20 Jahre nach Mauerfall: Glaube versetzt Berge, aber bringt er Mauern in Köpfen zum Einsturz?

RHEIN-LAHN. (9. November 2009) Der Glaube kann manchmal Berge versetzen. Aber kann er auch eine Mauer zu Fall bringen? Vor 27 Jahren entstand das neben stehende Foto. Und keiner der drei jungen Männer hätte damals geahnt, dass nur sieben Jahre später ihr Wunsch Wirklichkeit werden würde. 20 Jahre nach dem Mauerfall bieten einmal mehr Gelegenheit, auf Wünsche zurückzuschauen, auf kleine wie große, die in Erfüllung gegangen sind; auf Gebete wie die bei den Montagsdemonstrationen in der DDR und lange zuvor, die Gehör fanden.

Viel zu oft kommt der dankbare Blick zurück zu kurz. „Unfassbar!“ Das war das einzige Wort, das der Amerikaner neben uns herausbrachte, als wir stumm auf das vermauerte Brandenburger Tor starrten. Im Sommer 1982 bestimmten Bäume, grüne Wildnis, Fassungslosigkeit und Wut den Spaziergang zwischen Potsdamer Straße und Brandenburger Tor. (Heute befindet sich dort übrigens eine Gedenkstätte für die jüdischen Opfer nationalistischer Gewaltherrschaft, die an einem anderen 9. November ihren verheerenden Lauf nahm.) „Ich bin ein Berliner“ hatte ein anderer, berühmterer Amerikaner 19 Jahre vorher gesagt und damit erst unseren Spaziergang auf der Bellevuestraße zum Kemper Platz und dem Aussichtspunkt vor dem Tor ermöglicht. Große Worte, die die Welt verändern.

Am heutigen Tag kommen mir jedoch viele kleine Worte in den Sinn, die die deutsch-deutsche Welt und Wirklichkeit in vielleicht nicht unwichtigerem Maße wohl auch verändert haben. Die Bitte um die Einheit der Deutschen, mit der über zwei Jahrzehnte jeder Sonntagsgottesdienst in Miehlen endete, nachdem die Gemeinde schon 1961 mit einer Partnerschaft zum thüringischen Goldlauter eine Verbindung zwischen Ost und West geschaffen hatte. Ich muss an die Diskussion mit einem gleichaltrigen NVA-Soldaten in einem Restaurant am Ostberliner Alexanderplatz denken, seine mitleidige Überzeugung „bei Euch ist wohl nicht alles Gold was da so schön glänzt. Aber Ihr könnt ja nichts dafür, auf der anderen Mauerseite zur Welt gekommen zu sein“. Und ganz sicher haben auch diese vier Worte einer Ostberlinerin ein Stück zur Einheit beigetragen. „Sehen wir uns wieder?“, fragte sie mich vor 25 Jahren.

Aber auch daran denke ich heute zurück: Demütigende Entkleidungen im „Tränenpalast“ am Grenzübergang Friedrichstraße, an riesige uniformierte Gestalten, überdies Meister im Zerlegen von Fahrzeugen, die aus dem Westen über die Transit-Autobahn nach Berlin einreisten, und immer wieder an meine ein ums andere Mal geballte Faust in der Tasche an diesen innerdeutschen und Berliner Grenzübergängen. Sie waren eigentlich ein harmloser Preis für die Bekanntschaftspflege zwischen Ost und West, wenn man an die Menschen denkt, die der Schießbefehl an der Mauer das Leben kostete oder an die, denen es verwehrt war, ihre Familienangehörigen zu sehen oder ihren Beruf auszuüben.

Über Grenzen hinweg Beziehungen zu pflegen, Helfen, wo Hilfe möglich ist, an eine bessere Zukunft zu glauben, auch wenn Veränderung aussichtslos scheint – das lehrt mich der Fall der Mauer vor 20 Jahren. Es ist gut, immer wieder nach vorn zu schauen, Zukunft zu gestalten, statt sich von der Vergangenheit gefangen nehmen zu lassen. Aber manchmal wird der Blick zurück auch zur Pause der Dankbarkeit, mit der sich motivierter und zuversichtlicher das Morgen betrachten und gestalten lässt.

