afrika war, sind wir keine Fremden mehr“, begrüßte Dekanin Renate Weigel die weit gereisten Gäste, neun junge Leute, die sich entweder noch in der Ausbildung befinden oder nach einem Arbeitsplatz in der Heimat suchen, sowie deren Begleiter Distriktpfarrer Jerryson Mambo. Es gebe allen Grund zum Loben und Danken, so die Theologin, einmal, dass die Begegnung überhaupt stattfindet, weil der geplante Besuch im Sommer mangels rechtzeitig vorliegender Visa nicht stattfand, zum Anderen, dass alle gesund mit dem Flugzeug angekommen sind, was alles gar nicht selbstverständlich sei. „Wir wissen wahrscheinlich gar nicht, wie viel Gott jeden Tag von uns abwendet, dass es uns so gut geht“, so Weigel.
Einzeln stellten sich die 20 bis 26 Jahre jungen Leute aus Mabira vor, die allesamt aus kinderreichen Familien kommen und noch bis zu zehn Geschwister haben. Manche absolvieren eine Ausbildung zum Evangelisten, andere haben die Ausbildung zum Lehrer abgeschlossen. Einige freuten sich besonders über das Wiedersehen mit jungen Frauen und Männern, die vor zwei Jahren Mabira besuchten und die sie dort beim Bau eines Pfarrhauses kennen lernten. Zwei junge Gäste absolvieren gerade eine Ausbildung im Rahmen des MAVEC-Projektes, das vom Dekanat Nassauer Land initiiert und unterstützt wird. Nicht das einzige Projekt, wie Jerryson Mambo sagte, als er sich dafür bedankte, dass das deutsche Dekanat seit 38 Jahren die Beziehung aufrecht erhält. Der Distriktpfarrer dankte außerdem für die vielseitige Hilfe, etwa bei der Trinkwasser-Versorgung, in der Landwirtschaft, für Frauengruppen, die Sanierung von Kirchen und neuerdings in der Ausbildung junger Menschen.
Berthold Krebs, Vorsitzender des Arbeitskreises Nassau-Mabira, stellte in Bildern Leben und Alltag der Menschen bei den afrikanischen Partnern vor. Vor allem für die Gastfamilien ein interessanter Einblick in die Welt der jungen Menschen, die sie gerade beherbergen. In den nächsten zwei Wochen sollen aber vor allem die jungen Leute etwas von der deutschen Kultur, Lebens- und Arbeitswelt kennen lernen. Dass es auch viel Gemeinsamkeiten gibt, zeigte sich auch beim Abend der Begegnung. Das rührige Vorbereitungsteam der Kirchengemeinde Singhofen hatte den Gästen ein leckeres Büfett mit Linsen, Salaten und Desserts aufgetischt, fleißige Grillmeister die dazu typische deutsche Bratwurst zubereitet.