Eine Mauer ist gewichen, andere wurden errichtet und trennen Menschen und Völker. Gut, wenn am heutigen Tag wieder für den Fall unterschiedlichster Mauern gebetet wird; sei es für das geteilte Korea oder die Verständigung zwischen den Religionen, zwischen Christen, Juden und Muslimen wie in der Nassauer Johanneskirche und anderswo. Gut, wenn Worte in Verbindung halten, was Waffen entzweit. Bernd-Christoph Matern

Fotos: © becrima

 

Großer Festgottesdienst und Empfang zum 200-jährigen Bestehen der evangelischen Kirche in Oberneisen

 OBERNEISEN/RHEIN-LAHN. (7. November 2019) Mit einem bestens besuchten Festgottesdienst und einem würdigen Empfang im Anschluss erwiesen die Menschen aus Oberneisen, Netzbach, Lohrheim und benachbarten Gemeinden ihrer einzigartigen Kirche die Ehre. Vor 200 Jahren wurde das Gotteshaus in der jetzigen Form erbaut. Doch Predigt und Grußworte machten deutlich: die Oberneiser Rundkirche als „Dom des Aartals“ ist viel mehr als nur ein außergewöhnliches klassizistisches Bauwerk.

„Eine runde Sache ist das“, leitete Dr. Klaus-Volker Schütz, Propst für Rheinhessen und das Nassauer Land, seine Predigt ein und erinnerte an bedeutende Ereignisse aus dem Jahr 1819. Auch die damalige politische Situation sprach er an, in der Antisemitismus aufkeimten und liberales Denken bekämpft wurden; dabei seien gerade Freiheit und Verantwortung entscheidende Säulen der weltweiten Christenheit. „Dafür ist zu danken, dass Menschen christliche Verantwortung übernommen haben“, sagte Schütz und wandte mit dem Bibelwort „Mache dich auf und werde Licht!“ den Blick in die Zukunft, das heraushole aus Ich-Bezogenheit, Hass oder Zynismus. Gemeinde sei kein Verein wie es viele gibt, „sie ist eine Aufbruchsgemeinschaft“, die sich zwar in der Kirche treffe, aber die zum Licht für die Welt werden wolle. Gott habe die Menschen nicht in Kirchen, sondern in die Welt gesandt.

Ein ganzes Jahr hatte die Gemeinde das Jubiläum in verschiedenen Veranstaltungen aufgegriffen, in die sowohl alle Generationen als auch die gesamte Region einbezogen waren. Die dabei versteigerten sechs Puzzle-Teile wurden sehr sinnig im Festgottesdienst zusammengesetzt und wiesen auf die Kerneigenschaften des in die Welt wirkenden Gemeindelebens hin: Gemeinschaft, Liebe, Freude, Glaube, Humor und Friede.

In dem von Dekanin Renate Weigel und Gemeindepfarrerin Annette Blome geleiteten Gottesdienst sorgten der evangelische Kirchenchor unter Leitung von Cornelia Blanche und Bernard Stotz, der Posaunenchor unter Jürgen Müller und Organistin Manuela Dietrich für einen wunderschönen musikalisch-festlichen Rahmen. Musik empfing die vielen Jubiläumsgäste anschließend in der Turnhalle, vornweg Saxophonist Fabian Fischer und später der Männerchor Aartal unter Eberhard Biebricher.

Landrat Frank Puchtler, der nicht nur Mitglied der Landessynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ist, sondern auch selbst ein „Oberneiser Bub'“ sprach den Gästen an den langen mit Kaffee und Kuchen bestückten Tischen aus dem Herzen, als er seine ganz persönlichen Erfahrungen und Gefühle mit der Rundkirche schilderte. Sie sei ein Bauwerk, das beschützt und überdies ein Symbol für Heimat und Glaube, mit dem Generationen groß geworden sind und das Halt, Kraft und Orientierung biete, wie es Kirche insgesamt tue, „wenn sie da ist, wo die Menschen sind“.

Dekanin Renate Weigel erinnerte daran, wie viel so eine Kirche aushalten muss, nicht nur an Ehre, sondern auch an Krieg, Gewalt und Vergessen. „Hinter den Steinen stehen Menschen und Gott selbst“, sagte Weigel und forderte dazu auf, sich immer die Frage zu stellen, „erfreue ich mit meinem Handeln Gott oder verletze ich ihn?“. Gleichzeitig machte sie der Gemeinde Mut, mit denen, die da sind, fröhlich Gottesdienste zu feiern und das Evangelium in die Welt hinauszutragen, ganz gleich wie hoch die Kollekte ist. „Das Evangelium ist noch da, wenn keine Kirche mehr steht.“

Moderatorin Marion Adelmann konnte aus verschiedensten Gruppen Grußredner auf die Bühne bitten, die vor dem tollen Hintergrundbild mit Burgmauer, Ortschaft und Rundkirche ihre Freude über das Jubiläum der Kirche teilten. Bruder John Manickaraj von der katholischen Pfarrei St. Christophorus etwa, der zugab, dass ihm ein „schade“ in den Sinn kam, als er bei seinem ersten Besuch im Aartal erfuhr, dass die Rundkirche keine katholische Kirche ist. Ex-Gemeindepfarrer Stefan Fischbach, der im Anblick des Bauwerks immer noch ein Stück nachhause kommen empfindet. Für die Kirchengemeinde Burgschwalbach, die mit Oberneisen pfarramtlich verbunden ist, überbrachte Heidi Schnee Glückwünsche. Ein Gedicht von Martha Friedrich lockerte den Gruß-Reigen auf.

Von politischer Seite unterstrichen Harald Gemmer, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Aar-Einrich, die symbolträchtige Bedeutung der Rundkirche sowie Landtagsabgeordneter Jörg Denninghoff (SPD) und Peter Pelk, der für die drei zur Kirchengemeinde zählenden Ortschaften Lohrheim, Netzbach und Oberneisen sprach. Dass das im Gottesdienst erwähnte Puzzle-Teil der Gemeinschaft rund um den Dom des Aartals mit Leben erfüllt ist, zeigten außerdem Hiltrud Schäfer mit Grüßen der Oberneiser Ortsvereine und die Moderatorin selbst, die sich für TonArt Netzbach und die Netzbacher Vereine den guten Wünschen anschloss. Bernd-Christoph Matern

Zu den Fotos:
Große Aufmerksamkeit für eine runde Sache: Mit einem Festgottesdienst und einem Empfang feierte die evangelische Kirchengemeinde Oberneisen den 200. Geburtstag ihrer Rundkirche, der Höhepunkt des Jubiläumsjahres. Fotos: Matern

 

 

Rckblick 2022a 

Das war 2022

Im Dekanat wird über den Kirchturm gedacht und Christsein gelebt

RHEIN-LAHN. (30. Dezember 2022) Wieder geht ein Jahr zu Ende. Neben den von Medien ausgewählten Themen und Schlagzeilen sind es vor allem die persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen, die ein Jahr prägen. Manche Tränen wurden geweint, manches Glück geteilt. „In Gottes treue Hände leg ich nun Freud und Schmerz“ dichtete Eleonore von Reuss im 19. Jahrhundert. Hier ein kleiner Rückblick auf einige Ereignisse, die das Dekanat Nassauer Land geprägt haben.

Corona verunsichert – Krieg zeigt seine Schrecken

Einmal mehr verunsichert die Corona-Pandemie den Start ins Jahr 2022. Kirchengemeinden laden zu Impfungen ein. Digitale Angebote ergänzen die analogen. Auch neue Formen für das Abendmahl werden gesucht. Noch scheint ungewiss, ob die Gottesdienste zu Ostern wieder wie vor Corona stattfinden können; sie können es. Die Impfungen wirken, die Zahl der Todesfälle im Rhein-Lahn-Kreis geht deutlich zurück. Im Laufe des Jahres verliert das Virus seinen Schrecken. Dafür bestimmt ein Schrecken ganz anderen Ausmaßes die Welt und fordert auch im Dekanat zu beherztem Handeln. Der irrsinnige und menschenverachtende Angriff Russlands auf die Ukraine am 14. Februar sorgt für entsetzliche Zerstörung und Leid mitten in Europa. Menschen aus den Kriegsgebieten fliehen zu Millionen. Es bleibt nicht nur beim Glockengeläut, um zum Friedensgebet einzuladen. Einmal mehr sind es die Kirchengemeinden, die in Kooperation mit anderen ehrenamtlich Engagierten versuchen, das Leid der Flüchtlinge zu mildern. Konkrete Hilfe und Austausch wird in den Gemeindehäusern angeboten, um Frauen und Kindern aus der Ukraine in der Fremde etwas Halt zu geben, ihren Austausch zu fördern und ihnen den Alltag zu erleichtern.

Mahnen und Beten für den Frieden

Vor diesem Hintergrund erhalten die gewohnten meist ökumenischen Gedenkveranstaltungen im Dekanat wie die zur Erinnerung an den Holocaust, zur Pogromnacht am 9. November oder zum Volkstrauertag eine Aktualität und Nähe, die sich keiner gewünscht hätte. Aus den Mahnwachen gegen Gewalt und Hetze in Bad Ems etwa werden nicht nur dort wöchentliche Mahnwachen für den Frieden.

Viele kleine Schritte für Klimaschutz

Die Folgen des Krieges in der Ukraine – Energiemangel und hohe Inflation – bestärken die Angst, vom gewohnten Wohlstand einzubüßen. Klimaschutz scheint da nicht die nahe liegende Sorge und Lösung, wenn Kälte in Schulen, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Wohnungen droht. Wie eins das andere beeinflusst, miteinander zusammenhängt und der Klimawandel noch zu weitaus größeren Kriegen und Einbußen führen kann, dafür gibt es im Dekanat während der Fastenaktion „7 Wochen...“ Anschauungsmaterial und Gelegenheit zum Austausch. Noch vor Angriff Russlands auf die Ukraine informiert Matthias Metzmacher zum Energiesparen. Im September strampeln beim Stadtradeln abermals Menschen aus Kirchengemeinden mit, um Kohlendioxid einzusparen; das Kercheteam von der Aar ist ganz vorn dabei. Auch Jugendlichen ist bewusst, behutsam mit den Ressourcen umzugehen und überreichen eine Klima-Kollekte; eingesparte Kilometer in der Jugendarbeit kommen Aufforstungen im afrikanischen Partnerdistrikt Mabira zugute. Und schließlich sorgen die hohen Energiepreise aufgrund der Gasknappheit dazu, dass viele umweltbewusste Kirchengemeinden ihren Energieverbrauch erstmals genauer unter die Lupe nehmen und nach konkretem Sparpotenzial Ausschau halten; so können Gemeindekasse und Schöpfung gleichzeitig geschont werden.

Mangelndes Pfarrpersonal schafft Nachbarschaften  

Im Januar trifft sich in Hahnstätten die Dekanatssynode zu ihrer konstituierenden Sitzung. Auf diese – nach Gründung des Evangelischen Dekanats Nassauer Land im Jahr 2016 – II. Synode und deren ehrenamtlichen Vorstand kommt weiterhin viel Arbeit zu. Unter anderem baut sie im intensiven Austausch mit allen Kirchenvorständen an der Bildung neuer Nachbarschaftsräume. In diesen sollen sich Verkündigungsteams Seelsorge und andere Aufgaben für die Menschen in der Region teilen. Ein neues Verkündigungsdienstgesetz, das dafür die Rahmenbedingungen schafft, verabschiedet die Landessynode in ihrer Herbsttagung im November.

Beispiele für eine Zusammenarbeit, die über den eigenen Kirchturm denkt, gibt es eine ganze Reihe im Dekanat wie Evangelisch in der Esterau , die Gesamtkirchengemeinde Loreley oder gemeinsame Gemeindebüros in Diez und an der Aar. Zwei Beispiele aus dem Jahr 2022: in Heistenbach nutzen seit diesem Sommer Ortsbürgermeister und Kirchengemeinde das evangelische Gemeindehaus gemeinsam. Schon im Januar vereinigen sich in Nassau die Kirchengemeinden der Stiftung Scheuern mit der in Nassau.

Kirchenaustritte erschweren gesellschaftsrelevante Angebote

KirchenAktivittenSteuer0407 2022 becrimaDie jährliche Veröffentlichung der Mitgliederzahlen zeigt auch im Dekanat eine Fortsetzung des Abwärtstrends. Darunter leiden nicht nur Verkündigung und Seelsorge, sondern auch kirchliche Angebote, die eigentlich der Staat übernehmen müsste. Dazu zählen die ohnehin am Limit arbeitenden Tafeln ebenso wie Kindertagesstätten, Pflegeeinrichtungen, gemeinschaftsbildende Angebote für Jung bis Alt, bildende Programme für Kinder und Jugendliche, von Trost und Hilfe in persönlichen Krisen ganz zu schweigen. Kirchenaustritte scheinen zumindest in Städten zwar in Mode zu kommen, was sie aber konkret bedeuten, wird dabei selten erklärt. Wofür wird die Kirchensteuer eigentlich ausgegeben? 

In all diesen Bereichen wird die Hauptlast von ehrenamtlichen Schultern getragen. Auch für sie wird es zunehmend schwieriger, sich ohne professionelle Unterstützung und Räume zu engagieren. Doch im Rhein-Lahn-Kreis, wo fast Dreiviertel aller Bürgerinnen und Bürger einer der beiden christlichen Kirchen angehören, ist das Engagement auch im Jahr 2022 weiterhin groß. Mit viel Herzblut wird dort in Gremien beraten und für die Gemeinschaft in den Orten kräftig und vielseitig angepackt. Ohne Ehrenamt geht dort nichts. 

Christliche Lebensfreude aus Afrika

Jammern verbessert bekanntlich weder im Privaten noch in Institutionen die Situation; das gilt sicher auch für die Akzeptanz von Kirche, die ja ein froh machendes Evangelium vertritt. Ein Stück Lebensfreude, wie sie nur christliches Vertrauen ausstrahlen kann, erfährt das Dekanat in seiner Partnerschaft mit Mabira in Tansania. Im September besucht eine Delegation drei Wochen den Rhein-Lahn-Kreis  und wird herzlich empfangen. Neben konstruktiven Gesprächen über aktuelle und zukünftige Projekte sowie einer Reihe von Besichtigungen erinnern die vier Frauen und zwei Männer aus Afrika ihre Gastgeber mit Worten, Gebeten und fröhlichem Gesang und Tanz, dass Christen nicht an irgendeine, sondern eine froh machende Botschaft glauben. Drei ebenso konstruktive wie bewegende Wochen.

Vielseitige Angebote für alle Generationen

Rckblick 2022bZu erleben ist das im Jahr 2022 nach schmerzlicher Corona-Abstinenz endlich wieder bei den verschiedenen Dekanatsveranstaltungen, insbesondere dem Frauentag in Miehlen sowie dem Konfitag, dem Weltgebetstag, einer Schreibwerkstatt im Luthergarten und einem großen Tauffest, das erstmals in Diez gefeiert wird. Dass Fußball auch ohne Skandale Spaß machen kann, zeigt die Frauen-EM ebenso wie der diesjährige Konfi-Cup in Hahnstätten. Pilgern bleibt mit und ohne Corona beliebt, sei es ein städtisches Winterpilgern oder über den klassischen Lahn- und Rhein-Camino; eine lebendige Exkursion führt zur Kunst Chagalls. Und die Kirchenmusik beschert allerorten wieder tolle Momente sei es mit Orgelandachten oder Einsätzen der Kantoren. Damit das so bleibt, trommeln die drei evangelischen und der katholische Kantor für eine Orgelausbildung unter dem Motto „Jetzt zieh ich alle Register“. Zwei Jubiläen stehen stellvertretend für das nach wie vor große Engagement in den heimischen Chören: In Nastätten feiert der Posaunenchor, in Miehlen der Kirchenchor sein 100-jähriges Bestehen.

 

Abschied und Neubeginn

Im Rhein-Lahn-Kreis gibt es 2022 wieder theologische Verstärkung. Ohne Vakanz übernehmen Kerstin und Benjamin Graf im Januar die Kirchengemeinde Oberlahnstein. Oliver Sigle wird im September in Eppenrod herzlich als neuer Gemeindepfarrer in der Esterau willkommen geheißen; der 47-jährige Theologe tritt die Nachfolge seiner langjährigen Vorgängerin Irene Vongehr an. In der Stiftung Scheuern gibt es seit November mit Matthias Schmidt wieder einen zweiten Pfarrer. Im gemeindepädagogischen Dienst starten Janina Weiss und Saskia Klump. Eine wichtige personelle Veränderung prägt das Frühjahr. Mit einem Festgottesdienst in der katholischen St. Martinskirche in Bad Ems wird Dekanin Renate Weigel in den Ruhestand verabschiedet. Dank und Anerkennung stehen am Ende ihres 35-jährigen aktiven Dienstes als Pfarrerin, den sie nach sechsjähriger Amtszeit als erste Dekanin des Dekanats Nassauer Land beendet. Mit einem Tanz übergibt sie das Amt symbolträchtig an ihre Nachfolgerin Kerstin Janott. Diese wird am 1. Mai in Nassau mit einem Festgottesdienst in ihr Amt eingeführt. Während Propst Dr. Klaus-Volker Schütz diesen Amtswechsel noch selbst vornimmt, steht im September in einem Festgottesdienst in Oppenheim sein eigener Ruhestand an und Henriette Crüwell übernimmt die Nachfolge. Im Dekanat Nassauer Land begleitet sie erstmals als Pröpstin eine Dekanatssynode.

75 Jahre EKHN: Lernstoff für die Zukunft

Vor 75 Jahren wurde die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau gegründet. Daran erinnert die Kirche nicht nur im Jahr 2022. Eine Wanderausstellung zeigt mit unterschiedlichen Tafeln, welche Entwicklung die Kirche selbst genommen hat und welche sie in Gang gesetzt hat; nicht zuletzt etwa die völlige rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau in kirchlichen Ämtern. So lange ist das übrigens noch gar nicht her; gerade mal gut 50 Jahre. Es ist nicht das einzige Thema in der Ausstellung, das alles andere als historisch anmutet. Die „Akzeptanz von Kirche in der Gesellschaft“, Friedensethik, Entwicklungshilfe und Gebäudebedarf – die Schau bietet Wissenswertes, um aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen. Deshalb kann sie auch im kommenden Jahr noch ausgeliehen werden.

Mit Zuversicht in 365 frische ungebrauchte Tage

Die meist polarisierende mediale Dauerhysterie macht es im Alltag schwierig, Ruhe zum Erinnern zu finden, um Dingen auf den Grund zu gehen. „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ So lautete die Jahreslosung 2022. Im Jahr 2023 dürfen Christen auf ein Wort aus den Anfangsseiten der Bibel als Jahreslosung vertrauen: „Du bist ein Gott, der mich sieht“ (1. Mose 16, Vers 13).

Christen wissen sich in Freud und Leid von ihrem Glauben getragen, ganz gleich, was die laute Welt an Weh und Ach für sie bereit hält – sie können mit Hoffnung und voller Vertrauen in die Zukunft schauen. 365 frische ungebrauchte Tage liegen vor uns. Christen dürfen sie zuversichtlich angehen, so wie es Jochen Klepper 1938 (Evangelisches Gesangbuch 64) formulierte: „Der du allein der Ewge heißt und Anfang, Ziel und Mitte weißt im Fluge unsrer Zeiten: bleib du uns gnädig zugewandt und führe uns an deiner Hand, damit wir sicher schreiten“.

In diesem Sinne wünscht Ihnen die evangelische Öffentlichkeitsarbeit Rhein-Lahn ein gesegnetes Jahr 2023 mit vielen Momenten, in denen wir uns gesehen fühlen.

Bernd-Christoph Matern

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2024 bescherte erneut sehr gutes Ergebnis für Brot für die Welt

Menschen im evangelischen Dekanat spendeten mehr als 30.000 Euro an Heiligabend und Erntedankfest

 FRANKFURT/RHEIN-LAHN. (1. August 2025) Brot für die Welt hat im vergangenen Jahr insgesamt 4.970.932 Euro aus dem Bereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) erhalten. Die Einnahmen liegen damit nur leicht unter dem Niveau des Vorjahres. Dies geht aus dem Jahresbericht der evangelischen Hilfsorganisation hervor, der gestern in Frankfurt vorgestellt wurde. Auch die Menschen im Rhein-Lahn-Kreis trugen zu dem guten Ergebnis bei.

Die Kirchenbesucherinnen und Kirchenbesucher im Dekanat Nassauer Land sind mit insgesamt genau 30.071,96 Euro am guten Ergebnis ihrer Landeskirche beteiligt. Sie legten am Erntedankfest rund 7400 Euro in die Kollekten-Kassen und an Heiligabend 22.666 Euro in die Kollekten-Kassen.

„Wir danken allen Unterstützerinnen und Unterstützern für das große Vertrauen in Brot für die Welt auch im Jahr 2024. Insbesondere in diesen für viele Menschen finanziell herausfordernden Zeiten, ist jeder Beitrag ein starkes Zeichen der Solidarität mit benachteiligten Bevölkerungsgruppen im Globalen Süden“, sagt Claudia Hadj Said, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit für Brot für die Welt in Hessen und Nassau sowie Kurhessen-Waldeck.

Bundesweit gingen bei Brot für die Welt im vergangenen Jahr 73,9 Millionen Euro Spenden und Kollekten ein; ein Jahr zuvor waren es noch zwei Millionen Euro mehr. Die Entwicklungsorganisation hat weniger Mittel aus dem „Bündnis Entwicklung hilft“ erhalten. Dies liegt insbesondere am rückläufigen Spendenaufkommen für die Nothilfe Ukraine.

Neben Spenden und Kollekten erhielt Brot für die Welt im vergangenen Jahr Mittel des Kirchlichen Entwicklungsdienstes und Drittmittel. Das sind vor allem Gelder des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Insgesamt standen dem Hilfswerk der evangelischen Kirchen und Freikirchen für seine Arbeit 332,3 Millionen Euro zur Verfügung – rund 0,2 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Das ist unter anderem auf mehr Einnahmen aus Nachlässen zurückzuführen.

Brot für die Welt hat im vergangenen Jahr weltweit 2919 Projekte gefördert. Regionale Schwerpunkte waren Afrika und Asien. Insgesamt wurden 318,7 Millionen Euro verausgabt. Rund 91 Prozent der verwendeten Mittel, 289,3 Millionen Euro, hat Brot für die Welt für Entwicklungsprojekte ausgegeben. Für Werbe- und Verwaltungsaufgaben wurden rund 9 Prozent eingesetzt. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) bewertet den Anteil der Werbe- und Verwaltungsausgaben an den Gesamtausgaben als niedrig. Das ist die beste zu vergebende Kategorie.

Brot für die Welt setzt sich als Werk der evangelischen Landes- und Freikirchen und ihrer Diakonie seit 1959 für globale Gerechtigkeit, Ernährungssicherheit, Klimagerechtigkeit und Menschenrechte ein. Gemeinsam mit 1500 Partnerorganisationen ermöglicht Brot für die Welt in fast 90 Ländern, dass benachteiligte Menschen ihre Lebenssituation aus eigener Kraft nachhaltig verbessern.

Zum Foto:

„Kraft zum Leben schöpfen – Gemeinsam für Wasser, Ernährungssicherung und Klimagerechtigkeit“ heißt das diesjährige Leitthema von Brot ür die Welt. Auf dem Foto eine rau aus Uganda, die den Gemüsegarten ihres Hauses im Dorf Kikunda 1 im Distrikt Rwampara. Foto: Siegfried Modola/Brot für die Welt

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Advent im Nasssauer Land – 21. Tür

RHEIN-LAHN. (21. Dezember 2020) Heute öffnet sich wieder ein Türchen am Adventskalender mit persönlichen Gedanken von Dekanin Renate Weigel:

Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen… 
Johannes 1, 11+12

Das ist ein bitterer Satz. Ich sehe Gott, der Himmel und Erde gemacht hat, als Flüchtling auf der Erde umhertreiben. Es gibt keinen Ort für den, der auch „Ort“ (hebräisch „Makom“) genannt wird.

Wie sehr ist Gott auf der Seite aller derer, die auf dieser Erde keine Heimat finden?

Jesus lebt die Heimatlosigkeit Gottes.

Er wird unterwegs geboren. Wir lesen, dass die Familie kurz darauf vor Herodes nach Ägypten flüchtet. Als Wanderprediger hat er später nicht „wohin er sein Haupt legt“. Er stirbt von fast allen seinen Leuten verlassen, vom Volk weggestoßen, von der Besatzungsmacht rechtmäßig verurteilt.

Einige Wenige nehmen ihn in seinem Scheitern, in seiner unerträglichen Verlassenheit am Kreuz doch auf:

Da sind die Frauen, die bleiben. Einer der mit ihm zum Tode Verurteilten verbindet sich im Sterben noch mit Jesus. Ein römischer Hauptmann merkt auf.

Simon von Kyrene stellt für den Leichnam sein eigenes Grab zu Verfügung.

Es ist eine bleibende Anfrage an uns Christinnen und Christen, wie wir dem heimatlosen Gott Aufnahme schenken. Er kommt leibhaftig. Seine Gestalten sind verschieden.

In dem Buch „Namen statt Nummern“ berichtet Christina Cattaneo, eine mailändische Forensikerin, wie sie mit ihrem Team alles daran setzt, die ertrunkenen namenlosen Flüchtlinge im Mittelmeer ( um die man sich offiziell nicht mehr kümmert) zu identifizieren und ihren Angehörigen zurückzugeben. Auch das ist für mich ein Dienst am „Leib Christi“.

Dekanin Renate Weigel